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"Schön, um etwas zu spielen" Werders Veljkovic fordert Demut im Kampf um Europa

Viele Profis des SV Werder wollen nach dem Klassenerhalt nur noch nach oben schauen. Platz acht, der wohl für den Europapokal reicht, ist zwei Punkte entfernt. Milos Veljkovic stimmt nicht mit ein.
10.05.2024, 13:41 Uhr
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Von Maik Hanke

Nach dem späten Elfmeter-Gegentor zum 2:2 gegen Gladbach sind Sie mit der Mannschaft ziemlich schnell im Stadioninnern verschwunden und nicht mehr zu den Fans gegangen. Können Sie uns in die Kabine mitnehmen – wie war die Stimmung?

Natürlich waren wir enttäuscht, dass wir das Spiel nicht gewonnen haben. Es tut weh, wenn man in den letzten zwei Minuten so einen unglücklichen Elfmeter bekommt. Wir hatten das Spiel eigentlich ganz gut im Griff und eine gute Reaktion nach dem 0:1 gezeigt. Da war natürlich eine Enttäuschung da.

Wie hat sich mit ein paar Tagen Abstand die Stimmung verändert?

Eigentlich wie immer bei uns. Das bleibt natürlich ein, zwei Tage. Wir analysieren das Spiel und dann geht’s weiter. Das nächste Spiel ist schwer genug. Aber es ist alles möglich, deswegen mussten wir das letzte Spiel schnell abhaken und uns auf Leipzig konzentrieren.

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Die Lage war ja etwas zwiegespalten. Einerseits waren Sie froh, den Klassenerhalt relativ frühzeitig fix gemacht zu haben, andererseits hat der Punkt gegen Gladbach die Europa-Euphorie gebremst.

Natürlich wollten wir das Spiel gewinnen. Das Drumherum haben wir ausgeblendet. Eine Woche heißt es Europa, die andere dann Abstiegskampf. Wenn wir die ganze Zeit auf diese Sachen schauen, dann wären wir wahrscheinlich richtig im Abstiegskampf drin. Aber das sind wir zum Glück nicht, weil wir uns auf uns konzentrieren.

Der Klassenerhalt ist geschafft. Was gibt es jetzt noch für einen Grund, nicht von Europa zu träumen?

Wir schauen von Spiel zu Spiel, auch wenn es wie ein langweiliges Klischee klingt. Aber das hat uns in die Situation gebracht, dass wir überhaupt eine Chance haben. Deswegen braucht es jetzt keine andere Mentalität, sondern harte Arbeit und Konzentration auf das nächste Spiel.

Wie groß ist der Traum von Europa in der Mannschaft? Darüber wird ja schon gesprochen.

Jeder Fußballer will so hoch wie möglich spielen und nach Europa, aber wir müssen einfach ruhig bleiben, die Chance kann auch sehr schnell wieder weg sein.

Trainer Ole Werner hat gesagt, in den vergangenen 13 Jahren wurde wahrscheinlich an wenigen Orten so viel über Europa gesprochen wie in Bremen, obwohl man gar nicht europäisch gespielt hat. Sie sind seit acht Jahren da. Wie nehmen Sie das wahr?

Es waren natürlich viele Ups und Downs in meiner Werder-Karriere. Nach dem Abstieg, dem Aufstieg, den Abstiegskämpfen und den ein, zwei Malen, wo wir in der Nähe von Europa waren, sind wir natürlich erst mal glücklich, dass wir in den letzten Jahren die letzten drei Spiele einer Saison in Ruhe spielen konnten und diesen positiven Druck mitnehmen können. Es ist auch etwas Schönes, dass man um etwas spielt. Aber im Fußball geht es so schnell.

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Der nächste Gegner RB Leipzig hat seit Februar kein Spiel mehr verloren, ist richtig formstark. Was kommt da auf Sie zu?

Das ist eine große Aufgabe. Eine sehr gute Mannschaft mit vielen individuell guten Spielern, die auch als Mannschaft gut funktionieren. Wir haben aber auch gezeigt, dass wir gegen große Mannschaften bestehen können. Wir wollen uns nicht verstecken, wollen unser Spiel durchziehen – bei allem Respekt vor den Fähigkeiten, die Leipzig hat.

Was macht Ihr Team aktuell wieder stärker und stabiler? Was wurde verändert?

Wir gehen mit dem Ball noch besser um. Das ermöglicht uns, nicht so viele Konter zu fangen. Die machen zum Beispiel die Leipziger stark. Wenn man mit dem Ball gut umgeht, ist das die beste Art der Verteidigung. Gleichzeitig sind wir ohne Ball aggressiver und besser im Gegenpressing. Auch gegen Leverkusen war es in der ersten Halbzeit nicht schlecht, in der zweiten haben wir aufgehört, die Situationen abzuschließen, deshalb gab es viele Kontersituationen gegen uns. Wenn wir das durchziehen wie in der ersten Halbzeit gegen Leverkusen und in den letzten drei Spielen, können wir gegen jeden Gegner bestehen.

Es war schon mehrfach in dieser Saison so, dass es immer wieder dann einen Tiefschlag gab, als Werder gerade dabei war, nach oben zu gucken. Woran lag das?

Wir müssen schauen, woher wir kommen. Ohne zu negativ klingen zu wollen, wir sind im zweiten Jahr nach dem Aufstieg. Wenn man allein die Mannschaften unter uns sieht, die in den letzten Jahren viel stabiler waren, ist das eine gute Saison. Wir wissen, man kann in dieser Liga gegen jeden verlieren, wenn man nicht 110 Prozent gibt. Wir müssen demütig und bodenständig bleiben.

Die Saison ist fast vorbei, die Sommer-Transferphase naht. Könnte es sein, dass die letzten beiden Saisonspiele auch Ihre letzten Werder-Spiele werden?

Man weiß nie. Ich habe es schon oft gesagt: Ich bin gerne hier und schätze die Leute, und die Leute schätzen mich. Ich fühle mich hier sehr wohl und habe noch ein Jahr Vertrag. Ich konzentriere mich nur auf Werder und im Sommer auf die Nationalmannschaft. Danach müssen wir schauen. Momentan gibt es keine Gespräche.

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Sie gehören mittlerweile zu den erfahrenen Spielern bei Werder, werden im September 29. Worauf legen Sie in dieser Phase Ihrer Karriere wert bei der Zukunftsplanung?

Ich war immer jemand, der aufs Sportliche wert gelegt hat. Deswegen bin ich auch aus England nach Deutschland gekommen und nicht woanders hingegangen, weil ich dachte, dass ich hier am ehesten zum Profi werde und mich in der Nationalmannschaft etablieren kann. Das waren auch meine Gedanken in den letzten Jahren. Deswegen bin ich hiergeblieben, weil ich hier die Kontinuität habe, dadurch die zwei Weltmeisterschaften spielen konnte und hoffentlich im Sommer die EM spielen darf.

Welche Ambitionen haben Sie mit Ende 20, was stecken Sie sich noch für Ziele in der Karriere?

Ich habe keine langfristigen Ziele. Im Fußball geht es so schnell, da kann sich die Situation von Woche zu Woche verändern. Ich bin sehr zufrieden, hier zu sein, in der Bundesliga viele Spiele zu machen und in der Nationalmannschaft zu spielen. Natürlich würde ich gerne mal mit Werder Bremen international spielen, das ist doch klar. Aber man kann das nur erreichen, wenn man Woche für Woche Resultate bringt. Ansonsten ist es unnötig, darüber zu reden.

Wie wichtig ist es für Sie, sich auf der Bühne Europameisterschaft zu zeigen?

Darüber denke ich nicht nach. Ich will einfach der Nationalmannschaft helfen und bin sehr stolz, ein Teil davon zu sein. Die letzten zwei Turniere waren eine gute Erfahrung, dieses Jahr will man nicht nur dabei sein, sondern den nächsten Schritt gehen. Ich denke immer nur ans Team, nie an mich selbst. Alles andere kommt von allein.

Bei den letzten Länderspielen haben Sie wegen einer Verletzung gefehlt. Wie sieht aktuell Ihr Kontakt mit dem Nationaltrainer aus?

Mit dem Nationaltrainer an sich hatte ich eigentlich nie richtig Kontakt. Das geht eher über den Sportdirektor und die Leute drumherum. Die haben sich auch erkundigt, als ich verletzt war. Wenn man für ein Turnier nominiert wird, kommt der Kontakt erst nach dem letzten Saisonspiel, bevor der Kader bekanntgegeben wird.

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Wie groß ist die Vorfreude auf die EM?

Momentan ist die Vorfreude noch nicht so groß, weil ich noch hier bin. Aber die Qualifikation war ein Riesending, weil Serbien seit 24 Jahren nicht dabei war. Wir sind häufig bei der WM dabei, aber bei der EM nicht. Zum Glück konnten wir Geschichte schreiben und uns qualifizieren. Es wäre eine Riesensache für mich, dabei zu sein.

Eine Riesensache muss für Sie auch das letzte Qualifikationsspiel gewesen sein. Sie waren mit Ihrem ersten Länderspieltor mitverantwortlich, dass Serbien überhaupt das Ticket gelöst hat.

Ja, absolut. Ich habe mir vor der Saison das Ziel gesetzt, dass ich bei der Nationalmannschaft mein erstes Tor schieße. Ich war schon ein paar Mal dicht dran, gegen Montenegro und Slowenien. Aber einen besseren Moment konnte es nicht geben, um mein erstes Tor zu schießen, als im Entscheidungsspiel gegen Bulgarien. Meine Eltern waren auch da. Ich war sehr, sehr stolz, das Tor zu schießen und meinem Land zu helfen, bei der EM dabei zu sein.

Was nehmen Sie sich fürs Turnier vor?

Wir wollen nicht groß reden, sondern die Performance auf den Platz bringen. Aber natürlich wollen wir einen Schritt weiterkommen als bei der WM und die Gruppe überstehen. Danach weiß man nie.

Was ist denn wahrscheinlicher: Dass Serbien die Gruppe mit England, Dänemark und Slowenien übersteht oder dass Werder nächstes Jahr international spielt?

Ich kann das gar nicht beantworten. Fifty-fifty? Es ist beides möglich!

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