Endlich mal wieder durchspielen, einfach 90 Minuten in die Beine bekommen. Das hatte es für Naby Keita lange nicht gegeben, in diesem Jahr war das noch gar nicht vorgekommen. Weder beim FC Liverpool noch in der Nationalmannschaft Guineas. Doch jetzt, wo sein Wechsel zu Werder Bremen feststeht, ging es für den Kapitän der Auswahl seines Heimatlandes über die volle Distanz. Nur das Happy End fehlte beim 1:2 gegen Ägypten. Ein paar Tage später verlor das Team im Test gegen Brasilien sogar mit 1:4, Keita verließ nach 74 Minuten den Platz – für schlechte Laune sorgte das aber keineswegs. Nicht bei ihm und auch nicht in Bremen.
„Er hat die Länderspiele gut überstanden. Das freut uns natürlich. Er hat da einen guten Eindruck hinterlassen“, lobt Clemens Fritz als Werders Leiter Profifußball im Gespräch mit unserer Deichstube den zuletzt etwas verletzungsanfälligen 28-Jährigen. Und Keita selbst gerät beim Gedanken an seinen neuen Klub auch bereits ins Schwärmen. Und das liegt vor allem an einer Person: seinem zukünftigen Trainer beim SV Werder Bremen.
„Dieser Mann ist toll“, befindet Keita in der „Sport-Bild“. „Ole Werner war sehr offen und herzlich zu mir in den Gesprächen. Er zeigte mir alles im Verein, dazu Videos. Er erklärte mir, wie er spielen will. Warum er mich haben wollte. Das war sehr wichtig für meine Entscheidung.“ Eine Entscheidung, die in der Werder-Welt für eine enorme Euphorie gesorgt hat. Mit Naby Keita kommt ein Spieler, der in Topform die spielerische Qualität der gesamten Mannschaft auf ein anderes Niveau heben kann. Diese Fantasie befeuert den Glauben, dass in Bremen bald wieder bessere sportliche Zeiten erlebbar werden. Und die Hoffnung, dass Keitas Wechsel womöglich auch einen Leistungsträger wie Niclas Füllkrug überzeugen könnte, doch noch etwas länger am Osterdeich zu bleiben. Einen Wunsch, den übrigens auch Keita hegt.
„Er ist ein Top-Stürmer“, adelt der frühere Leipziger den deutschen Nationalspieler und skizziert einen klaren Plan: „Mit meinen Vorlagen will ich ihn unterstützen, dass er noch besser wird und nächste Saison noch mehr Tore erzielt.“ Denn für Werder sei der Angreifer im Grunde unverzichtbar. „Er hält die Bälle vorne fest, ist im Zweikampf robust, er bewegt sich viel und hat sehr gute Laufwege“, urteilt Keita. „Und er trifft, das ist für einen Stürmer entscheidend. Darum hoffe ich, dass er bleibt. Das wäre wichtig für die Mannschaft.“
Naby Keita soll in Bremen zu alter Stärke zurückfinden
Läuft alles optimal, dann wird auch Keita richtig wichtig. So wichtig, dass er im Winter eventuell schmerzhaft vermisst wird. Von Januar bis Februar steigt in der Elfenbeinküste die nächste Ausgabe des Afrika-Cups, trotz der erwähnten Niederlage gegen Ägypten gelang Guinea kurz darauf die Qualifikation. Ohne eigenes Zutun. Weil die Konkurrenten Malawi und Äthiopien im direkten Duell nur 0:0 spielten und Keita und Co. deshalb als aktueller Zweiter der Gruppe D nicht mehr von einem der beiden vorderen Plätze zu verdrängen sind. Für Sorgenfalten sorgt das bei Werder aber nicht. „Wenn er Anfang des Jahres den Afrika-Cup spielen möchte, dann werden wir ihm natürlich keine Steine in den Weg legen“, verspricht Fritz. „Das war uns ja bekannt. Und wir wissen, wie wichtig ihm das ist. Deswegen freuen wir uns für ihn, dass die Qualifikation geschafft ist.“
Es ist kein Geheimnis, Werder soll für Naby Keita mehr sein als ein reiner Arbeitsplatz. Eine Wohlfühloase. Ein Ort, an dem er sich frei entfalten und zu alter Stärke zurückfinden kann. Wo ihm voll und ganz vertraut wird. Genau das war ein ganz zentraler Punkt der Verhandlungen. Keitas Lust, sich in diesem Umfeld zu beweisen, ist schon jetzt riesengroß. „Ich bin sehr glücklich, in Bremen unterschrieben zu haben. Deutschland ist mein Zuhause“, unterstreicht er. „Ich freue mich auf die Atmosphäre im Stadion, ich will der Mannschaft helfen und durch gute Leistungen wieder meine Bestform erreichen. Dabei habe ich ein richtig gutes Gefühl.“
Damit dieses Gefühl noch besser wird, genießt Naby Keita jetzt erst einmal seinen Urlaub. Noch einmal ausgiebig abschalten, ehe er in der Bundesliga gebraucht wird. Regelmäßig. Gern häufig über 90 Minuten. Wenn der Körper mitspielt. Da will die Belastung wohldosiert sein. „Er soll sich jetzt erholen – und dann kommt er am 12. Juli nach Bremen“, kündigt Clemens Fritz an. Ein paar Tage dauert es also noch, bis die Werder-Fans den Euphorie-Auslöser live zu Gesicht bekommen. Und Naby Keita die Fans. Und das Abenteuer Werder erst so richtig beginnt.