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Taktikanalyse Lehrstunde für Werder: Darum ging die Partie gegen Stuttgart verloren

Der VfB Stuttgart trat gegen Werder Bremen so auf, wie sich das Werder-Fans von ihrem Verein wünschen. Werder konnte kaum mit dem technisch wie taktisch anspruchsvollen Fußball der Stuttgarter mithalten
03.12.2023, 12:46 Uhr
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Von Tobias Escher

Der VfB Stuttgart lebt den Traum eines jeden Werder-Fans. In den vergangenen Jahren mühte sich der VfB stets im Abstiegskampf. Noch in der Vorsaison konnten sie nur über die Relegation die Klasse halten. In der neuen Spielzeit hat Sebastian Hoeneß seine Mannschaft komplett auf links gedreht. Der VfB steht nicht nur tabellarisch auf einem Champions-League-Platz. Auch ihr Spielstil zählt zu den offensivsten und attraktivsten der Liga. Das ließen sie am 13. Spieltag Werder Bremen spüren.

VfB setzt auf Sturmduo

Werder-Coach Ole Werner nahm nach der 0:3-Niederlage gegen Bayer Leverkusen nur eine Änderung vor. Felix Agu begann auf der linken Seite anstelle von Olivier Deman. Werder begann die Partie in der altbekannten Mischung aus 3-4-3 und 5-3-2. In dieser Partie rückte Romano Schmid auf der halbrechten Seite nur selten nach vorne. Die meisten Zeit verteidigte Werder in einem kompakten 5-3-2.

Stuttgarts Coach Hoeneß stand vor einer taktisch anspruchsvollen Aufgabe: Top-Torjäger Serhou Guirassy meldete sich wieder fit. Sein Ersatzmann Deniz Undav hatte zuletzt aber überzeugt. Hoeneß wollte ihn nicht auf die Bank setzen – und stellte einfach beide Stürmer auf. Das Stuttgarter System veränderte sich von einem 4-2-3-1 zu einem 4-4-1-1, wobei Undav die etwas tiefere Rolle im Sturm übernahm.

In den ersten Minuten konnte Werder die Partie noch ausgeglichen gestalten. Die Bremer versuchten, den VfB über die Flügel zu knacken. Im Spielaufbau suchten sie häufig die linke Seite. Von dort wollten sie das Spiel auf den gegenüberliegenden Flügel verlagern. Mitchell Weiser bot sich dort an. Stuttgart reagierte auf Werders Breite im Spiel: Silas schob auf eine Höhe mit der Viererkette, sodass letztlich fünf Spieler in der letzten Linie verteidigten. Im 5-3-2 konnte der VfB die gesamte Breite des Felds abdecken.

Dominante Hausherren

Spätestens nach einer Viertelstunde übernahmen die Hausherren das Kommando. Der VfB sammelte nun deutlich mehr Ballbesitz als Werder. Zur Pause lag ihr Wert bei 60%. Langsam, aber sicher traten die Stärken der Stuttgarter zum Vorschein. Unter Hoeneß verfügen sie über einen technisch wie taktisch anspruchsvollen Spielaufbau. Mit kurzen Pässen locken sie den Gegner heraus, um anschließend die Räume im Mittelfeld zu bespielen.

Werder tat dem VfB zwar nur selten den Gefallen, früh zu stören. Dafür kam der VfB auf anderem Wege zu Torchancen. Besonders ihr Gegenpressing stach hervor: Nach Ballverlusten setzte der VfB wuchtig nach. Die Außenverteidiger postierten sich weit im Zentrum. Sobald Werder das Stuttgarter Pressing über Leonardo Bittencourt oder Romano Schmid umspielen wollte, schnappten sich Stuttgarts Außenverteidiger den Ball. So kam der VfB häufig im zweiten Anlauf zu Möglichkeiten.

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Ein weiterer Schlüsselfaktor war die Positionierung der Stuttgarter Doppelsechs. Hoeneß hatte auf Angelo Stiller verzichtet. Er agiert sonst als Spielmacher und Anker vor der Abwehr. Stattdessen begann Enzo Millot auf der Doppelsechs. Er interpretierte seine Rolle offensiver. Immer wieder bot er sich in der Lücke hinter Schmid an. Sobald dieser zum Pressing überging, stand Millot dahinter frei. Der VfB kombinierte sich mit flachen Pässen durch, bis Millot den Ball bekam.

Bremens Glück ist die Stuttgarter Chancenverschwendung

Große Probleme hatte Werder mit der Geschwindigkeit der Stuttgarter Stürmer. Sobald Millot oder der zurückfallende Undav auf die Kette zuliefen, starteten die übrigen Stuttgarter Angreifer in die Tiefe. Werders Abwehr nahm diese Läufe zu spät auf oder kam schlicht nicht hinterher. Immer wieder kam der VfB nach Schnittstellenpässen zu Chancen.

Offensiv fand Werder kaum statt. Das lag zum Einen am starken Stuttgarter Gegenpressing. Zum Anderen fehlte Werder aber auch Tempo und Ideen, um vor das gegnerische Tor zu gelangen. Die einzigen echten Chancen gab es, sobald Werders Verlagerungen auf Weiser glückten. Das geschah jedoch nur zweimal in den ersten sechzig Minuten.

Dass Werder lange von einem Punktgewinn träumen konnte, lag einzig an der schlampigen Chancenverwertung der Gastgeber. Schon zur Pause hätte der VfB deutlich führen können. Immer wieder tauchten Undav und Guirassy allein vor dem Tor auf. Gerade Letzterer zeigte sich ungewohnt fahrig im Abschluss. Erst in der 75. Minute konnte der VfB per Elfmeter das vorentscheidende 2:0 erzielen. Das Schussverhältnis zu diesem Zeitpunkt: 19:3 für den VfB, wobei es nach Schüssen auf das Tor gar 6:0 stand.

Fazit: Werder wäre gerne wie der VfB

In der Schlussviertelstunde kam Werder immerhin noch zu neun Schüssen, von denen drei auf den Kasten gingen. Coach Werner hatte mit Justin Njinmah (63., für Marvin Ducksch) Tempo eingewechselt. Vor allem Rafael Borré tat sich in dieser Phase hervor mit seinen Sprints in die Tiefe. Dass Werder endlich ins Spiel fand, lag aber vor allem an Gegner. Der VfB zog sich im 5-4-1 zurück, störte kaum mehr und ließ Werders Abwehr die Chance, Pässe in die Tiefe zu spielen.

Die Schlussphase kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Stuttgart die Partie über weite Strecken nach Belieben dominierte. Nicht nur taktisch fand Werder keinen Zugriff. Das flache Passspiel der Stuttgarter präsentierte sich technisch ausgereifter. Werder-Fans träumen davon, dass ihre Mannschaft auch einmal so kombiniert wie der frühere Abstiegskonkurrent aus dem Schwabenland. Davon ist Werder derzeit aber weit entfernt. Für sie heißt die Realität weiterhin Abstiegskampf.

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