Marco Bode sah am Montag traurig aus, als er in den Räumen des Weserstadions über seinen Rückzug bei Werder Bremen informierte. Er hat diesen Verein über Jahrzehnte gelebt und geprägt, erst als Spieler, später als Chef des Aufsichtsrates. Im Herbst übergibt er Werder an noch unbekannte Nachfolger – und das als Zweitligist. Es schmerzt ihn, das merkt man.
Bode und seine gewählten Mitstreiter im Aufsichtsrat – Andreas Hoetzel, Kurt Zech und Thomas Krohne – übernehmen also Verantwortung für den Abstieg. Dieser Rückzug ist anständig, zumal er Werder nicht mit einem Paukenschlag ins Chaos stürzt. Der Rückzugsplan wird vielmehr von der werdertypischen Hoffnung getragen, dass bis zur nächsten Mitgliederversammlung im Herbst wieder eine positivere Grundstimmung herrscht und dadurch eine Schlammschlacht um die Aufsichtsratsposten ebenso verhindert werden kann wie ein Totalumbruch in der sportlichen Führung. Die zweite Liga ist dann schon ein paar Spieltage alt, ein guter Platz in der Tabelle und ein gelungener Transfersommer könnten die Vereinsmitglieder zuversichtlicher stimmen, als sie es heute sind.

Und wenn nicht? Das ist mal wieder die bange Frage bei Werder, denn Bodes Glaube an eine gute Zukunft des Vereins wird nur vom Prinzip Hoffnung getragen: dass Frank Baumann in den nächsten Wochen als Manager nämlich sehr viel besser arbeitet als in den vergangenen zwei Jahren. Nüchtern betrachtet gibt es keinen Grund, Baumann weiterhin das Vertrauen zu schenken. Der Kader war ungenügend zusammengestellt, die wichtige Trainerfrage wurde im Saisonfinale mangelhaft behandelt. Greift Baumann wieder daneben, würde Bode im Herbst eine noch größere Baustelle zurücklassen.
Im Wissen um Baumanns schwindendes Ansehen hatte der Aufsichtsrat den Vertrag des Sportchefs nur um ein Jahr verlängert. Den Manager aber vor allem im Amt zu lassen, weil er alle Verträge kenne und wichtiges Vorwissen habe, wird nicht allen Ansprüchen an einen professionellen Fußballverein gerecht. Es wäre zumindest eine sinnvolle Option gewesen, wenn der Aufsichtsrat nach Werders wochenlangem Niedergang frühzeitig einen neuen Sportchef als Plan B in der Hinterhand gehabt hätte.
Werder ging bewusst ins Risiko
In diesem Zusammenhang muss man auch mit einem Märchen aufräumen, das bei Werder sehr überzeugend erzählt wird: Es ist die Geschichte vom armen Verein, der zu Beginn der Abstiegssaison – auch durch Corona - kein Geld mehr hatte für neue Spieler, sogar einen Davy Klaassen ersatzlos ziehen lassen musste und durch zurückhaltendes Management wenigstens die drohende Pleite abwenden konnte, den Abstieg aber leider nicht.
Was plausibel klingt, blendet die entscheidende Saison davor schamlos aus: Da ging Werder bewusst ein Risiko ein und verpflichtete Spieler wie Füllkrug, Friedl, Toprak und Bittencourt – obwohl das Budget das gar nicht hergab. Die Last der Ablösesummen wurde durch geschicktes Verhandeln in die Zukunft verschoben. Auch in diesem Sommer und in den nächsten Jahren werden dafür noch viele Raten fällig. Mit diesem Kniff sollte die Rückkehr in den Europapokal gelingen. Es folgte aber der Abstieg, auch wegen schwankender Leistungen oder zu vieler Verletzungen genau dieser Neuzugänge.
Trainer Florian Kohfeldt musste dafür Verantwortung übernehmen, der Aufsichtsrat folgt nun. Der Manager aber, der die meisten Entscheidungen getroffen hat, macht weiter. Werder darf sich nicht wundern, wenn diese Politik von vielen Fans nicht als Aufbruch und Wandel empfunden wird.
Zudem schwirrt noch das Thema Investor über Werder. Damit müsste sich der Aufsichtsrat um Bode vielleicht noch befassen, obwohl die Tragweite dieses Themas größer ist als die Zukunft von Baumann, der auf Bewährung weitermacht und auf die Gunst des nächsten Aufsichtsrates hoffen muss.
Zwei Dinge sind jetzt wichtig: Die in den Aufsichtsrat drängende Opposition muss mit Blick auf die Mitgliederversammlung beginnen, mit Inhalten zu überzeugen. Und Werder braucht ganz schnell positive Nachrichten – in der Trainerfrage und mit Blick auf einen Kader, der tatsächlich aufsteigen könnte. Bodes Rückzug alleine ist keine gute Nachricht. Bleiben echte Erfolgsmeldungen aus, könnte der erhoffte Aufbruch so danebengehen wie die „Es-darf-kein-Weiter-so-geben“-Kampagne vor einem Jahr.