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Trinkwasser in Delmenhorst Wasser-Satz-Leserei

Stadtwerke und Gesundheitsamt treten den Bedenken von Lafu-Chef Gary Zörner bezüglich von Glyphosat in Trinkwasser entgegen und berufen sich auf eine ungenaue Formulierung. Zörner zweifelt weiterhin.
21.06.2018, 18:38 Uhr
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Wasser-Satz-Leserei
Von Andreas D. Becker

Delmenhorst. Es geht um einen Satz, der aber hohe Wellen in dieser Woche geschlagen hat. Der Satz lautet: "Stoffe, die natürlicherweise nicht im Wasser vorkommen, wie zum Beispiel Pflanzenschutzmittel sind nicht oder bei Glyphosat nur in geringen Konzentrationen nachweisbar und das vor dem Hintergrund sehr empfindlicher Analyseverfahren." Der Chemiker Gary Zörner, Chef des Delmenhorster Labors für Chemische und Mikrobiologische Analytik (Lafu), hatte daraus gefolgert: Im Delmenhorster Wasser findet sich das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Stadtwerke (SWD) und Gesundheitsamt widersprechen dem aber. Es geht also um einen Satz und seine Geschichte.

Helge Schumann, Amtsarzt und Kontrolleur des Delmenhorster Wassers, trinkt im Büro immer Leitungswasser. "Früher hatte ich immer eine Flasche Mineralwasser dabei, aber das ergibt auch ökologisch keinen Sinn", erzählt er. Denn während das Trinkwasser aus Delmenhorst stammt und ohne Verpackung geliefert werde, muss das Mineralwasser auch noch durch halb Deutschland bis in den Supermarkt transportiert werden. Darüber hinaus werde Trinkwasser häufiger als Mineralwasser kontrolliert, zudem sind die Grenzwerte in der Trinkwasser- viel strenger als in der Mineralwasser-Verordnung. "Kein anderes Lebensmittel ist so stark reglementiert wie Trinkwasser."

Zu den Interpretationen von Zörner sagt Schumann: "Ein Fachmann sollte wissen, was die von uns angegebenen Werte für Glyphosat heißen. Von daher finde ich seine Interpretation unverantwortlich. Es verunsichert, das ist aus meiner Sicht verwerflich." Und die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Grenzwerte werden eingehalten. Im Rahmen einer größtmöglichen Transparenz werde eben die unterste Grenze der Messbarkeit angegeben, die liege beim zur Trinkwasser-Kontrolle zertifiziertem Labor bei 0,04 Mikrogramm pro Liter. "Aber auch wenn die Methode noch empfindlicher ist und bei 0,02 Mikrogramm pro Liter liegt, kann man nicht hundertprozentig sicher sein, ob nicht doch ein Partikel im Wasser enthalten ist", erklärt Schumann. Vielleicht liege die Konzentration im Nanogramm-Bereich – oder noch weiter darunter.

Aber da ist ja noch der eine Satz, der eben andere Assoziationen weckt. Ein Versehen. "Es hätte heißen müssen: Stoffe, die natürlicherweise nicht im Wasser vorkommen, wie zum Beispiel Pflanzenschutzmittel sind nicht oder wären wie Glyphosat nur in geringen Konzentrationen nachweisbar und das vor dem Hintergrund sehr empfindlicher Analyseverfahren", sagt Schumann. Aber der Bericht sollte nicht zu wissenschaftlich werden und auch für Laien verständlich und eben kurz gefasst sein. Dadurch sei diese Ungenauigkeit reingekommen. Auch Dieter Meyer, Prokurist der SWD und zuständig für das Wasserwerk in Annenheide, spricht von einer Nachlässigkeit.

Schumann verweist auch darauf, dass die Stadtwerke vorbildlich mit dem Thema Gewässerschutz umgehen. Im Wasserschutzgebiet wird viel präventiv gearbeitet, unter anderem gibt es zusammen mit der Landwirtschaftskammer den Versuch, Maisacker mechanisch von Unkraut zu befreien und nicht mehr mit Pestiziden. Mehrere Landwirte fahren nun im Frühjahr mit Hacke und Striegel über die Felder. Jetzt muss sich erweisen, wie die Erträge gegenüber konventionell bewirtschafteten Flächen sind, sagt Torsten Prüß (SWD). Jeglicher Verzicht auf anorganische Stoffe ist der beste Grundwasser- und damit auch Trinkwasserschutz. "Und wir haben dort ein Juwel", sagt Schumann, der Amtsarzt. Untersucht wird das Delmenhorster Wasser übrigens im Labor der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW), auch die bestätigten laut Meyer noch mal auf Nachfrage diese Woche, dass es keinerlei Probleme mit Glyphosat in deutschem Trinkwasser gebe.

Gary Zörner indes mag nicht so recht daran glauben, dass der Satz einfach nur eine nachlässige Formulierung ist, sondern sich eher auf eine Aussage der Labor-Analysen bezieht. Denn auch wenn die Nachweisgrenze bei 0,04 Mikrogramm pro Liter liege, sei es eigentlich trotzdem möglich, auch darunter befindliche Konzentrationen festzustellen. "Es lässt sich aber nicht exakt sagen, ob es sich um 0,01 oder 0,02 oder 0,005 Mikrogramm handelt. Deswegen geben Labors diesen Wert mit der Angabe ‚kleiner als‘ an." An diesem Freitag, 22. Juni, wird Zörner an der Volkshochschule unter dem Titel "Wasser – Was sind die Ursachen für die Kontaminationen von Wasser mit Chemikalien, Schwermetallen, Bakterien und so weiter?" wohl auch noch einmal zu diesem Thema Stellung beziehen.

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