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Werder am Sonntag Fand Eichin keinen Nachfolger?

Am Sonntag hat sich Werder-Manager Thomas Eichin noch sehr widersprüchlich zu der Zukunft von Viktor Skripnik geäußert.
11.04.2016, 00:00 Uhr
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Fand Eichin keinen Nachfolger?
Von Andreas Lesch

Am Sonntag hat sich Werder-Manager Thomas Eichin noch sehr widersprüchlich zu der Zukunft von Viktor Skripnik geäußert.

Aber, wo soll man anfangen, von diesem seltsamen Sonntag zu erzählen? Am besten vielleicht: auf dem Platz. Dort, auf dem Trainingsplatz am Weserstadion, standen am Vormittag um halb elf Thomas Eichin und Viktor Skripnik beisammen. Ein paar Meter weiter übten die Bremer Spieler, aber niemand beachtete sie. Alle schauten auf die beiden Männer, die weder liefen noch kickten, sondern redeten. Sie waren das erste starke Bild dieses Tages, und die Frage war: Konnte Werders Geschäftsführer Eichin den Trainer Skripnik nach diesem Bild noch entlassen? Nach diesem Bild, das in aller Öffentlichkeit Nähe demonstrierte und nicht Distanz?

Der seltsame Sonntag hat darauf keine verlässliche Antwort gegeben, er hat vielmehr neue Fragen aufgeworfen. Das hatte viel mit Skripnik zu tun und noch mehr mit Eichin. Skripnik kam schon gegen acht Uhr früh zum Stadion. Zwei Stunden später ging er mit seinem Trainerteam Richtung Platz, die Hände in den Hosentaschen, das Gesicht grimmig, ohne ein Wort.

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70, vielleicht auch 80 Menschen waren gekommen, um zu sehen, was bei Werder passieren würde, am Tag nach dem erschütternden 1:2 gegen den FC Augsburg, nach dem Sturz auf Rang 16 der Bundesliga, nach diesem Spiel, das den Bremern so viele Hoffnungen und so viele Illusionen raubte. Und dieser muffelige Mann im Trainingsanzug sollte jener Mann sein, über den alle Werder-Fans diskutieren, von dem aber Eichin später sagte, er sei „sicher, dass er diese Diskussion aushält“? Er habe ausführlich mit Skripnik gesprochen, berichtete Eichin, und nach diesem Gespräch sei er sich sicher: „Viktor ist kämpferisch genug, um das Ding zusammen mit der Mannschaft hinzubekommen.“

Eichin: „Ich bin kein Prophet“

Der Geschäftsführer hat ausführlich Stellung bezogen, er nahm sich, als er vom Trainingsplatz herunterkam, mehr als 20 Minuten Zeit für die Journalisten. Doch was er sagte, wirkte widersprüchlich. Es war ein einziges großes Ja-Aber. Schon am Sonnabend, gleich nach der Niederlage gegen den Kellerrivalen Augsburg, hatte Eichin Worte gewählt, die Spielraum für Interpretationen ließen. Jetzt, am Sonntag, machte er diesen Raum nur noch größer.

Einerseits sagte er über Skripnik: „Natürlich bleibt er Trainer.“ Er betonte: „Er weiß, er hat meine volle Unterstützung.“ Und er stellte klar: „Es ist nicht unsere Marschroute, den Trainer zu wechseln.“ Andererseits berichtete Eichin, natürlich gebe es in seinem Klub eine Trainerdiskussion: „Wir werden heute und morgen, vielleicht auch noch übermorgen besprechen, wie wir da weiter vorgehen.“ Er wollte mit der Mannschaft sprechen, mit dem Trainerteam, seinen Kollegen aus der Geschäftsführung, dem Aufsichtsrat. Marco Bode, der Chef des Aufsichtsrates, sagte am Sonntag: „Ich werde mich heute nicht äußern.“

Eichin war gesprächiger. Er antwortete auf die Frage, ob er nach weiteren Gesprächen am Nachmittag doch noch zu dem Schluss kommen könne, dass Skripnik gehen muss: „Ich schließe momentan überhaupt nichts aus.“ Und: „Ich bin kein Prophet. Ich bin auch keine One-Man-Show.“ Wenn er „in zwei Stunden eine Erkenntnis bekomme, dass irgendwas nicht mehr funktioniert, dann werde ich nicht, weil ich euch zwei Stunden vorher etwas anderes gesagt habe, nicht danach handeln“.

Fand Eichin keinen Nachfolger-Kandidaten?

Der Geschäftsführer sagte auch: „Wenn eine Situation entstehen sollte, wo wir das Gefühl haben, dass das nicht mehr funktioniert, dann sind wir sicherlich mutig genug zu handeln.“ Dieses Gefühl habe er jetzt aber nicht. Im Moment habe er das Gefühl, „dass kein Keil dazwischen ist“, zwischen dem Trainer und seinem Team. Solange das so sei, „werden wir sicherlich keinen Trainerwechsel forcieren“, sagte Eichin. Aber: „In so einer Situation können wir nicht zur Tagesordnung übergehen.“ Das sei „die Pflicht des Trainerteams, die Pflicht des Aufsichtsrates, die Pflicht der Geschäftsführung. Das erwarten sicherlich auch die Fans, dass wir diese Situation analysieren und kritische Gespräche führen.“

Warum ließ Eichin so vieles im Ungewissen? Warum sprach er über Skripniks Zukunft so nebulös? Wollte er Zeit gewinnen, um mit möglichen Nachfolgern zu verhandeln? Fand er so schnell keinen Kandidaten, der bezahlbar war und passte? Oder steckte sein Klub einfach nur wirklich noch mitten in einer offenen Diskussion? Den Trainer Skripnik jedenfalls, der schon am Sonnabend so unglaublich angeschlagen erschien, schwächte Eichin durch seine Worte nur noch weiter.

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Denn wenn er einen Tag nach dem Augsburg-Spiel und nach allen Zweifeln wirklich die Überzeugung gewonnen hätte, Skripnik sei doch der richtige Coach für den Kampf um den Klassenerhalt, dann hätte der Geschäftsführer das ja auch offensiv vertreten können – ohne jedes Wenn und Aber.

„Wir sind in einer ganz prekären Situation“, bekannte Eichin. „In einer Situation, die sehr besorgniserregend ist.“ Die 90 Minuten gegen Augsburg seien „ein fürchterliches Spiel gewesen mit einer fürchterlichen Situation danach“. Im Endspurt des Abstiegskampfes seien sie ein „extremer Warnschuss“ gewesen: „Diesen Dreier, den wir eigentlich eingeplant hatten im Rettungsplan, den haben wir nicht gemacht.“ Was jetzt seine Vorgabe für Skripnik sei? „Wir müssen punkten, das wird die Vorgabe sein“, sagte Eichin. „Die Vorgabe wird auch sein, sich nicht verrücktmachen zu lassen.“

Werder müsse „eine Wagenburg-Mentalität entwickeln und diesen Widerständen entgegentreten – mit breiter Brust, wie der Viktor so gerne sagt“. In diesem Moment, als Eichin eine von Skripniks Lieblingsformulierungen übernahm, da klang er, als fühle er sich dem Trainer nah.

Skripnik hat mit öffentlicher Kritik offenbar Probleme

Aber Nähe ist im Profifußball keine Kategorie, die zählt. Eichin betont oft, wie hart seine Branche ist. Am Sonntag sagte er: „Wir sind doch alle in dem Showzirkus Bundesliga. Alle Mannschaften, die unten stehen, haben eine Trainerdiskussion.“ Wer in der Tabelle unten stehe, der müsse damit leben, kritisiert zu werden.

Skripnik jedoch hat mit öffentlicher Kritik offenbar Probleme. Nach der Niederlage gegen Augsburg brach all sein Frust aus ihm heraus: „Es ist ganz schwierig, die ganze Saison gegen 18 Mannschaften zu kämpfen: 17 in der Bundesliga und eine Mannschaft, die ist aus dem Medienbereich.“ Eichin mühte sich, die Bedeutung dieser Worte zu relativieren: „Viktor kann nicht verlieren. Er war in einem Zustand, wo ich nicht alles auf die Goldwaage legen würde, was er da gesagt hat.“

Am Sonnabend tritt Werder zu Hause gegen den VfL Wolfsburg an, dann folgt das DFB-Pokalhalbfinale beim FC Bayern. Eichin sagte, das seien „zwei Kracher-Spiele, die du selbst in gutem Zustand erst mal überstehen musst“. Einerseits. Andererseits betonte er, Werder habe schon oft gegen stärkere Mannschaften gepunktet: „Daran müssen wir weiterhin glauben. Wenn der Glaube weg ist, wird’s fatal. Aber das sehe ich überhaupt noch nicht.“

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