Herr Fuhrken, es war recht ruhig um den SV Atlas Delmenhorst über Weihnachten und den Jahreswechsel. Konnten Sie die Zeit nutzen, um abzuschalten?
Ja, die drei Wochen Pause haben gutgetan. Wenn ich nach einem langen Tag mit Arbeit und Fußball nach Hause komme, kann ich normalerweise sofort abschalten. Ohne die vielen Termine hatte ich jetzt mehr Zeit zum Nachdenken. Das führte allerdings auch dazu, dass man abends mal länger wach lag und sich Gedanken machte. Das kenne ich sonst nicht so. Jetzt freue ich mich darauf, dass es bald wieder losgeht und ich am Montag beim Trainingsstart alle wiedersehe.
Sie haben die Winterpause auch genutzt, um die bisherige Saison zu analysieren. Was war dabei das wichtigste Ergebnis?
Dass wir zu viele Gegentore schlucken. Es sind jetzt 40 in 21 Spielen. Dadurch mussten wir zu viel Aufwand betreiben, um Spiele zu gewinnen. Die Stabilität in der Defensivarbeit reichte nicht aus, um auch mal ein 1:0 nach Hause zu bringen. Das Spiel gegen Havelse, in dem wir sogar schon 2:0 führten und dann noch 2:2 spielten, ist das beste Beispiel dafür. Wir wollen in den restlichen Spielen keinesfalls mauern, aber wir wollen defensiv kompakter und stabiler stehen.
Wo liegen die Gründe für die Probleme in der Defensive?
Es gab immer wieder unfreiwillige Rotationen im Defensivbereich. Es fing damit an, dass Kristian Taag sich schon vor dem Saisonstart schwer verletzt hat. Im ersten Spiel ist dann gleich Dominik Schmidt ausgefallen. Leo Weichert fehlt jetzt ebenfalls lange.
Wie sieht es bei Dominik Schmidt nach seiner Knieverletzung aus?
Bei ihm gilt weiterhin, dass er auf unbestimmte Zeit raus ist.
Wird der SV Atlas sich während der Winterpause in der Defensive verstärken?
Ja, wir werden uns verstärken. Wir haben einen Innenverteidiger in Aussicht, dessen Namen ich noch nicht nennen kann. Unsere Analyse hat auch ergeben, dass ohne Schmidt und Taag in der Defensive die Führung fehlte. Nach Gegentoren sind wir oft in einen Trott verfallen und haben uns nicht richtig aufgebäumt. Der Spieler, den wir verpflichten möchten, verfügt über große Qualität, viel Erfahrung und Führungsstärke. Er ist genau so ein Typ, wie wir ihn für die Abwehr brauchen.
Sind weitere Winterzugänge geplant?
Nein, nach derzeitigem Stand nicht. Aktuell gibt es keinen Spieler, der uns verlassen möchte. Erfahrungsgemäß tut sich im Winter aber oft noch etwas. Sollte es Abgänge geben, werden wir uns mit weiteren Zugängen beschäftigen. Momentan sehe ich keinen Bedarf, und auch vom Budget her gibt es keinen großen Spielraum. Wir haben eine gute Mannschaft.

Bastian Fuhrken ist der Sportliche Leiter des SV Atlas.
Über negative Punkte der Analyse haben wir gesprochen. Was für positive Aspekte gab es?
Die Mannschaft hat in vielen Spielen eine tolle Moral gezeigt. Gegen St. Pauli haben wir einen 0:2-Rückstand aufgeholt und noch gewonnen. In Lohne sind wir ebenfalls stark zurückgekommen, auch wenn wir am Ende leider 2:3 verloren haben. Dazu ist der Konkurrenzkampf in der Mannschaft größer als in der Vorsaison. Das wollten wir erreichen, indem jede Position doppelt besetzt ist. Dadurch müssen die einzelnen Spieler auch seltener rotieren und auf ungewohnten Positionen spielen. Außerdem schießen wir mehr Tore, das ist sehr positiv.
Das ausgegebene Ziel war es, zur Winterpause auf einem einstelligen Tabellenplatz zu stehen. Das hat die Mannschaft als Zwölfter verpasst. Wie groß ist die Unzufriedenheit darüber?
Ich kann das einordnen. Als wir im letzten Spiel vor der Winterpause gegen Phönix Lübeck zur Halbzeit mit 1:0 führten, lagen wir auf einem einstelligen Platz. Am Ende stand es 1:1, und wir haben es nicht ganz geschafft. Dass wir nah dran waren, zeigt aber, dass das Ziel realistisch war. Wenn man auf die zurückliegenden Spiele guckt, hätten wir insgesamt vier bis sechs Punkte mehr holen können.
Wie lautet nun das Ziel für die restliche Spielzeit?
Wir werden uns die Mannschaft genau ansehen und am Ende der Wintervorbereitung über Ziele sprechen. Was jetzt schon feststeht und absolute Priorität hat: Wir wollen nicht unten reinrutschen und den Klassenerhalt möglichst früh perfekt machen. In der Liga wird noch einiges passieren. Die U23-Teams von St. Pauli und Kiel stehen momentan hinter uns, haben aber eine enorme Qualität. Dazu weiß man nicht, wer aus der dritten Liga absteigt. Sollte es einen Verein aus dem Norden erwischen, gibt es bei uns bekanntlich einen Absteiger mehr. In dem Punkt wird sicherlich lange Ungewissheit herrschen.

Trainer Key Riebau ist seit 2019 beim SV Atlas. Momentan wird über eine Vertragsverlängerung gesprochen.
Abgerechnet wird natürlich am Saisonende, aber wie bewerten Sie die Arbeit des Trainerteams bisher? Und wie ist der Stand beim auslaufenden Vertrag von Chefcoach Key Riebau?
Das Trainerteam und ich arbeiten sehr eng zusammen. Wir haben ein richtig gutes Verhältnis zueinander und können auch über Dinge diskutieren, die nicht so prickelnd gelaufen sind. Der Austausch und die Identifikation mit dem Verein sind super. Es geht jetzt vor allem um die Frage, wie für uns alle zusammen die Zukunft aussehen könnte. Das besprechen wir gerade, und die Gespräche werden den Januar über andauern. Der Posten des Cheftrainers und des Vorsitzenden sind die wichtigsten Positionen im Verein. Für Key ist aber auch wichtig, wie das Trainerteam aussieht. Wir treten immer als Team auf und sprechen als Team miteinander.
Am 11. Februar startet der SV Atlas mit einem Heimspiel gegen die U23 von Werder Bremen in die restliche Saison. Bis dahin muss die Mannschaft topfit sein, doch die Trainingsbedingungen in Delmenhorst gestalten sich im Winter stets schwierig. Wie sieht es in diesem Jahr aus?
Wir können beim TSV Ganderkesee auf Kunstrasen trainieren. Dafür kann ich mich beim TSV nur bedanken, so haben wir Planungssicherheit. Zusätzlich zum regulären Training arbeiten wir zusammen mit dem Sportzentrum Workout daran, die Spieler individuell noch besser zu machen. Wir wollen sie noch mehr an die Hand nehmen, damit jeder an seinen Schwächen arbeitet.
Nutzt die Regionalliga-Mannschaft den neuen Kunstrasenplatz in Delmenhorst nicht?
Wir hatten eine Trainingszeit am Montag von 20 bis 22 Uhr, aber die haben wir zurückgegeben. Für Berufsfußballer, die nach dem Training teilweise noch recht weite Wege nach Hause zurücklegen müssen, wäre das zu spät gewesen. Dass es jetzt einen Kunstrasen in Delmenhorst gibt, ist für alle Fußballer in der Stadt toll. Für den SV Atlas mit einer Regionalliga-Mannschaft und insgesamt 25 Teams, an denen wir auch über den JFV und die JSG beteiligt sind, ist das allerdings immer noch zu wenig. Wir bräuchten eigentlich einen eigenen Kunstrasen.
Testspiele sind am 14. Januar gegen den TuS Bersenbrück, am 22. Januar gegen den VfL Oldenburg, am 24. Januar gegen die U19 des JFV Nordwest und am 28. Januar gegen die U23 von Holstein Kiel geplant. Bleibt es dabei?
Wir wollen Anfang Februar als Generalprobe vor dem Auftakt gegen Werder noch ein Testspiel bestreiten, aber die Gegnersuche gestaltet sich schwierig. Am ersten Spieltag nach der Winterpause haben wir spielfrei. Das ist einerseits gut, weil die Pause für unsere Spieler dadurch länger ist. Andererseits sind an dem Wochenende die anderen Teams alle schon im Einsatz, sodass sich kein Gegner auf Augenhöhe finden lässt. Schade ist auch, dass die dritte Liga bereits Mitte Januar wieder losgeht. Testspiele gegen Drittligisten sind daher für uns dieses Mal nicht möglich.
Im Halbfinale des Landespokals wartet auf den SV Atlas im April ein Duell mit einem Drittligisten. Die Vorfreude auf das Derby gegen den VfB Oldenburg ist bei vielen schon groß. Ist das Spiel für die Mannschaft eine willkommene Zusatzmotivation oder kann es auch vom wichtigen Liga-Alltag ablenken?
Ich denke nicht, dass das Spiel uns ablenkt. Natürlich hängt das auch davon ab, wie es bei uns dann sportlich aussieht. Wenn alles so läuft wie erhofft und wir uns positiv entwickeln, wird das Spiel gegen den VfB ein tolles Highlight, dem alle entgegenfiebern. In Oldenburg ist die Euphorie ja auch sehr groß nach dem Drittliga-Aufstieg. Die Zuschauerzahlen sind enorm angestiegen. Das freut mich sehr, weil ich weiß, wie viel Arbeit dahintersteckt.
Der SV Atlas hatte ebenfalls auf höhere Zuschauerzahlen gehofft. Das Ziel war ein Schnitt von 1500 Besuchern, bisher sahen die Heimspiele aber nur durchschnittlich 922 Fans. Wie sehr drückt das auf die Stimmung?
Ich freue mich trotzdem über jeden, der zu unseren Heimspielen kommt. Delmenhorst ist eine Stadt, die vom Fußball lebt. Und die Heimspiele sind meine größte Motivation. Wenn die Zuschauerzahl unter 1000 liegt, ist das allerdings schon unbefriedigend. Ein Schnitt von 1500 war ein ambitioniertes Ziel, das wir in dieser Saison wohl nicht mehr erreichen werden. Ich denke aber, dass der Schnitt noch ansteigen wird, weil einige Gegner zu uns kommen, die auch Publikum mitbringen.

Die Zuschauerzahlen bei den Heimspielen des SV Atlas waren bislang nicht so hoch wie erhofft. Fuhrken geht aber davon aus, dass der Zuschauerschnitt bis zum Saisonende noch etwas ansteigen wird.
Vor der Saison hat der SV Atlas einiges getan, um die Heimspiele attraktiv zu machen. Unter anderem wurden die Preise gesenkt. Warum haben die Maßnahmen nicht den erhofften Effekt erzielt?
Für die Preissenkung haben wir viel positives Feedback erhalten. Wir leben aber nun einmal in einer Zeit mit Corona, Krieg und Inflation. Viele Menschen müssen sparen, und dann geht manch einer eben auch mal nicht zum Fußball.
Sieben Heimspiele stehen in der Regionalliga noch aus, und die Termine haben sich zum Teil verschoben. Es gibt nun drei Partien am Sonntag, drei am Freitagabend und nur eine am Sonnabend. Woran liegt das?
Wir haben im bisherigen Saisonverlauf gemerkt, dass die Spieltermine ausschlaggebend sind. Würden wir immer am Freitagabend spielen, hätten wir sicherlich einen Schnitt von mehr als 1000 Zuschauern. Daher ist es für uns sehr wichtig, dass das geplante Flutlicht am Stadionhauptplatz gebaut wird. Momentan können wir nur freitags spielen, wenn es nicht zu früh dunkel wird. Unsere letzten drei Heimspiele der Saison haben wir auf einen Freitagabend gelegt. Ich bin sehr froh, dass unsere Gegner jeweils zugestimmt haben. Die drei Sonntagsspiele hängen damit zusammen, dass sich unsere Heimspiele möglichst nicht mit anderen Terminen in der Region überschneiden sollten. Dabei geht es insbesondere um die Werder-Heimspiele in der Bundesliga.