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Werder-Kolumne Füllkrug darf nicht zum Problem werden

Niclas Füllkrug ist für Werder Bremen die zentrale Personalie in diesem Sommer. Für den Verein wäre es wichtig, wenn sein möglicher Transfer keine Hängepartie wird, meint Jean-Julien Beer.
22.05.2023, 18:30 Uhr
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Füllkrug darf nicht zum Problem werden
Von Jean-Julien Beer

Zweimal ging das zuletzt gut zwischen Werder und Niclas Füllkrug. Und beide Male, sowohl im Transfersommer 2021 als auch 2022, war das nicht selbstverständlich. Das sollte man nicht vergessen, wenn es nun ein drittes Mal heißt: Bleibt oder geht Füllkrug?

2021 war der Sommer, als niemand bei Werder wusste, wer am nächsten Tag noch da sein würde. Der Verein war abgestiegen und brauchte dringend Geld. Kein Profi war unverkäuflich. Auch Füllkrug, das hat er später erzählt, wusste nicht, was aus ihm wird. Sehr früh hatte er sich trotz des Abstiegs zu Werder bekannt, mit einer typischen Begründung: Es sei ihm doch egal, ob er seine Tore in Dortmund oder Sandhausen schieße – wichtig sei nur, dass er welche mache. Doch weil Werder dringend Transfererlöse brauchte, hätte auch Füllkrug verkauft werden können. Die Ungewissheit, wie es weitergeht, tat ihm nicht gut. Wochenlang traf er in der zweiten Liga anfangs gar nichts, er verlor sogar seinen Platz im Team. Doch dann schoss er Werder mit 19 Toren und acht Vorlagen zurück in die Bundesliga – welch ein Glück, dass Werder ihn nicht verkauft hatte.

Nach dem Aufstieg, im Sommer 2022, stand wieder die Frage im Raum, wie es mit Füllkrug weitergeht. Sein Vertrag lief nur noch ein Jahr, so gesehen war es Werders letzte Chance, ihn zu verkaufen, um ihn nicht ablösefrei zu verlieren. Doch wieder war es Füllkrug, der sich früh positionierte: Er wolle unbedingt verlängern und dafür auf Geld verzichten. Er nannte das „sehr loyal“ gegenüber seinem Verein, für den er schon als Teenager spielte. Schon im Juli, lange vor Saisonbeginn, einigte man sich auf einen Vertrag bis 30. Juni 2025, ab Sommer 2023 zu geringeren Bezügen. Füllkrug war es wichtig, diesmal zum Ligastart Klarheit zu haben und sich auf den Fußball konzentrieren zu können. Dafür stimmte er einer Gehaltskürzung um rund 30 Prozent zu. Füllkrug sagte den bemerkenswerten Satz: „Wir verdienen als Fußballer bei Werder alle genug Geld, um unsere Familien zu ernähren und ein tolles Leben führen zu können – deshalb bin ich dankbar und demütig.“

Spieler, die trotz einer baldigen Gehaltskürzung konstant Topleistung abliefern, sind wie ein Geschenk - für den Verein, aber auch für das Image der Branche.

Und wieder lieferte er ab, schoss sich an die Spitze der Torjägerliste und ins Nationalteam, er flog sogar zur Weltmeisterschaft und traf auch dort. Es gibt Spieler, die nach fetten neuen Verträgen keine Leistung mehr bringen, im Profifußball ist das ein leidiges Thema. Spieler hingegen, die trotz einer baldigen Gehaltskürzung konstant Topleistung abliefern, sind wie ein Geschenk – für den Verein, aber auch für das Image der Branche.

Mit dem Wissen von heute war das zwar keine glückliche Aktion, ausgerechnet diesem Stürmer und Anführer das Gehalt zu kürzen. Andererseits: Jetzt läuft Füllkrugs Vertrag nicht mehr aus, wer ihn haben möchte, muss einiges bezahlen.

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Für Füllkrug wird es nun viele Angebote geben, aus der Bundesliga und aus dem Ausland. Er hat sich das verdient, durch seine Tore und durch sein loyales Verhalten in den vergangenen Sommern. Werder braucht zudem hohe Transfereinnahmen. Schon bis 30. Juni wären Einnahmen durch Spielerverkäufe wichtig, um die Bilanz des dann endenden Geschäftsjahres positiv zu gestalten.

Bleibt er, wäre das zwar sportlich und für die Fans wichtig – aber wer aus diesem Kader sollte dann die Kasse füllen?

Mit Füllkrug würde sich genug Geld verdienen lassen, um auch trotz der Schuldenlast handlungsfähig zu bleiben. Bleibt er, wäre das zwar sportlich und für die Fans wichtig – aber wer aus diesem Kader sollte dann die Kasse füllen? Die festgeschriebenen sieben Millionen für Ducksch würden kaum ausreichen. Bei Weiser und Stage könnte was gehen, vielleicht bei Stark – und dann wird es schon dünn.

Das Dilemma bei Füllkrug hat Clemens Fritz vergangene Woche eher beiläufig benannt: „Wir wissen nicht, was passiert.“ Auch Füllkrug selbst betont, noch keine Idee oder gar einen Plan zu haben. Doch die Personalie Füllkrug darf in diesem Sommer nicht zu einem Problem werden. Der schlimmste Fall für Werder wäre, wenn ein Verkauf des besten Mannes auch im Juli oder August noch ungeklärt im Raum stünde, weil in England, Spanien und Italien traditionell erst spät eingekauft wird. Einen halbwegs guten Ersatz zu finden, wäre für Werder dann kaum möglich. Zudem wäre irgendwann der Zeitpunkt gekommen, an dem andere verkauft werden müssten, um die Finanzen im Griff zu behalten.

Füllkrug selbst, davon kann man ausgehen, hätte gerne wieder früh Klarheit. Und am liebsten würde er bleiben. Geht er aber doch, wäre das für Werder ein beachtlicher Erfolg: Genau das war ja der Plan, als man Füllkrug 2019 verletzt aus Hannover holte. Man wollte ihn wieder aufbauen, im besten Fall zum Nationalspieler machen und dann für einen zweistelligen Millionenbetrag verkaufen. Natürlich: Sportlich und menschlich wäre er nicht gleichwertig zu ersetzen. Das aber scheint eine neuere Erkenntnis zu sein – sonst hätte man ihm niemals das Gehalt kürzen dürfen.

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