Wer wissen möchte, was in der 2. Liga auf Werder Bremen zukommt, braucht sich nur die Abschlusstabelle anzusehen: Mit dem VfL Bochum und Greuther Fürth ist zwei Vereinen der Aufstieg gelungen, von denen das niemand erwartet hatte. Beide waren zuvor nur Mittelmaß. Fürth brauchte acht Jahre für die Rückkehr in die erste Liga, Bochum sogar elf. Beide Vereine gaben vor ihrer Aufstiegssaison keinen Cent für neue Spieler aus. Bochum und Fürth waren mit ihren Personalplanungen ziemlich früh fertig, schon nach zehn Spieltagen mischten sie in der Tabelle oben mit. Die zwei Absteiger aus der Bundesliga hingegen, Fortuna Düsseldorf und der SC Paderborn, landeten am Ende nur auf den Plätzen fünf und neun.
Der letzte Absteiger, der es sofort zurück in die Bundesliga schaffte, war der VfB Stuttgart. Dafür musste sich der Verein aber neu erfinden: Nach dem Abstieg stießen 28 Spieler zum Kader, der VfB zahlte vor dem Zweitligastart 21 Millionen Euro an Ablöse. Der Mitabsteiger 1. FC Nürnberg hingegen landete hart: Platz 16, die Rettung vor der 3. Liga gelang erst in der Relegation.
Werder will schnell wieder hoch
Schon acht Bundesliga-Absteiger stürzten direkt noch eine Klasse tiefer, weitere folgten etwas später – darunter der 1. FC Kaiserslautern, auf den auch Werder mit einer gewissen Nervosität schaut. Dieser FCK hat eine vergleichbare Größe und Historie wie die Bremer, verpasste aber nach seinem Bundesliga-Abstieg 2012 dreimal knapp den Aufstieg – und stürzte, von der Insolvenz bedroht, bis in den Tabellenkeller der 3. Liga. Das möchte Werder nicht erleben. Die 2. Liga soll auch für Bremen nur Durchgangsstation sein, in die andere Richtung: Werder will schnell wieder hoch. Diesen Aufstieg wollen aber acht bis zehn andere Vereine auch.
Werder muss in den nächsten Wochen viele Entscheidungen treffen. Mehrere Stammspieler sollen aus wirtschaftlichen Gründen verkauft werden. Die künftige Mannschaft hat noch keine Kontur. Doch die Zeit drängt. Schon in drei Wochen ist Trainingsauftakt. Die 2. Liga startet am 23. Juli, deutlich früher als die gewohnte Bundesliga. Werder handelt traditionell aber eher zögerlich – und auch jetzt kündigt Manager Frank Baumann an, der Kader werde wohl erst im August fertig sein. Dann aber sind die ersten Spiele schon vorbei. Dass viele Fans besorgt sind, ist logisch. Baumann beruhigt erstaunlich selbstbewusst: Einfach könne doch jeder.
Dass es sich bei den Sorgen und der Kritik nicht um eine norddeutsche Werder-Depression handelt, zeigt ein Blick über den Bremer Tellerrand: Die „Süddeutsche Zeitung“ attestierte Werder mit dem Abstieg eine gefährliche Mischung aus „Überheblichkeit, Naivität und blauäugigem Optimismus“, bei einer Personalplanung „am untersten Rande des Durchschnitts“. Das Fachmagazin „Kicker“ prangert Trägheit an. Und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ spottet: Wie ein derart abgehängter SV Werder eine Erneuerung aus sich selbst schaffen wolle – dieses Rezept habe der Verein „wohl ziemlich exklusiv“.
Die Tabelle wird es zeigen
Dieser Skepsis kann Werder seit dem Abstieg noch wenig entgegnen. Man kann es drehen, wie man will: Entweder hat der Verein mit Markus Anfang den richtigen Trainer für diese Liga geholt, mit Baumann einen Manager mit Insider-Wissen und mit Marco Bode wenigstens bis Herbst einen sportkompetenten Aufsichtsrat. Oder Werder hat nur noch einen Sportchef auf Bewährung, einen sich auflösenden Aufsichtsrat und einen Trainer, der noch nie den Aufstieg in die Bundesliga geschafft hat. Die Tabelle wird bald zeigen, was eher stimmt.
Die Beispiele Fürth und Bochum weisen den Weg: In der 2. Liga ist gutes Arbeiten gefragt. Fernab der Lewandowskis und Haalands geht es nicht um schillernde Namen oder tolles Talent, sondern um das beste Kollektiv. Nicht einmal über den HSV darf man bei Werder laut lachen: Die Hamburger scheitern seit drei Jahren am Aufstieg, haben seither mehr als 20 Millionen Euro für neue Spieler verpulvert und ihren sechsten Zweitligatrainer verpflichtet. Der große HSV realisiert nur mühsam, wo er da gelandet ist. Ein schöner Anreiz für Werder, es besser zu machen.