Das war es also, das Fußballjahr 2022 für den SV Werder. Ein Aufstieg hatte bejubelt werden dürfen, darüber hinaus ein beeindruckender Start in die laufende Bundesliga-Saison. Aufgrund der anstehenden Weltmeisterschaft in Katar (20. November bis 18 Dezember) wird diese aus Bremer Sicht so erfolgreiche Spielzeit nun schon nach 15 Partien unterbrochen. Ein schönes Ende gab es für die Grün-Weißen allerdings nicht mehr. Trotz großer Bemühungen kassierte die Elf von Trainer Ole Werner gegen RB Leipzig letztlich eine 1:2 (0:1)-Niederlage.
Im Vergleich zum Bayern-Debakel veränderte Werner seine Startelf gleich auf drei Positionen. So kehrte WM-Fahrer Niclas Füllkrug nach überstandenen Rückenbeschwerden zurück ins Team, Niklas Stark ersetzte in der Dreierkette den verletzten Milos Veljkovic (Probleme an der Achillessehne). Darüber hinaus musste Mittelfeldspieler Ilia Gruev kurzfristig krankheitsbedingt passen, anstelle des 22-Jährigen begann Romano Schmid. Die Neuen hatten ebenso wie ihre Kollegen gleich richtig viel zu tun. Die Gäste übernahmen direkt die Kontrolle über das Geschehen, übten viel Druck aus und machten den Bremern sowohl über die Flügel als auch mit weiten Bällen in die Spitze das Leben schwer.
Fast folgerichtig gab es dann auch die Leipziger Führung. Anthony Jung leistete sich im Mittelfeld einen unnötigen Fehlpass, weil er mit der Hacke ablegen wollte, wodurch die Sachsen blitzschnell umschalteten und obendrein gar nicht mehr richtig von den übrigen Werder-Profis angegriffen wurden. Am Ende landete der Ball bei André Silva, der diese Einladung danken annahm und problemlos an Jiri Pavlenka vorbei ins Tor traf – 0:1 (16.). Der Champions-League-Teilnehmer blieb zunächst spielbestimmend, trotzdem hatte das Heimteam plötzlich die Riesenmöglichkeit zum Ausgleich. Nach einem Freistoß aus dem Halbfeld von Marvin Ducksch köpfte Amos Pieper den Ball im Strafraum quer in Richtung Tor, Niclas Füllkrug kam sogar an das Spielgerät, scheiterte aus ganz kurzer Distanz aber an Keeper Janis Blaswich (22.).
Groß besorgt den Ausgleich
Werder gab dieses Ausrufezeichen spürbar Auftrieb, kurz darauf brach nämlich Leonardo Bittencourt auf der rechten Seite durch. Seine Hereingabe auf den gut postierten Ducksch war dann allerdings enttäuschend (27.). Die Bremer wagten offensiv jetzt mehr, dafür bereitete die Absicherung bei der Rückwärtsbewegung noch ein paar Sorgen. Wann immer es einen Ballverlust gab oder die Leipziger das Tempo anzogen, drohte Gefahr um oder im Strafraum der Gastgeber. Der Aufsteiger bekam die Situationen aber verteidigt. Zudem setzten die Norddeutschen weiter Akzente und gestalteten die Partie fortan ausgeglichener. Erst gab es eine abgefälschte Halbchance von Jung (38.), dann parierte Blaswich einen tollen Bittencourt-Schuss (42.). Der Ausgleich war also möglich, dennoch ging es mit einem Rückstand in die Pause.
Unverändert kamen die Bremer aus der Kabine, mühten sich direkt wieder um mehr Ballbesitz und mussten doch erst einmal kräftig durchatmen. Die Leipziger hatten sich in den Strafraum kombiniert, etwas glücklich landete der Ball schließlich bei Christopher Nkunku, der aus knapp fünf Metern aber neben den Kasten zielte (52.). Wenige Augenblicke später schlug dann die große Stunde von Christian Groß. Der 33-Jährige war in seiner bisherigen Karriere bei den Werder-Profis nicht gerade durch Torgefahr aufgefallen. Doch ausgerechnet in seinem 50. Bundesliga-Spiel sollte sich das ändern. Und wie. Nach einem Bremer Einwurf nahm Groß an der linken Strafraumkante Maß, sein minimal abgefälschter Schuss landete sehenswert und unhaltbar im Winkel (57.). Ein echtes Traumtor, das sowohl auf den Rängen als auch auf dem Platz für kollektives Staunen sorgte – und für pure Begeisterung.
Schlager sorgt für die erneute Führung
RB Leipzig suchte nach einer schnellen Antwort und erhöhte sofort wieder die Schlagzahl. Nachdem ein paar ansehnliche Aktionen zunächst noch versandet waren, war wenig später der alte Abstand wiederhergestellt. Marco Friedl konnte einen feinen Außenrist-Pass von Silva nicht verhindern, Pieper schaffte es anschließend nicht, Xaver Schlager vom Ball zu trennen. Und weil auch die Rettungsgrätsche von Niklas Stark nicht mehr von Erfolg gekrönt war, führten die Gäste wieder (71.). Nun arbeitete Werder an der richtigen Reaktion. Ole Werner brachte Jens Stage und Nicolai Rapp für Bittencourt und Groß, Augenblicke später prüfte Füllkrug nach einer Friedl-Flanke per Kopf Blaswich (76.). Der Bremer Coach erhöhte anschließend noch etwas mehr das Risiko, nahm Pieper vom Feld und wechselte dafür Mittelfeldakteur Niklas Schmidt ein. Wenig später kamen auch noch Oliver Burke und Eren Dinkci für Romano Schmid und Anthony Jung.
Offensiv warf Werder also alles rein. Füllkrug hatte dann auch noch einmal eine gute Gelegenheit, nach einer Schmidt-Flanke bekam er mit dem Kopf aber nicht mehr genug Druck hinter den Ball (89.). In der Nachspielzeit schnürten die Bremer die Gäste im Strafraum ein, kämpften vehement um den verdienten Ausgleich. Die zündende Idee gab es aber nicht mehr. Für Werder geht es somit mit 21 Punkten in den Winter. Eine mehr als respektable Ausbeute. Auch deshalb ist das Jahr 2022 ein derart besonderes für Werder. Daran ändern auch die beiden jüngsten Niederlagen gegen Bayern und Leipzig nichts.