Nein, ja, vielleicht? Ich will das nicht! Alles Scheiße, deine Elli. Bitte ankreuzen... Wie damals in der Schule. Direkt bleiben, direkt runter oder nachsitzen? An diesem Wochenende ist alles möglich und ich bin emotional nicht darauf vorbereitet.
Könnt ihr euch an den 25. Spieltag erinnern? Mitte März war die Welt noch in Ordnung. Selbst die übliche Niederlage gegen die Bayern (1:3) hatte ich locker abgehakt. Wieder kein Wunder, gut, aber ansonsten war es ja entspannt. Ich hatte mich innerlich schon vom Abstiegskampf verabschiedet, im Pokal war noch alles möglich. Werder hatte Platz zwölf inne, neun Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz – und dann kam in der Liga irgendwie nichts mehr. Im Gegenteil, es lief sogar alles falsch. Mit Rückenwind bergab. Jeder Spieltag ein kleiner Albtraum.
Wie kann eine Saison, in der Werder (verdient) am Pokalfinale kratzt, so unendlich schrecklich aussehen? Weil wir an unbequemen Wahrheiten und Fragen nicht vorbeikommen. Ich versuche es mal polemisch: Die Mannschaft spielt in bestimmten Momenten kollektiv weit unter Normalniveau. Die individuellen Fehler kosten zu viel. Werder schießt (fast) keine Tore. Wann hat Milot „Rakete“ Rashica das letzte Laufduell gewonnen? Warum wechselt der Trainer fast schon rituell viel zu spät? Warum bleiben Spieler, denen Gelb-Rot droht, auf dem Platz? Warum kann die Mannschaft nichts mit Ballbesitz anfangen?
Ich habe bis zuletzt auch an den Trainer „Flo“ Kohfeldt geglaubt, allerdings sind mir nach und nach die Argumente ausgegangen. Ich bleibe auch dabei, dass er einen weitaus schöneren Abschied verdient gehabt hätte. Am Trainer festzuhalten, interne Stabilität auszustrahlen und keine Hektik zuzulassen ist und bleibt für mich übrigens ein elementarer Bestandteil der Identität von Werder Bremen. Mit dem Blick auf darbende Nachbarn sollte uns das eher stolz machen. Gegen das Business. Gegen „normale“ Praktiken. Dafür habe ich Werder immer geliebt.
Auf der anderen Seite ist „in Würde abgehen“ das unglücklichste, unfairste und schrecklichste Resultat. Wenn Loyalität und Zusammenhalt keine Belohnung finden, macht mich das wütend. Bin ich zu naiv? Mag sein.
Konstruktive und sachliche Kritik ist bei diesen Ergebnissen natürlich angebracht, aber Angriffe, Drohungen und Schmähungen kann ich und werde ich auch in dieser schrecklichen Situation nicht akzeptieren. Kollege Arnd Zeigler musste sich einem Schwall von schmutzigen Schwachsinn erwehren und hat sich wiederholt bedroht fühlen müssen. Unser Stadionsprecher! Geht’s noch?
Wir Werder-Fans sind alle voller Frust, Entsetzen und Traurigkeit, aber gerade in diesen Momenten zeigt sich, wer mit Würde eine Situation akzeptiert und angeht. Ich wünsche der Stadt Bremen, allen Werder-Fans und vor allem meinem Herzensverein Werder Bremen das eine perfekte Spiel.
Von 15.30 Uhr an werde ich an diesem Sonnabend mein Wohnzimmer zusammenbrüllen und jede Sekunde an die Mannschaft glauben. Abstieg geht von allein, Klassenerhalt nur zusammen.