Die Stimmung war bestens im Stadion an der Düsternortstraße. Gerade hatte der SV Atlas Delmenhorst sein letztes Spiel des Jahres gegen den SSV Vorsfelde mit 1:0 gewonnen und war in der Fußball-Oberliga auf Platz fünf geklettert. Die Freude über die jüngste Erfolgsserie und die Vorfreude auf die Winterpause war den meisten Spielern beim Gang in die Kabine anzusehen, während ein Trio noch auf dem Rasen stand und sichtlich emotional diskutierte. Der Sportvorstand Bastian Fuhrken und der Sportliche Leiter Stephan Ehlers redeten intensiv auf Angreifer Steffen Rohwedder ein. Was war da los? "Er war etwas angefasst, weil er gerne im Kader gestanden hätte. Das haben wir mit ihm noch einmal besprochen", erklärt Fuhrken auf Nachfrage.
Zur Vorgeschichte: Rohwedder musste am 23. November beim 3:1-Heimsieg über Eintracht Celle mit einer Oberschenkelverletzung ausgewechselt werden. Zunächst sah es nach einer schlimmeren Verletzung aus, der Stürmer konnte kaum auftreten und verpasste die Begegnung beim SC Spelle-Venhaus (2:0). Rohwedders Oberschenkel wurde genau unter die Lupe genommen, inklusive MRT-Untersuchung. "Es kam heraus, dass er nur einen leichten Muskelfaserriss hat. Daraufhin hat er sich Hoffnungen auf einen Kaderplatz gegen Vorsfelde gemacht", sagt Fuhrken.
Warnung vom Mannschaftsarzt
Rohwedder stand Ende der vergangenen Woche wieder auf dem Trainingsplatz, und Coach Key Riebau überlegte, den besten Atlas-Torschützen der Saison (neun Treffer in 18 Ligaspielen) als Joker-Option ins Aufgebot zu berufen. Für den Fall, dass es gegen Vorsfelde eines späten Tores bedurft hätte, wäre Rohwedder mit seiner Kopfballstärke ein Ass im Ärmel gewesen. Diese Pläne durchkreuzte allerdings Mannschaftsarzt Dr. Philip Heitmann. "Unser Arzt hat eindringlich von einem Einsatz abgeraten. Bei einem Sprint auf dem tiefen Boden hätte der Muskel ganz reißen können, dann wäre ,Steppo" lange Zeit ausgefallen", verdeutlicht Fuhrken.
Dieses Risiko wollten die Atlas-Verantwortlichen auf keinen Fall eingehen, also fehlte Rohwedder im Kader. Das gefiel dem 28-Jährigen wiederum gar nicht. "Ich finde es gut, wenn ein Spieler einen gesunden Groll hegt, weil er nicht spielt. In diesem Fall mussten wir aber einschreiten, damit es keinen falschen Ehrgeiz gab. Das haben wir ihm noch einmal erklärt", sagt Fuhrken. Rohwedder sei zwar auch nach dem Gespräch von seiner Nicht-Nominierung noch wenig begeistert gewesen, doch er habe den Standpunkt der Verantwortlichen nachvollziehen können. "Er hat es verstanden und war dann auch den Abend über nicht mehr ganz so stinkig", hält Fuhrken fest.
Warum Quistorff keine Rolle mehr spielt
Rohwedders Ausfall hätte eigentlich eine Chance für Julian Quistorff sein können, denn der 20-Jährige ist ein ähnlicher Spielertyp wie der Atlas-Toptorjäger. Beide sind körperlich robuste Mittelstürmer. Quistorff spielt jedoch schon seit mehr als zwei Monaten keine Rolle mehr in den Personalplanungen des SV Atlas. "Er ist beruflich sehr eingebunden und hatte zuletzt viele Spätschichten", sagt Fuhrken. Aus diesem Grund habe Quistorff nicht trainieren können.
Der Angreifer war vor der Saison vom VfB Lübeck II zu den Blau-Gelben gewechselt, nachdem sie ihn längere Zeit als Gastspieler getestet hatten. Quistorff war von Lübeck nach Delmenhorst gezogen, um dort eine Ausbildung bei den Stadtwerken zu beginnen. In der Anfangsphase der Saison stand er unter dem damaligen Trainer Dominik Schmidt noch dreimal im Kader und kam im Hinspiel gegen Vorsfelde (2:0) zu einem Kurzeinsatz. Inzwischen habe sich aber gezeigt, dass sein Beruf schwierig mit dem Oberliga-Fußball zu vereinbaren sei, sagt Fuhrken und fügt hinzu: "Wir werden demnächst miteinander sprechen und sehen, wie es weitergeht. Wir werden Julian in jedem Fall weiterhin unterstützen."