Schon vor dem Anpfiff war klar, dass es noch ein paar Restzweifel am Klassenerhalt geben würde. Dafür hatte der VfB Stuttgart am Samstagnachmittag mit einem Sieg gegen Mönchengladbach gesorgt. „Wenn wir unsere Aufgaben erledigen, dann brauchen wir auch nicht zu rechnen. Das ist unsere Herangehensweise. Alles andere kommt oder eben auch nicht“, sagte Ole Werner, Trainer des SV Werder Bremen, deshalb am Sky-Mikrofon kurz vor Beginn des Auswärtsspiels beim abstiegsbedrohten FC Schalke 04. Das Problem an der Sache: Sein Team erledigte trotz einer zwischenzeitlichen Führung die möglicherweise vorentscheidende Aufgabe nicht und verlor durch einen Treffer in der Nachspielzeit mit 1:2 (1:0).
In personeller Hinsicht verzichtete Ole Werner im Vergleich zur Vorwoche auf Veränderungen. Der unter der Woche kränkelnde Marvin Ducksch tauchte erwartungsgemäß wieder in der Startelf auf, in der Abwehr übernahm Niklas Stark abermals den zentralen Part der Dreierkette. Ein wenig kurios war der Blick auf die Bremer Bank – denn dort saß in Abwesenheit von Niclas Füllkrug (Wadenprobleme) und Eren Dinkci (Fußbeschwerden) kein einziger Stürmer mehr.
Werder Bremen mit gutem Start bei Schalke 04
Einem flotten Start der Gäste stand dieser Umstand fraglos nicht im Wege. Schon nach sechs Minuten hatte Werder die erste richtig gute Chance, ein Schuss von Leonardo Bittencourt aus zentraler Position wurde aber gerade noch abgewehrt. Etwas mehr als zehn Minuten später war die Führung dann da – und sie war richtig schick herausgespielt.
Die Bremer befreiten sich blitzschnell aus der eigenen Hälfte, ehe der Ball über Anthony Jung und Maximilian Philipp bei Mitchell Weiser landete. Und der 29-Jährige spielte ohne zu schauen einen absoluten Weltklasse-Pass genau in den Lauf von Ducksch, der sicher vollendete (18.). Beim für ihn typischen Harlekin-Jubel kam der gebürtige Dortmunder den Schalker Zuschauern ein wenig zu nah, sodass ein paar gefüllte Plastikbecher neben dem Torschützen einschlugen. Letztlich ohne Folgen für die feiernden SVW-Profis.

Marvin Duckschs Tor zum 1:0 hat nicht gereicht.
Eine medizinische Behandlung gab es kurz darauf dennoch, weil Jens Stage nach einem eigenen Foul im Fallen am Hinterkopf unabsichtlich vom Stollenschuh seines Gegners getroffen wurde. Die Konsequenzen waren eine Gelbe Karte samt mehrminütiger Unterbrechung sowie ein Kopfverband für den Dänen. Kurz darauf wurden dann auch die Schalker erstmals richtig gefährlich, obwohl sie insgesamt sogar mehr Torschüsse in Halbzeit eins abgaben (10:7).
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Nach einer Hereingabe köpfte Simon Terodde wuchtig aufs Gehäuse, doch Keeper Jiri Pavlenka hatte aufgepasst (34.). Die Heimelf blieb bemüht, doch die nächste richtig gute Gelegenheit hatten die spielerisch reiferen Bremer. Bei einem Konter setzte Stage mit einem schönen Pass Philipp in Szene, doch dessen harter Abschluss landete neben dem Kasten (45.). In der sechsminütigen Nachspielzeit setzte Ducksch unter Bedrängnis noch einen Schuss aus aussichtsreicher Position weit drüber (45.+4), ehe es mit dem knappen, aber verdienten Vorsprung in die Kabine ging.
Schalke kommt nach der Pause besser ins Spiel
Nach dem Seitenwechsel meldete sich S04 mit einem Distanzschuss von Marius Bülter zurück, den Pavlenka jedoch über die Latte lenkte (47.). Die Gastgeber blieben auch danach aktiver, weil Werder etwas zu zurückhalten aus der Pause kam. So musste Pavlenka kurz darauf auch gegen Rodrigo Zalazar retten (58.). Einige Augenblicke danach sah der Tscheche dann weniger gut aus, als er den Ball nach einer Ecke nach vorne abprallen ließ, doch Tom Krauß bestrafte den Fehler nicht, sondern schoss an die Latte (64.). Schalke schnupperte am Ausgleich, weil Werder spielerisch inzwischen kaum noch zu gefallen wusste. Obendrein musste dann auch noch Stark mit einer Fußblessur für Amos Pieper Platz machen (67.). Es dauerte tatsächlich bis zur 74. Minute, ehe Bittencourt mit einem Schlenzer neben das Tor wieder für ein grün-weißes Offensivzeichen sorgte. Doch dann war auch für den Mittelfeldakteur Schluss, gemeinsam mit Maximilian Philipp wurde er für Ilia Gruev und Niklas Schmidt ausgewechselt (76.).

Die Wende. Dominick Drexler trifft zum 2:1 für den FC Schalke.
Wirklich besser wurde die Darbietung der Bremer dadurch nicht. Und völlig zurecht setzte es dann auch das 1:1. Wieder verteidigte Werder viel zu sorglos, Pieper verlängerte einen Kopfball direkt vor die Füße von Sepp van den Berg. Ducksch versuchte im wieder einmal viel zu offenen Rückraum noch zu retten, doch da war der Ball schon unterwegs und landete unhaltbar im Netz (81.). Das Werner-Team suchte nach einer schnellen Antwort, ein Ducksch-Freistoß aus guter Position rauschte aber knapp vorbei (86.). In der Nachspielzeit tauchte Ducksch nach einem Schalker Fehler erneut gefährlich vor dem gegnerischen Tor auf, doch Kenan Karaman warf sich dazwischen (90.+1). Im Gegenzug wurde Werders ganz schwache zweite Hälfte dann endgültig bestraft. Wieder hatten die Gastgeber zu viel Platz, weshalb eine Flanke punktgenau bei Dominik Drexler landete, der ohne Probleme zum Sieg traf (90.+2).
Der Rest war ein Schalker Freudenfest, während auf Bremer Seite die Enttäuschung groß war. "Mit mehr Effektivität hätten wir das Spiel hier heute gewinnen können, aber trotzdem war unsere Leistung unter dem Strich nicht das, was wir uns vorgestellt hatten", gab Ole Werner offen zu. "Ich glaube, dass Schalke insgesamt mehr vom Spiel hatte in beiden Halbzeiten." Kapitän Marco Friedl schimpfte: "Die zweite Halbzeit war extrem schlecht von uns." Und der Österreicher schob hinterher: "Wir wussten, dass die Schalker alles reinhauen würden, was sie haben, weil sie um ihr Leben spielen. Wir haben diese Einstellung speziell in der zweiten Halbzeit komplett vermissen lassen und unterm Strich dann verdient verloren."
Der Abstiegskampf bleibt somit wohl doch noch etwas länger Thema, als es allen Beteiligten lieb sein kann. Viele Fans hatten nach dem Sieg gegen Hertha BSC zuvor eigentlich mit einer entspannten Restsaison gerechnet. Doch nun geht der Blick wieder etwas mehr auf die Tabelle. Sieben Punkte beträgt der Abstand zwischen Werder und dem Relegationsplatz. Am kommenden Sonnabend wird abermals spät unter Flutlicht gespielt – der Gegner heißt dann im Weserstadion FC Bayern München (18.30 Uhr). "Wir wissen, dass wir noch nicht durch sind und noch Punkte brauchen. Jetzt haben wir ein schwieriges Spiel vor der Brust", erklärte Clemens Fritz als Werders Leiter Profifußball. "Wir werden ruhig weiterarbeiten, denn wir wussten auch vorher, dass wir noch nicht durch sind. Es werden noch intensive vier Wochen."