Die Ausgangslage war verlockend. Weil mit dem SV Darmstadt 98 und FC St. Pauli zuvor zwei direkte Konkurrenten im Aufstiegskampf der 2. Bundesliga jeweils nur ein Unentschieden geholt hatten, hätte der SV Werder mit einem Sieg beim 1. FC Heidenheim nicht nur die Tabellenführung zurückerobern, sondern den eigenen Vorsprung auch gleich angenehm vergrößern können. Doch es kam komplett anders. Die Bremer unterlagen letztlich verdient mit 1:2 (0:1) und kassierten somit die allererste Pflichtspiel-Niederlage unter Chefcoach Ole Werner.
Werder: Kapitän Toprak fällt verletzt aus
Die Begegnung hatte noch gar nicht begonnen, da gab es bereits einen ordentlichen Dämpfer. Zumindest für die Öffentlichkeit. Denn bei Werder wusste man schon etwas länger, dass es einen bitteren Ausfall beim Spiel in Baden-Württemberg geben würde. Ömer Toprak hatte nämlich nach dem Abschlusstraining über eine muskuläre Verletzung an der Wade geklagt – und war folglich am Freitag gar nicht erst mit in den Flieger gestiegen, der die Mannschaft in den Süden der Republik brachte. „Er ist unser Kapitän, unser Anführer und vermutlich der beste Innenverteidiger dieser Liga“, sagte Ole Werner unmittelbar vor dem Anpfiff im TV-Interview, „insofern tut das schon weh.“ Für Toprak rückte Lars Lukas Mai in die Startelf, letztmals war der 21-Jährige Anfang Februar gegen Hansa Rostock (2:1) aufgelaufen.
Es dauerte keine zwei Minuten, da sah Mai das erste Mal nur die Hacken seines Gegenspielers. Tobias Mohr war dem Bremer nach einem einfachen Doppelpass davongelaufen, scheiterte aber aus allerbester Position am gut reagierenden Jiri Pavlenka. Kurz darauf sorgte Mai mit einer verunglückten Rückgabe erneut für etwas Aufregung in Werders Hintermannschaft – letztlich folgenlos (4.). Nachdem die Gastgeber dann auch noch mit einer gefährlichen Ecke nur knapp die Führung verpassten (9.), zeigte sich allmählich auch Werder vor dem gegnerischen Tor. Und wie. Erst entschärfte FCH-Torhüter Kevin Müller einen Schuss von Mitchell Weiser (15.), dann traf Ersatz-Kapitän Leonardo Bittencourt aus zentraler Position nur den linken Innenpfosten (17.).
Das Geschehen blieb unterhaltsam. Der umtriebige Weiser legte nach schönem Solo im Strafraum auf Niclas Füllkrug ab, der es aus spitzem Winkel mit einem Schuss ins kurze Eck probierte. Müller hatte jedoch erneut aufgepasst (24.). Auf der Gegenseite schickte Stefan Schimmer einen Flachschuss von der Strafraumgrenze auf die Reise, doch der Ball landete knapp neben dem Kasten (26.).
Danach gab es die nächste personelle Hiobsbotschaft für Werder: Bei einer Rettungstat im eigenen Sechzehner verletzte sich Marco Friedl und hielt sich vor Schmerzen den Beckenbereich (27.). Der Österreicher probierte es zwar noch einmal kurz, musste dann aber doch frühzeitig in die Kabine. Felix Agu kam so ins Spiel, rückte auf die linke Außenbahn, während Anthony Jung in die Dreierkette zurückgezogen wurde.
Nach Toprak: Mit Friedl fehlt der nächste Innenverteidiger
Die Werner-Elf steckte aber auch diesen Rückschlag zunächst weg und blieb gefährlich. Weil Agu direkt zu gefallen wusste. Nach dessen Flanke kam Füllkrug zum Kopfball, wieder parierte Müller stark. Beim Nachschussversuch trat Bittencourt über die Kugel (35.). Und dieser Chancenwucher sollte sich rächen. Heidenheims Christian Kühlwetter genoss plötzlich ziemlich viel Platz im Rückraum, fasste sich ein Herz und schlenzte den Ball ebenso wunderschön wie unhaltbar für Pavlenka aus 20 Metern in die Maschen (39.). Zwar gab es anschließend noch eine Halbchance von Marvin Ducksch (45.), letztlich ging es für Werder jedoch mit einem 0:1-Rückstand in die Pause. „Das war bislang ein gutes Fußballspiel von beiden Mannschaften“, urteilte Sportchef Frank Baumann in der Halbzeit, „aber von uns gab es leider zu viele Fehler. Obwohl wir aber gerade im Spiel mit dem Ball viele leichte Fehler gemacht und Heidenheim zu Gegenstößen eingeladen haben, hatten wir noch genügend Chancen. Wir wissen, dass es jetzt in der zweiten Hälfte schwierig wird, aber wir wollen nochmal wiederkommen.“
Ole Werner wählte dafür eine neue taktische Defensiv-Formation. Mai wurde nach seinem schwachen Auftritt ausgewechselt, für ihn kam Nicolai Rapp, der fortan rechts in einer Viererkette neben Milos Veljkovic, Jung und Agu verteidigte. Werder hatte zwar direkt durch einen abgefälschten Schuss von Füllkrug eine gute Gelegenheit (47.), tat sich ansonsten unmittelbar nach dem Seitenwechsel aber erst einmal ziemlich schwer und leistete sich auch weiterhin etliche einfache Ballverluste. Eine dieser Ungenauigkeiten hatte beinahe Folgen, ein starker Reflex von Pavlenka gegen Schimmer verhinderte gerade so das 0:2 (61.). Zumindest kurzfristig. Nach einem katastrophalen Fehlpass von Jung im Spielaufbau war Schimmer dann doch noch zur Stelle und erhöhte (63.).
Ducksch trifft per Freistoß
Der Treffer zeigte Wirkung. Wer auf ein Aufbäumen der Norddeutschen wartete, wurde enttäuscht. Wie schon zuletzt gegen Dresden agierten sie in der gegnerischen Hälfte mittlerweile viel zu umständlich, verzettelten sich allzu häufig in Kleinklein-Aktionen. Die Heidenheimer stellten derweil geschickt und mit vollem Einsatz die Räume zu – und verdienten sich so endgültig die drei Punkte an diesem Abend. Daran änderten auch eine späte Rote Karte gegen den Ex-Bremer Marnon Busch nach grobem Foulspiel an Nick Woltemade (87.) und ein herrliches Freistoßtor von Ducksch zum 1:2 nichts mehr (89.).
Werders Serie der Unbesiegbarkeit fand letztlich ein unschönes Ende. Tabellarisch wirkte sich die Niederlage nicht allzu negativ aus, die Hanseaten stehen auch weiterhin ziemlich gut da. Und doch besteht Grund zur Sorge. Weil Ole Werner nun schon wiederholt nicht mit der Leistung seines Teams einverstanden war. Und weil dieser trübe Tag erhebliche personelle Probleme verursacht hat. Herausforderungen, die diese Mannschaft nun erst einmal meistern muss.
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