Zum Abschluss des Jahres haben die Profis des SV Werder Bremen noch einmal alles gegeben. Gegen den klaren Favoriten RB Leipzig alles in die Waagschale geworfen und den Champions-League-Teilnehmer ordentlich geärgert. Am Ende schnappten sich die Bremer durch ein 1:1 (0:0) ein weiteres, aber nicht unbedingt erwartetes Pünktchen auf dem steinigen Weg zum anvisierten Klassenerhalt. Und dabei überwand die Mannschaft allerlei Widerstände.
Werders Aufstellung hatte vor der Partie für großes Erstaunen gesorgt. In der Abwehr war Cheftrainer Ole Werner gleich zweifach zum Handeln gezwungen, da sowohl Milos Veljkovic (Schlag aufs Knie/Leistenprobleme) als auch Niklas Stark (Schlag auf die Hüfte) nicht rechtzeitig fit wurden und nicht einmal im Kader standen. So rückte der wiedergenesene Kapitän Marco Friedl in die Zentrale der Dreierkette, neben ihm verteidigte nicht nur Anthony Jung, sondern aus Mangel an Alternativen auch Routinier Christian Groß. „Vielleicht wird es ein bisschen dauern, bis sich alles gefunden hat“, prognostizierte der Bremer Coach unmittelbar vor der Partie am „Sky“-Mikrofon, „aber die Jungs genießen unser volles Vertrauen und haben alle schon gute Spiele für uns gemacht“.
Ole Werner setzt gegen Leipzig auf Tempo
Im Mittelfeld verzichtete Werner zudem überraschend auf Romano Schmid, der im Laufe der bisherigen Hinrunde abgesehen vom ersten Spieltag immer in der Startelf gestanden hatte. Auf dem linken Flügel wurde auch wieder einmal getauscht, der etwas schnellere Felix Agu erhielt gegen flinke Leipziger den Vorzug vor Olivier Deman. Und apropos Geschwindigkeit: Justin Njinmah durfte sich zum zweiten Mal in dieser Spielzeit von Beginn an beweisen – jedoch nicht anstelle von Rafael Borré oder Marvin Ducksch, sondern gemeinsam mit dem gesetzten Bremer Sturmduo. Das alles klang reichlich forsch. „Wir wollen etwas mehr Tempo auf den Platz bringen in der Erwartung, dass wir gegen eine Spitzenmannschaft spielen, die etwas mehr vom Spiel haben wird und gegen die es auch um Umschaltmomente gehen wird“, erklärte Werner, während Sportchef Frank Baumann kurz vor dem Anpfiff forderte: „Wir müssen von der ersten bis zur letzten Minute in allen Bereichen an unser Limit kommen, um gegen solch eine Topmannschaft bestehen zu können. Wir wollen mutig sein, die Räume klein halten und müssen dann auch in die Zweikämpfe kommen, um im eigenen Ballbesitz unsere Chance nach vorne zu suchen.“

Felix Agu im Zweikampf mit Benjamin Henrichs.
Nach eigenen Möglichkeiten musste Baumann allerdings lange Ausschau halten. Immerhin: Die Räume waren tatsächlich recht eng. Erwartungsgemäß übernahmen die Sachsen zwar direkt die Spielkontrolle, taten sich aber schwer, für Gefahr zu sorgen. Erst durch einen Abwehrfehler von Jung tauchte Xavi in guter Position vor Werder-Keeper Michael Zetterer auf, verzog aber (20.). Keine 60 Sekunden später gab es dann auf der Gegenseite den ersten Bremer Abschluss, Geburtstagskind Leonardo Bittencourt traf den Ball aber nicht sauber und verfehlte das Ziel aus rund 20 Metern deutlich (21.). Dann war wieder Xavi an der Reihe, der junge Niederländer stellte Zetterer mit seinem Distanzschuss aber nur bedingt vor Schwierigkeiten (23.). Kurz darauf unterlief Agu ein eklatanter Ballverlust, sodass Leipzigs Benjamin Henrichs blitzschnell vor das Tor zu Yussuf Poulsen passte, doch Zetterer konnte klären (31.).
Werder hätte zu diesem Zeitpunkt also durchaus zurückliegen können – und legte danach eine echte Drangphase hin. Erst verpassten direkt hintereinander Njinmah und Borré per Kopf die Führung (32.), Sekunden später vergab Borré kläglich eine Topgelegenheit nach einem krassen RB-Fehler im Aufbauspiel. Weitere zwei Minuten danach brachte eine Njinmah-Hereingabe auf Ducksch nicht den gewünschten Erfolg, ehe Jens Stage für die negative Krönung des Chancenwuchers sorgte. Der Däne stand nach einer herrlichen Flanke von Bittencourt völlig frei am langen Pfosten, hatte ganz viel Zeit, setzte den Ball aber volley weit über den Kasten (35.). Keine Frage: Inzwischen hätten die Bremer führen müssen.
Erst nach 38 Minuten zeigten sich auch die Gäste mal wieder, ein Schuss von Lois Openda strich aber knapp über die Latte. Wenig später lag der Ball dann im Netz, weil ein Abschluss des völlig unbedrängten Amadou Haidara erst am Pfosten landete und Poulsen den Abpraller einköpfte. Letzterer stand beim vorherigen Schuss aber ganz knapp im Abseits, weshalb der Video-Assistent eingriff, den Treffer wieder einkassierte (41.) und es doch mit einem torlosen Remis in die Pause ging.
Leipzig trifft direkt nach dem Seitenwechsel

Marco Friedl und Anthony ärgern sich über das 0:1, im Hintergrund liegt Christian Groß machtlos auf dem Rasen.
Nach dem Seitenwechsel dauerte es keine zwei Minuten, ehe Werder dann doch zurücklag. Christian Groß stellte sich nach einem weiten Ball der Leipziger alles andere als geschickt bei der Zweikampfführung gegen Openda an – zweimal bügelte Zetterer diese Nachlässigkeit noch aus, im dritten Versuch gelang Openda dann aber der Treffer (47.). Und RB blieb am Drücker, ein Schuss von David Raum wurde gerade noch ans Außennetz zur Ecke gelenkt (50.). Die Bremer bemühten sich um eine passende Antwort, nach einem feinen Dribbling von Borré entschärfte Gäste-Keeper Janis Blaswich aber die Situation (55.) Augenblicke später probierte es Ducksch mit einem Schlenzer, setzte den Ball aber auf die Latte. Doch auch der Tabellendritte blieb gefährlich. Erst musste Zetterer gegen Openda zupacken (59.), nach einem bösen Fehlpass von Stage behauptete sich der Keeper abermals im Duell mit dem Belgier (68.).
Eine Viertelstunde vor dem Ende durften die mitfiebernden Werder-Fans schließlich jubeln. Nach einem langen Ball von Jung legte Ducksch clever mit der Brust auf Stage ab, der wiederum Njinmah bediente. Der Youngster wurde im Rückraum nicht richtig angegriffen und traf aus 20 Metern herrlich und unhaltbar mit dem linken Fuß zum verdienten Ausgleich (75.). Beide Teams probierten in der Schlussphase noch einmal alles, um doch noch drei Punkte mit in die Winterpause zu nehmen. Für die Leipziger probierte es in der Nachspielzeit Haidara noch einmal, doch der starke Zetterer war auch dieses Mal zur Stelle und hielt das Remis fest. Eine Remis, das sich Werder redlich verdient hatte.