Werders Trainer Thomas Horsch hat schon eine Menge erlebt im Fußball, und deshalb hatte er schon vor dem Anpfiff eine Ahnung. Er sei „mega froh“, sagte Horsch beim übertragenden Sender Magentasport, dass seine Mannschaft bereits eine sehr gute Ausgangsposition für den Klassenerhalt habe und nicht mehr so dringend punkten müsse wie die Teams weiter unten im Keller. Sehr gerne hätte Werder schon am Freitagabend in Hoffenheim den Klassenerhalt perfekt gemacht, doch mit dieser Leistung am vorletzten Spieltag der Saison war das nicht möglich. Von Beginn an war Werder in allen Belangen unterlegen und nicht durchsetzungsstark genug, um selbst den letzten fehlenden Punkt für den Verbleib in der Frauen-Bundesliga zu holen. „Wir dürfen nicht vergessen, gegen wen wir hier gespielt haben, gegen eine Mannschaft aus den Top-4“, führte Abwehrspielerin Michaela Brandenburg nach der 0:4-Niederlage entschuldigend an, „die haben ihre spielerische Klasse ausgespielt.“
Im Vergleich zu Werder war das an diesem Abend ein Klassenunterschied, was die bisher so starke Leistung der Bremerinnen in diesem Jahr etwas schmälert. „Wir mussten zu viel hinterherlaufen“, meinte Horsch, „wobei man sagen muss, dass einige bei uns aus unterschiedlichen Gründen gerade am Limit sind und wir das Saisonende herbeisehnen.“ Die Mannschaft hatte schon verschiedenste Phasen in dieser Saison: In der Hinrunde spielte sie oft gut und punkteten kaum, in der Winterpause schien sie als Absteiger festzustehen. Im Februar fuhr sie mit mageren vier Pünktchen zum Spiel nach Leverkusen, holte dort den ersten Saisonsieg und seither inzwischen insgesamt 21 Punkte – eine überragende Ausbeute. Doch jetzt wird es ein Stolpern zum Klassenerhalt: Schon am vergangenen Wochenende war es eine sehr schwache Leistung gegen Essen. Trainer Horsch schämte sich danach fast ein wenig für den 3:2-Sieg, der durch drei Tore nach Standardsituationen zustande kam. Jetzt war die Leistung wieder schlecht, in allen Mannschaftsteilen. Aber die bisher geholten Punkte dürften mit hoher Wahrscheinlichkeit ohnehin schon reichen.
Letztes Heimspiel gegen Leverkusen
Um schon an diesem Wochenende den Klassenerhalt feiern zu können, muss Werder die Spiele der Konkurrenz abwarten. Sollte tatsächlich noch ein eigener Punkt nötig sein, kann Werder den am letzten Spieltag gegen Leverkusen holen (28. Mai, 14 Uhr auf Platz 11).
In Hoffenheim mussten die Bremerinnen auf die gelbgesperrte Kapitänin Lina Hausicke verzichten, die nur zur moralischen Unterstützung mitgereist war. Ohne Hausicke fehlte es der Mannschaft an Organisation und Zweikampfstärke. Schon das erste Tor fiel äußerst einfach: Der Angriff wurde durch die Mitte vorgetragen, Nicole Billa spielte im Strafraum Doppelpass und Gia Corley schoss ohne Mühe ein (24.). Auch wenn Werder reklamierte, gab es weder ein Foul noch eine Abseitsposition, sondern nur eine unzureichende Verteidigung.
Das zweite Tor, nur vier Minuten später, war eher umstritten: Billa foulte Brandenburg im Strafraum leicht an der Torauslinie und kam so in Ballbesitz, in der Mitte stocherte Chantal Hagel den Querpass ins Netz. Weil sich der Frauen-Fußball selbst in der Bundesliga aber keinen Videoschiedsrichter gönnt, konnte die Szene nicht überprüft werden. Andernfalls hätte das Tor wahrscheinlich nicht gezählt, je nach Tagesform der Beteiligten im Videokeller.
Damit war das Spiel im Prinzip entschieden, denn Werder spielte in der eigenen Offensive den letzten Ball nicht präzise genug. Das galt diesmal auch für einige lange Bälle von Nina Lührßen ins letzte Drittel, die irgendwo runterkamen – aber nie da, wo eine Bremerin in der Nähe gewesen wäre. Die Bremer Stürmerinnen blieben generell ohne Bindung und Durchschlagskraft. Horsch räumte ein: „Wir haben das Spiel nicht gegen den Ball verloren, sondern mit dem Ball. Wir haben den Ball zu oft verloren.“
Das dritte Tor fiel auch recht simpel: Ecke, Kopfball, Tor. Die Torschützin war die eingewechselte Julia Hickelsberger. Das Ergebnis hätte deutlich höher ausfallen können. Chantal Hagel probierte es mit einem harten Fernschuss, da durfte Anneke Borbe im Bremer schön fliegen, um den Ball zu entschärfen. Kurz darauf lag die im Sommer nach Wolfsburg wechselnde Borbe am Boden und musste länger am linken Knie behandelt werden – die Folge eines Zusammenstoßes. Obwohl sie danach bis zu ihrer Auswechslung erkennbar humpelte, spielten ihre Kolleginnen gleich mehrere Rückpässe in Bedrängnis zur Bremer Torfrau. Auch das waren Szenen aus der Kategorie „nicht so clever“.
Das 4:0 nach einem Konter, durch Corley feste unter die Latte geknallt, war auch in dieser Höhe „letztlich verdient“, fand Horsch, der die Lage realistisch einschätzte: „Wir können uns glücklich schätzen, dass wir uns durch eine fantastische Rückrunde diese gute Position erarbeitet haben. Wir hoffen, dass der Fußballgott einen normalen Verlauf des Spieltages gewährleistet – dann müssten wir gesichert sein.“ Das sei dann „ein verdienter Klassenerhalt“, man wolle daran wachsen und eben solche Spiele wie in Hoffenheim künftig besser bestreiten, mit mehr Ballbesitz und auf Augenhöhe. Horsch: „Das haben wir diesmal noch nicht geschafft. Das sind Entwicklungsprozesse, da müssen wir uns nicht für schämen.“