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Werders Perspektiven Der Klassenerhalt bleibt auch in Zukunft knifflig

Werders Strategie ging auf und wurde mit dem Verbleib in der Bundesliga belohnt. Doch es gibt Warnsignale, die man nicht übersehen darf, meint Jean-Julien Beer.
01.06.2023, 21:32 Uhr
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Der Klassenerhalt bleibt auch in Zukunft knifflig
Von Jean-Julien Beer

Ein Detail am Rande sagt viel darüber aus, wie die sportliche Bilanz des SV Werder in diesem Jahr zu bewerten ist: Erstmals seit der Saison 2019/20 kam der Verein wieder ohne einen Trainerwechsel aus, es lief also mal nach Plan. Wobei dieser Plan auch nicht zu ehrgeizig war: Bitte in der Bundesliga bleiben, das war die Vorgabe für Trainer Ole Werner. Das war schon knifflig genug, weil Werder weniger finanzielle Möglichkeiten hat als viele Konkurrenten und deshalb auch nicht über einen so starken Kader verfügt wie andere Klubs.

Gemessen daran war es eine stabile Saison. Die Bremer waren nie in akuter Abstiegsgefahr und setzten bei der Saisonplanung auf die richtige Strategie: Sie hielten – im Gegensatz zu den enttäuschenden Schalkern – ihre Aufstiegsmannschaft zusammen und verwendeten ihr geringes Budget lieber für eine starke erste Elf, als für einen breiteren, aber in Summe schwächeren Kader. Damit holten sie frühzeitig mehr Siege als die Konkurrenz im Tabellenkeller.

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Dass dieser Weg von vielen Fans und Beobachtern kritisch begleitet wurde, liegt in der Vergangenheit begründet. Durch den Abstieg und die vielen Fehleinschätzungen vor dem Gang in die zweite Liga ist eine Menge Vertrauen verloren gegangen. Hätte man damals das grün-weiße Volk entscheiden lassen, wäre die Bremer Vereinsführung heute nicht mehr im Amt. Doch Werders scheidender Aufsichtsrat scheute eine solche Entscheidung. Wie das bei anderen Klubs im Profifußball läuft, zeigt gerade der FC Bayern. Werder ist auch hier anders. Und dass es gut ging, ist ein Beleg dafür, dass man sehr wohl auch den Bremer Weg gehen kann.

Jedenfalls sind den Entscheidern im Verein wichtige Schritte in die richtige Richtung gelungen – durch den Aufstieg, aber auch durch das wirtschaftliche Überleben in der Pandemie. Aber: Werder ist heute ein anderer Verein als vor dem Abstieg. Eine nie gekannte Schuldenlast beschränkt die Möglichkeiten jetzt und in Zukunft. Statt der Träume vom Europapokal, die im Sommer 2019 reiften, geht es in absehbarer Zeit nur noch darum, einen erneuten Abstieg zu verhindern. Nur außergewöhnliches Glück und Geschick auf dem Transfermarkt könnten daran etwas ändern.

Inzwischen ist Füllkrug eine Kategorie von Stürmer, den sich die Bremer im Prinzip nicht mehr leisten können.

Dass Werder viele positive Schlagzeilen lieferte, lag primär an Niclas Füllkrug: Im Nachhinein hat der Verein mit dem Kauf dieses Stürmers im Sommer 2019 alles richtig gemacht, auch wenn schwere Verletzungen und der Abstieg die Freude über diesen Transfer lange trübten. Als Typ und als Torjäger wurde er zum Gesicht des Vereins, sein Aufstieg zum Nationalstürmer und WM-Torschützen färbte positiv auf Werder ab. Inzwischen ist er eine Kategorie von Stürmer, den sich die Bremer im Prinzip nicht mehr leisten können, zumal sie wirtschaftlich zu Spielerverkäufen gezwungen sind. Selbst wenn Füllkrug bliebe – niemals könnte ihm Werder ein Umfeld bieten, in dem viel mehr möglich wäre als eine stabile Saison in der unteren Tabellenhälfte.

Denn auch wenn sich Werder gerade verändert und mit dem Sportartikelhersteller Hummel einen neuen Ausrüster sowie mit der Firma Matthäi einen neuen Trikotsponsor hat, darf man die Augen nicht vor der Realität verschließen: Im Verdrängungswettbewerb Bundesliga wird der Verein zunehmend an den Rand geschubst. Sportpolitisch spielt Werder im deutschen Fußball schon länger nur noch eine Nebenrolle, und sportlich wird es nicht einfacher.

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Die gerade beendete Saison liefert Warnhinweise, wie knapp der Klassenerhalt war. Werder belegt in der Rückrundentabelle nach nur einem Sieg aus den letzten zwölf Spielen einen Abstiegsplatz. In der Heimtabelle rangiert die Mannschaft sogar auf dem letzten Platz, trotz der Unterstützung der Fans im vollen Weserstadion. Das sind, objektiv betrachtet, Zahlen eines potenziellen Absteigers. 63 Gegentore sind auch nicht gut. Wenn Leistungsträger diese Mannschaft aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, beginnt schon mit dem ersten Spieltag der neuen Saison der Kampf um den Klassenerhalt. Bitte irgendwie drin bleiben – das könnte erneut eine knifflige Aufgabe werden.

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