Vor dieser Saison hätte man mit Blick auf Werder Bremen und Bayern München durchaus erwarten können, dass der eine Verein in Schwierigkeiten gerät und der andere nicht. Und dass der eine im Frühjahr verzweifelt den Trainer wechselt und am Saisonende wohl auch noch das Management austauscht, während der andere Verein ohne Trainerwechsel auskommt und den besten Torschützen der Liga stellt. Man hätte nur nicht gedacht, dass der kriselnde Verein Bayern München heißt und der mit dem Spitzenstürmer Werder Bremen.
Zwar wird das Duell dieser beiden am Wochenende nicht auf Augenhöhe ausgetragen, wie es in früheren Jahrzehnten üblich war. Es ist aber dennoch reizvoll. Denn obwohl hier ein Aufsteiger gegen den Rekordmeister spielt, haben die Bremer etwas, was die Bayern sich wünschen: den besten Sturm der Liga. Niclas Füllkrug führt mit 16 Treffern die Torschützenliste an, Marvin Ducksch traf schon zwölfmal. Das sind die Münchner nicht mehr gewöhnt: Jahrelang brach ihr Torjäger Robert Lewandowski alle Rekorde, bis er nach Barcelona wechselte. Dass seine Tore nun fehlen, ist keine höhere Mathematik – trotzdem wurden die Münchner von dieser Erkenntnis kalt erwischt.
Wenn ein Verein wie Werder einen Spieler hat, der Bayern helfen könnte, endet das oft mit einem Wechsel. Auch bei Füllkrug ist der FC Bayern für alle Beteiligten eine sinnvolle Transferoption, auch wenn das viele Werder-Fans schmerzt. Die Bremer brauchen aus wirtschaftlichen Gründen hohe Transfereinnahmen, die im Raum stehenden 20 bis 25 Millionen Euro Ablöse wären für Bayern kein Problem. Die Münchner bekämen einen echten Mittelstürmer, der neben seinen fußballerischen Qualitäten und dem Torinstinkt vor allem Mentalität und Biss mitbringt. Beides fehlt ihnen. Wie sehr Füllkrug ein Team auch auf hohem Niveau mitreißen kann, bewies er bei der Nationalmannschaft.
Viele Vorteile für Füllkrug
In der Münchner Gerüchteküche steht dieser Wechsel mal knapp bevor und ist mal nicht geplant. Aber das sind Meldungen ohne Wert, so lange nicht mal geklärt ist, wer bei Bayern den Kader für die neue Saison überhaupt plant. Für Füllkrug würde eine Zukunft in München jedenfalls viele Vorteile bringen und nur zwei Nachteile.
Die Vorteile: Neben der Aussicht auf Titel würde er mit dem halben Nationalteam spielen und im Strafraum zuverlässig mit Vorlagen versorgt. Er könnte in der Champions League auflaufen und einen enormen Gehaltssprung machen. Man darf nicht vergessen, dass Füllkrug bei der Weltmeisterschaft wohl der am schlechtesten bezahlte deutsche Spieler war. Zudem würde er in München von der besten medizinischen Versorgung profitieren, die schon beim einst ebenfalls oft verletzten Arjen Robben Wunder wirkte. So reizvoll der englische Fußball sein mag: Nach seinem Verletzungspech muss Füllkrug auf seinen Körper achten. Nirgendwo hätte er ein härteres Programm mit mehr Spielen als in England.
Nun zu den Nachteilen: Anders als bei Werder wäre Füllkrug bei Bayern nicht gesetzt. Erst recht nicht, wenn dort noch ein Stürmer kommt. Füllkrug hat nun angekündigt, sich auch mit Bundestrainer Hansi Flick zu beraten. Dabei geht es auch darum, ob es fürs Nationalteam reicht, wenn er bei einem Topklub nicht jedes Spiel macht, aber auf höchstem Niveau trainiert. Ein Jahr vor der Europameisterschaft in Deutschland will so ein Wechsel ohnehin gut überlegt sein: Im Moment ist Füllkrug im Nationalteam gesetzt. Landet er bei seinem künftigen Klub auf der Bank, wäre der Status gefährdet.
Diese Gefahr besteht bei Vereinswechseln immer. Füllkrug hat mit sechs Toren in sechs Länderspielen aber nachgewiesen, dass er auf höchstem Niveau spielen kann. Ohne seine Verletzungen wäre er schon längst in der Champions League. Jetzt ist er mit 30 Jahren recht günstig zu haben: Für 20 bis 25 Millionen Euro bekäme Bayern ja nicht mal ein Bein von Tottenhams Topstürmer Harry Kane, der auch in München gehandelt wird. So eine Chance darf man sich eigentlich nicht entgehen lassen. Andererseits hat Bayern in den vergangenen Monaten schon ganz andere Fehler gemacht…