SV Werder Bremen gegen den FC Schalke 04, im ausverkauften, im brodelnden und erwartungsfrohen Weserstadion – das ist natürlich in erster Linie ein Fußballspiel. Aber es ist auch eine Zeitreise. Zurück in eine Vergangenheit, in der es beiden Clubs so viel besser ging. Muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: 104 Bundesligaduelle verbinden Werder und Schalke, nur sechs Paarungen gab es öfter. Nun also das erste Aufeinandertreffen im Unterhaus, bei dem das Etikett „2. Liga“ wie ein Fremdkörper wirkt. „Ja, es wird ein ganz besonderes Spiel“, betont Werders Trainer Markus Anfang, der der Fußballromantik aber nicht mehr einräumt als genau diesen einen Satz.
Nach dem späten und entsprechend euphorisch bejubelten 2:1-Erfolg in Nürnberg möchte Werder aus einem zarten Aufschwung eine Siegesserie machen. „Ich habe das Gefühl, dass die Jungs jetzt nachlegen wollen“, berichtet Anfang, der die beiden vorangegangenen Unentschieden gegen Sandhausen (2:2) und St. Pauli (1:1) gemeinsam mit dem Nürnberg-Spiel zu einem „positiven Trend“ vermengt, „der uns gegen Schalke Rückenwind geben kann“.
Heimsieg könnte Werder in der Tabelle nach oben katapultieren
Bei einem Heimsieg würde Werder nach Punkten mit dem Gegner gleichziehen, was einerseits starke Signalwirkung hätte, andererseits aber auch tabellarisch einen großen Schritt nach oben bedeuten würde – quasi eine Position im Windschatten des Aufstiegsrennens. Anfang hatte bereits zu Wochenbeginn erklärt: „Für uns ist es wichtig, mal ein paar Wochen hintereinander immer in die Punkte zu kommen. Diese Chance haben wir jetzt, und wir müssen sie nutzen.“ Gegen eine Schalker Mannschaft, die zuletzt einige Probleme hatte. „Die Schalker wissen auch, dass die Saison kein Selbstläufer wird“, sagt Anfang über den Gegner, der zuletzt zweimal in Folge in der Liga verloren hat (0:1 in Heidenheim und 2:4 gegen Darmstadt) und davor gegen Drittligist 1860 München aus dem DFB-Pokal geflogen war. Drei dicke Kratzer im Königsblau, denen Werder selbstredend liebend gerne eine vierten hinzufügen möchte. Die Anfangs Respekt vor Schalke aber kein bisschen kleiner gemacht haben.
„Da kommt ein Kaliber auf uns zu“, sagt der Trainer und setzt, wie zum Beleg seiner Einschätzung, zur großen Aufzählung an: Terodde, Latza, Zalazar, Bülter, Drexler, Palsson. Alle vor dieser Saison nach Gelsenkirchen gekommen, und alle „richtig gute Spieler“, wie Anfang festhält. Der 47-Jährige sieht auf Seiten der Schalker „einen Riesenvorteil im Vergleich zu Werder, weil der Verein schon sehr früh für die 2. Liga planen konnte“. Zur Erinnerung: Während der Bremer Abstieg erst am letzten Spieltag amtlich war, hatte es Schalke bereits am 30. endgültig erwischt, nachdem der Verein zuvor schon viele Wochen lang als nicht mehr zu retten gegolten hatte. Das frühe Scheitern als Starthilfe für die 2. Liga? Von der Hand zu weisen ist die These freilich nicht. Als beispielsweise Teroddes Wechsel zu Schalke Anfang Mai durchsickerte, träumte Werder unter Trainer Florian Kohfeldt noch von der Rettung in den letzten drei Spielen der Saison. Vergeblich.
In Bremen dauerte es in der Folge länger, sehr viel länger, ehe der Kader Konturen annahm, letztlich fertiggestellt war und sich eingespielt hatte. Nun, so die Hoffnung der Verantwortlichen, könnte die wahre Stärke der Mannschaft allmählich sichtbar werden. Einen viel besseren Gegner als Mit-Absteiger Schalke gibt es derzeit wohl nicht, um das eindrucksvoll unter Beweis zu stellen. Am Samstagabend, unter Flutlicht und in einem Weserstadion, das seine nostalgische Zeitreise liebend gerne mit einem Zweitliga-Heimsieg in der Gegenwart beenden würde.