In der vergangenen Saison gelang Werder Bremen der erste Sieg in der Allianz Arena seit 15 Jahren. In dieser Spielzeit blieb Werder in beiden Partien gegen Bayern München chancenlos – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Insgesamt zwei Schüsse gab Werder in 180 Minuten ab. Das 0:3 im Rückspiel war nach dem 0:5 im Hinspiel ein gnädiges Ergebnis: Nach Expected Goals hätten die Bayern am Freitagabend ebenfalls fünf Tore schießen können. Was macht Werder in dieser Saison gegen die Bayern falsch?
Der Plan: Konter über Njinmah
Das Spiel stand bereits vor dem Anpfiff unter schlechten Vorzeichen: Werder Bremen musste nicht nur die gesperrten Verteidiger Marco Friedl und Niklas Stark ersetzen. Auch Romano Schmid fiel verletzt aus. Co-Trainer Patrick Kohlmann vertrat an der Seitenlinie den ebenfalls gesperrten Chefcoach Ole Werner.
Werder versuchte, die zahlreichen Ausfälle ohne zu viele Wechsel aufzufangen. In der Abwehr ergänzten Milos Veljkovic und Amos Pieper die Fünferkette. Marco Grüll startete nominell im halblinken Mittelfeld. Statt im gewohnten 5-2-3 verteidigten die Bremer dieses Mal in einem 5-3-2. So sollte das Zentrum gestärkt werden.
Offensiv hatte sich Werders Trainerteam einen klaren Plan zurechtgelegt: Nach Ballgewinnen sollte der Gegenstoß auf der halblinken Seite beginnen. Grüll schob hier nach vorne, während der zentrale Stürmer Marvin Ducksch sich fallenließ. So wollte Werder die Bayern-Abwehr aus dem Zentrum ziehen. Auf halbrechts wiederum startete Justin Njinmah sofort in die Tiefe. Er sollte den langsameren Min-jae Kim abhängen.
Die Bayern haben die totale Dominanz
Kompakt verteidigen, das Zentrum verdichten, schnell kontern: So lautete der Matchplan von Werder Bremen. In der Praxis ging er selten auf. Die Dominanz der Bayern war derart erdrückend, dass Werder nicht ins Spiel fand. Im Spielaufbau agierten die Bayern etwas abwartender als sonst: Joshua Kimmich und Aleksandar Pavlovic ließen sich abwechselnd fallen. Sie erzeugten somit eine Drei-gegen-Zwei-Überzahl gegen Ducksch und Njinmah.
Aus diesem Aufbau heraus drückten die Bayern Werder nach und nach zurück. Immer wieder spielten die Gastgeber den Ball auf die Außen. Sobald Werder einige Meter weiter nach hinten verschob, folgte der Ball zurück ins Zentrum. Dort standen Kimmich und Pavlovic im Rückraum ungedeckt. Die Bayern spielten den Ball von links nach rechts und wieder zurück. Werder bekam kaum Zugriff. Schnell lag der Münchener Ballbesitzwert bei 75 %. Dabei sollte er bis zum Ende des Spiels auch bleiben.
Keine Entlastung
Werder gelang es nur selten, für Entlastung zu sorgen. Immer wieder scheiterten ihre Konteransätze bereits am Münchener Gegenpressing. Und wenn der flache Pass auf Ducksch kam, konnte er diesen nur selten verarbeiten.
Selbst im regulären Spielaufbau, etwa nach Abstößen oder Freistößen, war der Ball meist schnell wieder weg. Die Bayern stellten alle Anspielstationen mannorientiert zu. Im Hinspiel hatte Werder noch versucht, das Spiel trotz des hohen Pressings der Bayern flach zu eröffnen. Das ging beim 0:5 mächtig schief.
Dieses Mal griffen die Bremer sofort zum langen Ball zurück, wenn die Bayern in der gegnerischen Hälfte zum Zweikampf ansetzten. Diese langen Bälle gingen praktisch immer sofort wieder verloren. Auch aus diesem Grund konnten die Bayern ihren Ballbesitzwert derart in die Höhe schrauben.
Bayern spielt Werder müde
In der ersten Halbzeit konnten die Bremer immerhin für sich verbuchen, gut verteidigt zu haben. Gerade auf den Flügeln waren sie sehr wachsam: Wenn Bayern-Rechtsverteidiger Sacha Boey weit aufrückte, ließ sich Grüll auf die linke Seite fallen. Werder verteidigte dann mit sechs Mann in der letzten Linie und der FC Bayern konnte den Ball nicht mehr in die Breite spielen.
Auch auf die typischen Münchener Positionswechsel hatte Werder eine Antwort. Wenn sich Jamal Musiala aus dem Zentrum in Richtung rechter Flügel schlich, ließ sich Senne Lynen fallen. Er stockte in diesen Situationen die Abwehrkette auf. So konnten die Verteidiger auch immer wieder mannorientiert herausrücken, wenn sie etwa Harry Kane verfolgten.
Nach der Pause entdeckte der Rekordmeister die Schwächen im Bremer Spielansatz. Sie zogen nun Grüll gezielt aus der letzten Linie heraus und spielten den Ball auf Werders linker Seite früher in die Tiefe. Auch fanden sie vom Flügel besser zurück ins Zentrum. Da Lynen und Grüll häufig tief verteidigten, konnten die Bayern den einfachen Querpass vom Flügel ins Zentrum spielen. Hier stand Kimmich häufig frei. So leitete er auch den Elfmeter vor dem 1:0 durch einen seiner typischen Chip-Pässe ein.
Nichts zu holen für Werder
Der Führungstreffer (56.) beendete das Spiel faktisch. Werder konnte sich nicht mehr aufbäumen. Die Mannschaft hatte nicht nur mit einem übermächtigen Gegner, sondern auch mit zwei frühen Verletzungen zu kämpfen. So konnte Neuzugang André Silva den ausgewechselten Njinmah (52.) nicht eins zu eins ersetzen. Er kam wie Ducksch dem Ball entgegen. Durch die Herausnahme von Njinmah und Jens Stage (verletzt raus in der 43.) fehlte ein Spielertyp, der die Tiefe attackiert.
So konnten die Bayern gegen müde werdende Bremer das Ergebnis genüsslich nach oben schrauben. Die zweite Halbzeit spielte sich fast nur noch in und um den Bremer Strafraum ab. Ob Werder wieder viele Jahre auf einen Sieg in der Allianz Arena warten muss? Bremens Spiele gegen die Bayern in dieser Saison standen jedenfalls unter dem Motto: Das Imperium schlägt zurück!