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Taktik-Analyse 2:0 verspielt: Unions Flanken düpieren Werder

Bis zur 37. Minute sah alles nach einem Erfolg für den SV Werder Bremen aus. Dann katapultierte Tom Rothe die Köpenicker mit seinem Anschlusstreffer zurück ins Spiel. Das 2:2 in der Taktik-Analyse.
04.05.2025, 11:06 Uhr
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Von Tobias Escher

Manchmal kann Fußball ganz einfach sein. Flanke, Kopfball, Tor: Mit diesen einfachen Mitteln kämpfte sich Union Berlin gegen Werder Bremen ins Spiel zurück. Das wirft aus Bremer Sicht einige bittere Fragen auf. Wie konnte es passieren, dass die Bremer eine 2:0-Führung aus der Hand gaben? Und das auch noch gegen eine Mannschaft, die spielerisch nicht mehr als simplen Neunziger-Jahre-Fußball bot.

Burke trifft auf Vogt

Werder-Coach Ole Werner baute seine Elf im Vergleich zum 0:0 gegen St. Pauli nur auf einer Position um: Oliver Burke begann anstelle von Justin Njinmah. Werder positionierte sich in der gewohnten Mischung aus 5-2-3- und 5-3-2-System.

Unions Trainer Steffen Baumgart musste angesichts zahlreicher Verletzungen improvisieren. So stand Ex-Bremer Kevin Vogt erstmals seit Januar wieder in der Startelf. Er bekleidete in Berlins Dreierkette den halblinken Part. Somit war Vogt für Burke zuständig. Das war eine interessante Wahl: Der groß gewachsene Vogt konnte das hohe Tempo von Burke mitgehen.

Dennoch war Burke entscheidend an der Bremer Führung beteiligt. Werder versuchte von der ersten Minute an, Unions Außenverteidiger aus ihren Positionen zu ziehen. Sobald diese vorrückten, starteten Burke oder Jens Stage auf die Flügel. Bereits in der zweiten Minute ging dieses Muster auf. Burke leitete den Treffer durch Stage ein.

Werder sammelt Ballbesitz

Wer erwartet hatte, dass Union nach dem frühen Rückstand aufs Gaspedal drückt, sah sich getäuscht. Die Berliner verharrten in der Folge in der eigenen Hälfte. Benedikt Hollerbach, nominell als zweiter Stürmer eingeteilt, ließ sich immer wieder auf die rechte Mittelfeldseite fallen. So verteidigte Union in einem tiefen 5-4-1-Block.

Werder konnte sich gegen passive Berliner den Ball zuschieben, verfiel dabei aber nicht in Lethargie: Immer wieder suchten die Bremer ihre Außenverteidiger. Mit diesen Zuspielen sollten Unions Außenverteidiger herausgelockt werden. Im Anschluss landete der Ball im zentralen Mittelfeld. Angesichts der hohen Passivität der Berliner funktionierte dieses Muster immer wieder.

Selbst wenn Werder den Ball verlor, hatten sie wenig zu befürchten. Union stand derart tief, dass schnelle Konter kaum möglich waren. Stürmer Andrej Ilic agierte allein auf weiter Flur. Werder unterbrach gegnerische Konter zudem häufig über das eigene Gegenpressing. So führte eine Balleroberung im Gegenpressing zum zweiten Bremer Treffer durch Stage (15.).

Union sucht das Heil über die Flügel

Nach der frühen 2:0-Führung waren eigentlich alle Weichen gestellt für einen Bremer Auswärtserfolg. Union deutete ein hohes Pressing nicht einmal an. Die Bremer hatten fast 70 Prozent Ballbesitz und schoben sich gemächlich den Ball zu.

In der 37. Minute zeigte sich erstmals, welchen offensiven Plan sich die Berliner zurechtgelegt hatten. Sie setzten auf stringente Angriffe über die Flügel. Auf der rechten Seite ließ sich Achter Andreas Schäfer immer wieder fallen. Christopher Trimmel konnte somit vorrücken. Er schlug den Ball bei erstbester Gelegenheit in Richtung zweiter Pfosten.

Dies war der zweite Teil des Berliner Plans: Linksverteidiger Tom Rothe sollte in Kopfballduelle gelangen. Gegen seinen direkten Gegenspieler Mitchell Weiser hatte er in der Luft klare Vorteile. In der Anfangsphase hatte dies kaum funktioniert: Niemand stand im Strafraum, um die Bremer Innenverteidiger zu beschäftigen und von Rothe wegzulocken. Dann ging der Plan jedoch aus dem Nichts auf: Rothe köpfte eine Trimmel-Flanke ins Tor (37.).

Rothe weckt Union aus dem Schlaf

Der Anschlusstreffer weckte Union aus dem Dornröschenschlaf. Fortan schoben sie im Pressing wesentlich weiter nach vorne: Hollerbach und Jannik Haberer unterstützten Ilic in vorderster Linie. So konnte Union Bremens Dreierkette mannorientiert anlaufen. Auch dahinter agierten die Unioner näher am Mann. Werders Ballbesitz sank drastisch: Ab der 37. Minute lag ihr Anteil nur noch bei 47 Prozent.

In der zweiten Halbzeit entstand somit ein wesentlich engeres Spiel. Beide Teams setzten auf Mannorientierung sowie auf Angriffe über die Flügel. Werders Angriffsmuster waren angesichts des Herauslockens der gegnerischen Außenverteidiger etwas raffinierter als die simple Spielweise des Gegners.

Union wählte häufig den altmodischen Weg: Sie bolzten den Ball einfach die Linie entlang in der Hoffnung, dass der zweite Ball zum Außenverteidiger kam. Gerade in der Phase kurz nach der Pause ging dieser Plan auf, da Werder große Probleme mit hohen Bällen offenbarte. Zudem stand Werder nach den Ballverlusten auf den Flügeln einige Male offen.

Werder wirft alles nach vorne

Der Ausgleichstreffer durch den nur Sekunden zuvor eingewechselten Laszlo Benes fiel letztlich nach einem Standard (84.). Auch hier konnte Werder eine Flanke nicht klären. Mit Benes´ Einwechslung hatte Baumgart seine Fünferkette aufgelöst. Union agierte fortan in einer offensiveren Formation.

Auch Ole Werner wollte das Spiel gewinnen. Das unterstrichen seine Wechsel: Mit Justin Njinmah, Marco Grüll, Keke Topp sowie Burke standen zu Spielende vier Angreifer auf dem Feld. Nominell blieb Werder dem 5-3-2-System treu, allerdings war jede Position offensiv besetzt. So lieferten sich beide Teams zum Spielende mit offensiven Formationen einen Schlagabtausch. Doch weder Topp als nachstoßender Zehner noch Njinmah als totaloffensiver Linksverteidiger konnten die Wende bringen.

Werder muss sich ärgern, zwei Punkte verschenkt zu haben. Union war bis zum 1:2 nicht im Spiel. Auch danach war ihr Fußball simpel – aber effektiv. Doch mit einer besseren Flügelverteidigung hätte Werder die eigene Niederlage verhindern können.

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