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Wontorra-Kolumne Verfällt Werder beim Gedanken an Europa in eine mittlere Schockstarre?

Werder hat den Klassenerhalt sicher und kann sich im Saisonendspurt sogar noch für die Conference League qualifizieren. Jörg Wontorra erklärt in seiner Kolumne, wie die Grün-Weißen wieder nach Europa kommen.
10.05.2024, 13:48 Uhr
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Von Jörg Wontorra

Werder gut, Ende gut. So könnte in Abwandlung der alten Shakespeare-Komödie die Überschrift für die beiden letzten Spieltage lauten. Die Formel dazu ist denkbar einfach: 2 Spiele, 2 Siege. Denn dann wäre es tatsächlich realistisch, dass nach 14-jähriger Abstinenz wieder internationaler Fußball in Bremen einkehrt und eine ohnehin schon ordentliche Saison ihren krönenden Abschluss findet. Was für eine Vision also! Sie hört sich nicht nur gut an, sondern sie lässt auch die Herzen der Anhängerschaft noch ein Stück weiter aufgehen. Doch es gibt auch bei dieser Wunschvorstellung das eine oder andere „Aber“.

Einwand Nummer 1: Die Gegnerschaft. Schnell abzuhandeln, denn selbst bei grün-weißen Berufsoptimisten dürfte sich inzwischen rumgesprochen haben, dass Leipzig keine Landkundschaft ist. Und auch, wenn das Team sich bereits für die Champions League qualifiziert hat, wird es die Partie nicht herschenken. Normalerweise also schwere Kost. Hoffnung macht allerdings der Vergleich aus dem letzten Jahr, als Werder sich nach einer 1:0-Führung erst durch einen Lucky Punch in der 97. Minute geschlagen geben musste. Warum also nicht auch mal andersrum?

Einwand Nummer 2: Wenn das Europa-Geschäft in der laufenden Saison mal in Reichweite geriet, nahm sich die Truppe von Ole Werner stets ihre Auszeit. Wir erinnern uns: Nach dem Rückrunden-Hoch im Januar folgten zunächst ein Remis gegen Darmstadt und anschließend vier Niederlagen am Stück. Und auch der jüngste Rückschlag gegen Gladbach nährt den Verdacht, dass Werder beim Gedanken an Europa in eine mittlere Schockstarre verfällt.

Einwand Nummer 3: Vielleicht ist es gar nicht so erstrebenswert, die Conference League ins Visier zu nehmen. Denn der deutsche Teilnehmer muss zunächst mal eine Qualifikationsrunde überstehen, bevor er in die Gruppenphase eingeordnet wird. Das bedeutet: aufwendige Reisen in fernste Länder, da die Konkurrenten eher aus Baku als aus Barcelona stammen. Und es erschwert zudem die normale Saisonvorbereitung, weil die Partien weit vor dem normalen Ligastart stattfinden. Hinzu kommt der niedrige Stellenwert der Conference League: Ein künstlicher Wettbewerb, der vornehmlich dazu dient, auch den Leichtgewichten innerhalb der europäischen Fußball-Szene eine nette Einnahmequelle zu besorgen.

Werder wird sich einer Rückkehr in internationales Fahrwasser natürlich nicht verschließen – auch aus finanziellen Gründen. Ein nettes Zubrot kommt dem Klub schließlich immer gelegen, und selbst gegen Agdam Quarabag würde das Stadion gut gefüllt sein. Oberste Priorität aber sollte der Blick nach vorn haben - auf das Tagesgeschäft der neuen Spielzeit. Denn da gibt es nach den Abgängen von Dinkci und Woltemade noch genug zu tun. Der Kader braucht nicht nur frisches Blut, sondern auch frische Fähigkeiten. Zum Beispiel Tempospieler, zum Beispiel Kicker, die im Eins-gegen-Eins-Duell erfolgreich sind. Typen von diesem Schlag fehlen weitgehend im Team (vielleicht bis auf Njinmah), sind aber im heutigen Bundesliga-Alltag unverzichtbar. Und so löblich die bereits getätigten Transfers von Covic oder Coulibaly auch sein mögen, es bleiben erst mal Wetten auf die Zukunft. Mit anderen Worten: Der eine oder andere gestandene Profi täte dem künftigen Bremer Weg ganz gut, es müsste nur ein anderes Kaliber als Naby Keita sein.

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Peter Niemeyer, der neue Leiter Profifußball, wird am Bau der neuen Mannschaft gleich gemessen werden, und es könnte nicht schaden, wenn er da die eine oder andere Duftmarke setzt. Ins grün-weiße Führungsteam passt Niemeyer schon mal, weil er große Teile des Anforderungsprofiles erfüllt: Ruhig, besonnen, mit Erfahrungen als Nachwuchsleiter, als Trainer und als Sportdirektor. Er weiß übrigens, wie Europa geht. Vor genau 15 Jahren stand er in Werders Startformation im Uefa-Cup-Finale gegen Schachtar Donezk. Und wer so etwas schon mal erlebt hat, wird selbst vor der Conference League nicht zurückschrecken.

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