Nachlassen gilt nicht für die Herren mit dem "W" auf dem Trikot - und zwar gleich doppelt nicht. Denn Werder ist noch nicht sicher nicht abgestiegen und, man glaubt es kaum, es gibt auch noch eine gar nicht so kleine Chance auf Europa.

Christian Stoll war langjähriger Stadionsprecher des SV Werder. Hier schreibt er im Wechsel mit Jörg Wontorra, Lou Richter, Oliver Reck und Anja Stahmann, was ihm im Bundesliga-Alltag und bei Werder aufgefallen ist.
Schauen wir doch erst einmal in den Keller. Die Lilien aus Darmstadt sind weg, so viel ist klar. An den 1. FC Köln mit jetzt erst 23 Punkten glauben auch nicht mehr die Allermeisten, wenngleich die Kölner noch zweimal in der Domstadt selbst spielen (gegen Freiburg und Union, beide schwächelnd) und nach Heidenheim müssen. Daraus fünf Punkte wären ein Optimum, kaum wahrscheinlich, und trotzdem zu wenig, selbst für die Relegation. Denn die dann erreichten 28 Punkte haben die „Meenzer“ jetzt schon, die noch in Heidenheim, daheim gegen den BVB und in Volkswagen-City auflaufen müssen. Einen Punkt wird Mainz noch holen und damit Relegation gegen den dritten Karnevalsverein, Fortuna Düsseldorf, spielen und verlieren.
Schlechte Stimmung beim Gegner Gladbach
Apropos Düsseldorf: Ich war dieser Tage gerade in Sachen Radsport dort in der Nachbarschaft unterwegs. Da beginnt eigentlich Gladbach-Land. Und ich habe dort selten eine so schlechte Stimmung erlebt. Die Borussia hat nach wirklich fabelhaften Jahren zuletzt fast allen Kredit verspielt. Und die meisten Alt-Fans, mit denen ich mich jetzt über den Zustand der Fohlen ausgetauscht habe, nennen folgende Gründe für den Niedergang am Niederrhein: Die Auswahl der Trainer nach dem Aus von Dieter Hecking und die schwache Position des Managers seit dem Weggang von Max Eberl. Gemeint ist damit auch die Zusammenstellung der Mannschaft und die allgemeine Verunsicherung nach dem Ende des quasi ewig währenden Vorsitzes von Rolf Königs, der gerade zum Ehrenpräsidenten gewählt wurde.
Nun also soll es Weltmeister Rainer Bonhof bei der Borussia als Präsident richten. „Wenn die Saison länger ginge, würden wir noch absteigen“, hörte ich im Gladbacher Umfeld immer wieder. So richtig gut drauf werden die Borussen also wohl nicht sein derzeit, aber was heißt das schon bei einer Truppe mit solchen Top-Spielern wie Elvedi, Weigl oder Plea. Vorsicht ist bei Werders Heimspiel gegen Gladbach also geboten, denn, Teil zwei, Werder kann theoretisch noch nach Europa und die Conference League erreichen. Da spielen gerade so berühmte Namen wie die Fiorentina, Olympiakos, der FC Brügge oder Aston Vila ums Finale.
Und wenn ich das Geraune aus den Tiefen des Weserstadions richtig verstehe, hat nicht nur der gute Marvin Ducksch eindeutig zur Attacke auf mindestens Platz acht geblasen; auch von Seiten des Vorstandes oder Geschäftsführung will niemand das kickende Personal davon abhalten, nach Höherem zu streben. Die schärfsten Konkurrenten dabei: Augsburg, Hoffenheim, Heidenheim. Und Werder hat dazu im Vergleich das deutlich leichtere Restspielprogramm, aber eben auch noch ein Delta von zwei Punkten. Na und? Man wird doch noch mal träumen dürfen...