Als Trainer Ole Werner seine Spieler am Montagmorgen an der Ersatzbank zur großen Taktikbesprechung versammelt, da stoppt er kurz, denn einer fehlt: Naby Keita. Der verletzte Neuzugang des SV Werder Bremen hat die bisherige Trainingseinheit sitzend am Spielfeldrand verfolgt, allerdings auf der ganz anderen Seite. Also wird er hergewinkt. Keita steht auf – und ist so auch von den Fans auf der gut besuchten Tribüne des Parkstadions von Zell am Ziller zu sehen. Sofort brandet großer Applaus auf, der noch größer wird, als Keita vom Schritt- in den Laufmodus schaltet. Die Hoffnung ist eben groß, dass er möglichst bald fit wird. Aber es gibt auch böse Gerüchte und deshalb Sorgen. Eine Lagebeschreibung.
Gut eine Woche ist es nun her, da verletzte sich Keita beim Aufwärmen vor dem Testspiel gegen den VfB Oldenburg. Ausgerechnet Keita, der absolute Kracher-Transfer. Niemand hatte dem SV Werder zugetraut, einen Topstar wie ihn ablösefrei vom FC Liverpool zu verpflichten. Allerdings haftet dem 28-Jährigen auch das Etikett an, sehr verletzungsanfällig zu sein. Vor allem wegen muskulärer Probleme ist er in der Vergangenheit sehr oft ausgefallen und hat deshalb beim Club von Trainer Jürgen Klopp auch keinen neuen Vertrag bekommen.
Werder schaute beim Medizincheck natürlich ganz genau hin – und entdeckte nichts Besorgniserregendes. Also wurde Keita verpflichtet. Nach nur wenigen Trainingseinheiten erwischte es den Nationalspieler von Guinea. Werder berichtete von einer Muskelverletzung im Adduktorenbereich und einem mehrwöchigen Ausfall. „Wir müssen davon ausgehen, dass Naby uns an den ersten Spieltagen nicht zur Verfügung stehen wird“, wurde Ole Werner in einer Vereinsmitteilung zitiert. Nach Informationen der DeichStube hat sich Keita einen Muskelbündelriss im Adduktorenbereich zugezogen. Nun macht das Gerücht die Runde, auch eine Sehne sei betroffen. Das würde die Ausfallzeit erheblich verlängern. Von einer Rückkehr in den Spielbetrieb nicht vor Mitte Oktober ist die Rede.
Spieler soll geschützt werden
Von unserer DeichStube darauf angesprochen zeigt sich Clemens Fritz ziemlich verwundert. Werders Leiter Profifußball will aber trotzdem nichts zur genauen Diagnose sagen. Denn Werder äußert sich meistens nur sehr allgemein zu Verletzungen. Aus mehreren Gründen: Vor allem soll der Spieler geschützt werden, es ist immerhin seine Privatsphäre. Und ist die genaue Art der Verletzung bekannt, dann wird von den Medien schnell eine mögliche Ausfallzeit ermittelt – und das hat natürlich Folgen. Zum einen könnten bei einer ganz langen Ausfallzeit Nachverpflichtungen zum Thema werden.

Naby Keita schaute am vergangenen Sonnabend beim 5:2-Sieg von Werder gegen Toulouse gespannt zu.
Zum anderen erhöht sich der Druck, falls der Spieler einfach länger zur Genesung braucht, als es von der Öffentlichkeit erwartet wird.
„Naby macht gute Fortschritte. Wir sind mit seinem Heilungsverlauf bislang sehr zufrieden. Naby ist gut im Plan“, betont Fritz und erklärt weiter: „Wie schon gesagt, wird er den Saisonstart verpassen. Was dann passiert, können wir noch nicht sagen. Das ist bei einer muskulären Verletzung immer schwierig. Wir geben ihm aber die Zeit, die er braucht.“ Er will Keita offenbar auf keinen Fall unter Druck setzen, deswegen auch die vorsichtige Formulierung. Intern wird aber schon Anfang/Mitte September mit dem Debüt des Mittelfeldspielers gerechnet.
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Dafür legen sich bei den Grün-Weißen alle mächtig ins Zeug. Keita erfährt zwar im Zillertal keine Sonderbehandlung, aber es wird schon besonders an ihn gedacht. Normalerweise ist es unüblich, dass ein verletzter Spieler mit ins Trainingslager reist. Denn im Hotel zu sein, wenn die anderen trainieren, das ist hart. Wer nicht auf dem Platz stehen kann, fühlt sich schnell als Außenseiter, das berichten verletzte Spieler immer wieder. „Natürlich ist das keine erfreuliche Situation für ihn, aber er hat in uns ein Team, das ihm hilft“, betont Anthony Jung.
Der Teamkollege hat nicht den Eindruck, dass Keita unglücklich ist: „Er arbeitet akribisch, um schnell wieder auf dem Platz zu sein. Und es gibt ja auch die Zeit außerhalb des Trainings.“ Die Alternative wäre für Keita freilich nicht besser gewesen: Da seine Familie noch nicht in Deutschland weilt, wäre er während der Reha allein in Bremen gewesen. Dann lieber ein Trainingslager ohne Training, aber dafür mit den neuen Teamkollegen und immerhin auch mal als Zuschauer bei den Einheiten – und nicht nur das. Bei der Taktikbesprechung auf dem Platz gehörte Keita kurzzeitig mal so richtig dazu – und sein kleiner Lauf dahin hat ihm sichtlich Spaß gemacht, er lächelte zufrieden.