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Transferbilanz Es gibt ein Werder nach Niclas Füllkrug

Werder erlebte ein hektisches Transfer-Finale. Der Füllkrug-Abgang bietet aber auch Chancen: Ein neuer Geist im Team, mehr Optionen für den Trainer und die Förderung junger Spieler, meint Jean-Julien Beer.
04.09.2023, 05:00 Uhr
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Es gibt ein Werder nach Niclas Füllkrug
Von Jean-Julien Beer

Lange Zeit war es in diesem Sommer ruhig beim SV Werder, man könnte auch sagen: viel zu lange. Die aus wirtschaftlichen Gründen notwendigen Spielerverkäufe kamen über Wochen und Monate nicht zustande, weshalb sich die Verpflichtung neuer Spieler mangels Geldes immer wieder zerschlug. Kurz vor Transferschluss ging dann alles so schnell, dass es für Außenstehende eher hektisch wirkte als besonnen und kontrolliert.

Das passt eigentlich nicht zu Werder. Aber es verdeutlicht, wie ernst die Lage immer noch ist. Der Verein war finanziell nicht handlungsfähig – primär aus zwei Gründen: Die Schulden aus der Abstiegs- und Pandemiezeit lasten schwer, und es fehlte im Vergleich zu Vereinen wie dem VfB Stuttgart oder dem SC Freiburg an Kandidaten im Kader, die für hohe Summen transferiert werden konnten. Andere Klubs verschafften sich so Kapital und Vorteile auf dem Transfermarkt. Werder hingegen musste lange warten, bis jemand einen Spieler kaufen wollte. Dieses Dilemma resultiert noch aus der durchwachsenen Personalplanung der vergangenen Jahre.

Die Manager Frank Baumann und ­Clemens Fritz steckten in der Klemme: Ohne das Geld aus Verkäufen konnten sie ihre vorbereiteten Personalien nicht umsetzen, zudem sollten sie viele Millionen zur Aufbesserung der Bilanz erwirtschaften. Dass man dafür den besten Mann verkaufen musste, Niclas Füllkrug, ist sportlich ein Verlust und war wirtschaftlich ernüchternd: Es ist den Fans kaum zu vermitteln, dass man für den Mittelstürmer der Nationalmannschaft und Torschützenkönig 20 Millionen Euro forderte, aber rund 14 Millionen plus Zuschläge aus Dortmund erhielt. Im Vergleich dazu war es ein Coup, für den Ersatzspieler Ilia Gruev 6,5 Millionen Euro aus England kassiert zu haben.

Bei hektischen Transferbewegungen unter Zeitdruck liegen Pech und Glück oft dicht beieinander. Die Erfolgsquote bei den kurzfristig geholten Neuzugängen lässt sich erst nach einigen Monaten seriös einschätzen. Was man aber schon sagen kann: Es gibt ein Werder nach Niclas Füllkrug. Nach den Eindrücken beim großartigen 4:0 gegen Mainz könnten andere Spieler aufblühen und mehr Verantwortung übernehmen. Gut möglich, dass der erste Sieg dieser Saison auch der wichtigste war. Denn er wirkte so befreiend wie beruhigend nach den Turbulenzen zum Ende des Transfersommers.

Durch die drei Punkte steht Werder nicht mehr am Tabellenende. Mehr noch: Ohne den allgegenwärtigen Füllkrug könnte ein neuer Geist im Team entstehen. Der Auftritt der Mannschaft war erfrischend. Stammkräfte wie Jens Stage oder Romano Schmid scheinen bereit, selbst die Akzente zu setzen.

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Baumann hält Werders neuen Kader für ausgewogener als zuletzt. Darüber kann man diskutieren – am Ende wird aber ohnehin die Tabelle zeigen, ob Werders Kadermanagement in diesem Sommer wettbewerbsfähig war.

In der Spitze ging durch Füllkrug viel Qualität verloren, in der Breite bieten sich aber mehr Optionen für Ole Werner. Der Trainer spielt jetzt in zweierlei Hinsicht eine wichtige Rolle: Einerseits können sich die neuen Spieler nur optimal entwickeln, wenn man sie auch aufstellt; bisher neigte Werner dazu, lieber seinen Aufstiegshelden zu vertrauen. Das 4:0-Spektakel mit dem nimmermüden Dawid Kownacki, den eingewechselten  Justin Njinmah und Nick Woltemade sowie dem auch bei Kurzeinsätzen dirigierenden Senne Lynen dürfte aber auch Werner gefallen haben.

Der Trainer ist zudem gefordert, die jüngeren Spieler nachhaltiger zu fördern. Denn Werder wird auch in den nächsten Jahren hohe Transfererlöse erzielen müssen, um über die Runden zu kommen. Bisher genießt noch kein Spieler den Ruf, bei einem Verkauf an die Dimensionen Füllkrugs heranzukommen. Im besten Fall ist Bremen für Toptalente wie Njinmah oder Woltemade fortan keine Karrierefalle mehr, sondern ein Sprungbrett. Das Publikum würde den Einsatz junger Spieler honorieren, das zeigte sich gegen Mainz eindrucksvoll. Natürlich sind dann ebenso die Spieler gefragt, ihre Einsatzzeit auch gegen stärkere Gegner zu rechtfertigen.

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