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Werders Ex-Co-Trainer Rolff im Interview "China ist wirklich auf einem guten Weg"

Mit Thomas Schaaf bildete Wolfgang Rolff einst das Trainergespann bei Werder. Inzwischen ist der 57-Jährige im fernen Osten im Einsatz. Im WESER-KURIER-Interview spricht er über seine Arbeit in China.
07.06.2017, 06:30 Uhr
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Von Patrick Hoffmann

Herr Rolff, Sie sind seit Juli 2016 Co-Trainer von Felix Magath beim chinesischen Erstligisten Shandong Luneng Taishan. Wie gefällt es Ihnen dort?

Wolfgang Rolff: Sehr gut. Die Chinesen sind mit großem Engagement bei der Sache. Es sind viele Projekte im Nachwuchsbereich angeschoben worden, da wird in den kommenden zehn Jahren sehr viel passieren. Jetzt muss man abwarten, was die Chinesen in naher Zukunft für Talente entwickeln werden. Ich bin mir aber sicher, dass das Land bei so viel Potenzial viele gute Spieler herausbringen kann.

Welche Motivation steckt hinter diesem plötzlichen, staatlich geförderten Fußballboom in China?

Die Chinesen wollen zunächst einmal den asiatischen Markt angreifen, um da die Nummer eins zu werden. Aber der große Traum der Chinesen ist es natürlich, irgendwann die Fußball-Weltmeisterschaft im eigenen Land austragen zu dürfen und Weltmeister zu werden.

Weltmeister? Ist das nicht ein bisschen hoch gegriffen? China ist aktuell die Nummer 82 der Fifa-Weltrangliste, hinter Aserbaidschan, Jamaika und Curacao.

Ich denke, dass sich der chinesische Fußball gerade im Umbruch befindet. Es hat ein Umdenken bei den Funktionären stattgefunden. Die Jugendleistungszentren werden im ganzen Land ausgebaut, in den Vereinen wird auf den Nachwuchs gesetzt und nicht mehr nur auf teure Stars aus dem Ausland. Die Vereine gehen auch vermehrt an die Schulen, wo Fußball als Schulsport bislang nicht diesen Stellenwert genießt wie etwa Tischtennis oder Turnen. An diesem Punkt hat der chinesische Sportminister den Hebel angesetzt, er will den Schulfußball vorantreiben und lässt deshalb jede Menge Fußballplätze bauen. China ist wirklich auf einem guten Weg.

Sie haben die Stars aus dem Ausland angesprochen. Nutzen Sie Ihre Kontakte nach Deutschland für mögliche Neuzugänge?

Nein. Aufgrund der neuen Regel dürfen nicht mehr so viele Ausländer in der chinesischen Liga spielen. Und wenn, dann kommen die meisten eh eher aus Südamerika und nicht so sehr aus Europa. Wir haben sehr viele Brasilianer in der Liga, auch viele Argentinier. Aus Europa sind nur wenige gekommen, wie zum Beispiel der Belgier Axel Witsel oder der Italiener Graziano Pellè, der bei uns spielt.

Sie waren viele Jahre als Spieler und Trainer in der Bundesliga tätig, kennen die Atmosphäre in deutschen Stadien. Wie ist die Stimmung in China?

Die Chinesen sind sehr begeisterungsfähig. Die Stadien sind voll, im Schnitt kommen 25.000 Zuschauer zu den Spielen, bei Topspielen sind es sogar 40.000. Das ist alles okay, vor allem, wenn man sieht, wie leer die Stadien heute teilweise in Spanien oder Italien sind. Die Chinesen sind auch hier auf einem guten Weg. Und hier leben fast 1,4 Milliarden Menschen, das Fanpotenzial ist also fast grenzenlos, das kann sich über die Jahre immer weiter steigern.

Wo sehen Sie am ehesten Entwicklungsbedarf?

Ganz klar im Nachwuchsbereich. Da muss es in Zukunft besser möglich sein, gute Menschen aus der Masse herauszufiltern. Wir brauchen ein Tannenbaumsystem, mit einer breiten Masse bis hoch zu einer kleinen Spitze an Topspielern. Das fehlt noch, weil in der Vergangenheit nicht so sehr auf Nachwuchsarbeit gesetzt wurde. China ist ein sehr großes Land, man muss die jungen Menschen hier in die Spur bringen, dass sie von klein auf zum Fußball kommen. Dann kann sich da in den nächsten Jahren richtig was bewegen.

Wächst da also ein neuer Fußballriese heran?

Er wächst heran, ja. Aber die Frage ist, wie lange es dauern wird, bis sie den ersten chinesischen Cristiano Ronaldo geformt haben. Das ist eine schwere Aufgabe. Aber die Chinesen haben sicher das nötige Geld dafür.

Wolfgang Rolff: Der ehemalige Fußballprofi (unter anderem Hamburger SV und Bayer Leverkusen) war viele Jahre lang Co-Trainer von Thomas Schaaf, zunächst bei Werder Bremen (2004 bis 2013), später bei Eintracht Frankfurt (2014/2015) und Hannover 96 (2016). Seit Juli 2016 arbeitet der 57-Jährige an der Seite von Cheftrainer Felix Magath beim chinesischen Erstligisten Shandong Luneng Taishan.

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