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Fußball-Regionalliga Wie Dominik Schmidts Schwiegervater beim Wechsel zum SV Atlas mithalf

Es war ein Satz in der offiziellen Mitteilung des SV Atlas Delmenhorst zur Verpflichtung von Dominik Schmidt: Der Regionalligist dankte ausdrücklich Schmidts Schwiegervater Jorge Jacinto. Was dahintersteckt.
01.02.2022, 20:00 Uhr
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Wie Dominik Schmidts Schwiegervater beim Wechsel zum SV Atlas mithalf
Von Christoph Bähr

Es war vor einigen Jahren, das genaue Datum kann Jorge Jacinto nicht mehr sagen. An den Inhalt der launigen Unterhaltung erinnert er sich aber noch genau. Der Co-Trainer des Fußball-Bezirksligisten TuS Heidkrug war in einem Delmenhorster Sportgeschäft einkaufen und traf dort Manfred Engelbart. Beide unterhielten sich, und Jacinto richtete eine nicht ganz ernst gemeinte Aufforderung an den Vorsitzenden des SV Atlas: "Hol' meinen Schwiegersohn nach Delmenhorst!" Engelbart, der mehrere Autohäuser betreibt, lachte nur und antwortete: "Der ist zu teuer. Dafür muss ich noch mehr Autos verkaufen." Jacintos Schwiegersohn ist der frühere Werder-Profi Dominik Schmidt und wurde gerade vom SV Atlas unter Vertrag genommen. "Manchmal macht man einen Scherz, und dann wird er wirklich wahr", sagt Jacinto und lacht. "Inzwischen hat Manni offenbar genug Autos verkauft."

Als Jacinto damals mit Engelbart sprach, spielte Schmidt noch für Holstein Kiel in der zweiten Liga und der SVA war noch kein Regionalligist. Ein Transfer erschien illusorisch, doch seitdem ist einiges passiert, und die Gelegenheit war jetzt günstig. Nach einer schwierigen Zeit beim Drittligisten MSV Duisburg, die mit der Vertragsauflösung Anfang Januar endete, konnten die Delmenhorster den bundesligaerfahrenen Innenverteidiger ablösefrei verpflichten. Ohne Jorge Jacinto, den beim TuS Heidkrug alle nur "Porto" nennen, wäre der Transfer aber wohl kaum zustande gekommen. Nicht umsonst dankte ihm der SV Atlas in der offiziellen Pressemeldung zum Schmidt-Wechsel ausdrücklich. "Durch seine Unterstützung kam der Ball ins Rollen", betonte Bastian Fuhrken, der Sportliche Leiter.

Mit einem Telefonat fing alles an

Alles begann im vergangenen Jahr mit einem Telefonat zwischen Fuhrken und Heidkrugs Trainer Selim Karaca, in dem der Atlas-Manager erzählte, dass er noch eine Verstärkung für die Innenverteidigung suche. Karaca fragte anschließend seinen Co-Trainer Jacinto, ob dieser einen Kandidaten kenne. Natürlich dachte der 58-Jährige sofort an Dominik Schmidt. Als er seinen Schwiegersohn, seine Tochter Liliana und deren kleinen Sohn das nächste Mal in Duisburg besuchte, brachte er das Thema zur Sprache. "Dominik hat gesagt, dass er sich einen Wechsel zu Atlas vorstellen kann, wenn die Bedingungen stimmen. Das hat mich überrascht", erzählt Jacinto. Schmidt hat für Werder Bremen unter Trainer Thomas Schaaf immerhin zwölf Bundesliga-Spiele und zwei Champions-League-Einsätze bestritten. Danach sammelte er viel Erfahrung in der zweiten und dritten Liga. Jacinto hätte nicht gedacht, dass ein Engagement in der viertklassigen Regionalliga für ihn interessant sein könnte.

Die erfreuliche Neuigkeit erzählte er gleich Selim Karaca, der wiederum Bastian Fuhrken informierte. Atlas' Sportlicher Leiter nahm daraufhin im Sommer 2021 erstmals Kontakt zu Schmidt auf, der beim MSV Duisburg unglücklich war und den Verein verlassen sollte. Das erste Treffen zwischen Fuhrken und Schmidt fand wenig später im Delmenhorster Wohnzimmer der Jacintos statt. Ein sofortiger Wechsel kam zwar nicht zustande, doch Fuhrken meldete sich danach regelmäßig bei Schmidt. "Das hat Dominik beeindruckt", betont Jorge Jacinto. "Er hat zu mir gesagt: Die meinen das wirklich ernst und haben auch Interesse an mir als Mensch."

"Der Mensch zählt da oft wenig"

Beim MSV Duisburg habe sein Schwiegersohn das Menschliche oft vermisst. "Wir sehen alle den Profifußball im Fernsehen, aber was hinter den Kulissen passiert, wissen wir nicht. Der Mensch zählt da oft wenig", sagt Jacinto. Schmidt stand beim Drittligisten auf dem Abstellgleis, durfte nicht mehr spielen. Die Fans sahen in ihm einen Schuldigen für den Absturz des Traditionsklubs und nahmen ihm übel, dass er im Sommer nicht wechselte und auf seinen Vertrag bestand. Als Schmidt Anfang Oktober im Heimspiel gegen den SV Meppen (0:1) doch einmal für wenige Minuten eingewechselt wurde, pfiffen ihn die eigenen Anhänger gnadenlos aus. Nach dem Abpfiff brach der Abwehrspieler in Tränen aus. "Dabei hat Dominik sich nichts zu Schulden kommen lassen", sagt Jorge Jacinto. "Wir sind sonntags oft die 250 Kilometer nach Duisburg gefahren und haben versucht, ihn aufzubauen, wenn er wieder nicht spielen durfte. Er gehört schließlich zur Familie."

Beim SV Atlas soll nun alles besser werden. "Diese familiäre Atmosphäre braucht er jetzt", glaubt Jacinto. "Bei Atlas wird ehrlicher Fußball gespielt." Schmidt habe durchaus lukrativere Angebote vorliegen gehabt, wolle nun aber mit der Familie in Delmenhorst sesshaft werden und verzichte dafür auf Geld. Beim SVA hat der 34-Jährige einen Vertrag über anderthalb Jahre mit der Option auf ein weiteres Jahr unterschrieben und kann nach der aktiven Karriere in der Vereinsführung arbeiten. "Meine Tochter und Dominik haben ein Haus ganz bei uns in der Nähe gekauft", erzählt Jacinto. "Das muss noch renoviert werden, deshalb wohnt Dominik erst einmal bei uns. Wir haben genug Platz, auch wenn meine Tochter mit meinem Enkel nachkommt, sobald in Duisburg alles geregelt ist."

Die Familie kommt wieder zusammen

Zwischendurch hat Jorge Jacinto schon manchmal überlegt, ob er das Richtige tut, wenn er den Wechsel seines Schwiegersohns nach Delmenhorst vorantreibt. "Er hat bisher immer auf höherem Niveau gespielt. Ich habe mich gefragt, ob die Regionalliga das Richtige für ihn ist", erzählt er. Spätestens seit dem vergangenen Sonntag, als der SV Atlas Schmidt am Rande des Testspiels gegen Phönix Lübeck (0:3) als Neuzugang präsentierte, weiß Jorge Jacinto: Es ist alles gut, so wie es ist. "Dominik war am Sonntag total glücklich. Ich freue mich sehr für ihn und natürlich auch für uns, dass die Familie bald in Delmenhorst wieder zusammen ist", sagt Jacinto.

Sein Schwiegersohn sei ein "total angenehmer und umgänglicher Typ", der sich beim SV Atlas gut integrieren werde. "Nur sein Kleidungsstil ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber davon darf man sich nicht täuschen lassen", sagt Jorge Jacinto und lacht. "Die Fußballprofis ziehen sich ja alle so an. Als Dominik mich mal Robin Zentner und Marvin Ducksch vorgestellt hat, trugen die auch solche Klamotten. Hosen mit Löchern oder mit bunten Punkten. Ich frage manchmal scherzhaft, ob die aus dem Altkleidercontainer kommen."

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