Mit nur einem Sieg aus den ersten vier Spielen war der Saisonstart misslungen, das 2:4 gegen Aufsteiger Heidenheim ließ die Alarmglocken schrillen – doch mit einem 2:1-Heimsieg gegen den bis dato noch sieglosen 1. FC Köln hat der SV Werder Bremen wieder einigen Druck vom Kessel genommen. Die Mannschaft von Trainer Ole Werner bog dabei im Topspiel des fünften Spieltags am Samstagabend mit Toren von Rafael Borré und Justin Njinmah einen Rückstand um. Die Grün-Weißen gewannen damit das zweite Heimspiel in Serie und stehen mit sechs Punkten zumindest über Nacht auf Platz zehn der Tabelle.
Werner baute Startelf gehörig um
Auf das Heidenheim-Debakel reagierte Werner ungewohnt radikal, baute seine Startelf auf gleich fünf Positionen um – teilweise auch, weil er dazu gezwungen war: Der zuletzt zur Halbzeit ausgewechselte Kapitän Marco Friedl fiel nach Vereinsangaben wegen Problemen in der Rippenmuskulatur aus, nachdem er im Abschlusstraining einen Schuss aus kurzer Distanz abbekommen hatte. Milos Veljkovic ersetzte ihn als linker Mann der Dreierkette. Marvin Ducksch kehrte in die Anfangsformation zurück und begann im Doppel-Sturm neben dem Startelfdebütanten Rafael Borré, Dawid Kownacki und Nick Woltemade blieben draußen. Linksverteidiger Olivier Deman (ebenfalls Startelfdebüt) und Sechser Senne Lynen starteten anstatt von Anthony Jung und Christian Groß. Star-Neuzugang Naby Keita stand erstmals im Kader und nahm wie angekündigt zunächst auf der Bank Platz.
Keine Frage, Werder hatte etwas gutzumachen und wollte ein anderes Gesicht als gegen Heidenheim zeigen – doch das, was man als klassische Reaktion bezeichnen würde, blieb zu Spielbeginn aus. Gastgeber wie Gäste konzentrierten sich vor 42.100 Zuschauern im ausverkauftem Wohninvest Weserstadion zunächst auf die Defensive, mieden das Risiko. Erste Halbchancen entstanden daher lediglich per Standardsituation, als Ersatz-Kapitän Niklas Stark einen Kopfball nach einer Ecke über das Tor setzte (5.), oder aus der Distanz, als Kölns Linton Maina Werder-Keeper Jiri Pavlenka mit einem Schuss aufs lange Eck prüfte (14.). Spielerisch fand Werder kaum den Weg nach vorne – auch weil die Kölner zunehmend die Kontrolle übernahmen und die Grün-Weißen mit Abwehrarbeit zu tun hatten, etwa beim Schuss des freistehenden Denis Huseinbasic, den Amos Pieper noch gerade so blockte (16.).
Erneut trifft ein Ex-Bremer gegen Werder
Mehr durch Zufall hätten die Bremer trotzdem in Führung gehen können. Als Mitchell Weiser Romano Schmid steil schickte, kickte Huseinbasic im Zweikampf den Ball unfreiwillig mit der Pike knapp am Pfosten vorbei (27.). Doch dann klingelte es auf der anderen Seite: Nach einer Ecke von Ex-Bremer Florian Kainz leitete Julian Chabot die Kugel an den langen Pfosten weiter, der auf der Linie stehende Deman bekam beim klärenden Kopfball zu wenig Druck hinter die Kugel, Lynen verlor das anschließende Kopfballduell und Davie Selke nickte aus kurzer Distanz ein (31.) – 0:1. Der frühere Werder-Stürmer fügte einem Kuriosum ein weiteres Kapitel hinzu: Werders 13. Pflichtspielgegentor in dieser Saison war bereits das siebte von einem Ex-Bremer.
Mit dem Tor kam dann ganz neues Leben in die so vorsichtig begonnene Partie – und wie aus dem Nichts gelang Werder der Ausgleich. Nach gutem Ballgewinn von Schmid steckte Ducksch die Kugel in die Schnittstelle der Abwehr auf den startenden Borré, der nach einem tollen ersten Kontakt frei vor FC-Keeper Marvin Schwäbe auftauchte und eiskalt vollstreckte (38.). Der Treffer gab Werder in den letzten Minuten des ersten Durchgangs sichtlich Auftrieb. Nach einer Kombination und etwas Glück kam der Ball zu Deman, der in Strafraum volley abzog und Schwäbe prüfte (42.). Mit 1:1 ging es in die Pause.
Nach dem Seitenwechsel machte Werder direkt schwungvoll weiter, während Köln Probleme hatte, wieder in die Partie zu finden. Schmid, dem nicht alles gelang, aber als Aktivposten auffiel, dribbelte sich in den Kölner Strafraum und zielte aufs kurze Eck, doch Schwäbe parierte (46.). Später versuchte er es noch mit einem Strahl aus der zweiten Reihe, der aber zu zentral geriert und den Kölner Schlussmann nicht in die Bredouille brachte (63.). Gerade als die Partie anschließend zu verflachen schien, wechselte Werner, brachte Justin Njinmah für Borré – und damit Torschütze für Torschütze. Denn der pfeilschnelle Stürmer legte direkt mit Knalleffekt los. Von Lynen geschickt zündete der 22-Jährige den Turbo, lief Chabot davon und schob nur eine Minute nach seiner Einwechslung ganz cool zum 2:1 (67.) ein.
Köln zeigte sich danach auch mal wieder. Benno Schmitz zwirbelte die Kugel aus 20 Metern aufs Tor, was dadurch gefährlich wurde, dass sich die Kugel von Deman abgefälscht gefährlich Richtung Tor senkte – Pavlenka ging auf Nummer sicher und faustete das krumme Ding über die Latte (75.). Wenig zeigte Ducksch an, dass es für ihn nicht mehr lange weitergehen könne. Der Stürmer hatte zuletzt an einer Muskelverletzung im linken Oberschenkel laboriert. Werner wechselte sogar dreifach, nahm neben Ducksch, Deman und Lynen vom Platz und brachte Woltemade, Jung und Groß (80.). Das Warten auf Keita ging allerdings noch weiter.
Und das Warten auf den Abpfiff begann. Doch es war noch einiges an Zeit auf der Uhr, entschieden war nichts – und Köln wurde wieder gefährlicher. Nach einem Kainz-Freistoß nickte der eingewechselte Steffen Tigges den Ball etwas zu zentral aufs Tor, Pavlenka war aber zur Stelle. Für die Gäste wäre da mehr drin gewesen. Und bei einer ähnlichen Situation brannte es dann sogar lichterloh: Wieder Freistoß Kainz, Damion Downs kam mit dem den Kopf an die Kugel – und wuchtete sie an den Außenpfosten (89.).
Kurz danach hatte dann Keita seinen Auftritt: Der Star-Neuzugang vom FC Liverpool feierte nach langer Verletzungspause endlich sein Werder-Debüt (90. + 2) und stand gleich im Rampenlicht: Mit einem Schuss aus der zweiten Reihe, einer eleganten Pirouette samt Hackentrick und einer Topchance im Strafraum ließ der 28-Jährige sein Können aufblitzen. Kurz danach war dann Schluss, Werder hatte den Sieg in der Tasche. Weiter geht es am kommenden Sonntag, 1. Oktober (15.30 Uhr), mit dem Auswärtsspiel beim bislang sieglosen Aufsteiger SV Darmstadt 98 (ein Punkt, Platz 17).