Das Interesse war groß. Im Normalfall verlieren sich maximal eine Handvoll Journalisten im Medienraum des Weserstadions, wenn ein Pressetermin des SV Werder Bremen ansteht. Doch am Montagmorgen tummelten sich deutlich mehr Personen vor dem Podium, allein sechs Kameras waren aufgebaut worden. Sie alle wollten einfangen, wie sich Trainer Ole Werner vor dem DFB-Pokal-Viertelfinale seiner Mannschaft bei Arminia Bielefeld (Dienstag, 20.45 Uhr) präsentieren würde. Gerade nach der jüngsten Schmach in Freiburg, als Werder mit 0:5 untergegangen war. Um es vorwegzunehmen: Der 36-Jährige gab sich sehr aufgeräumt, hatte auch sein Lachen wiedergefunden und machte sogar einen kurzen Abstecher in die Fußball-Romantik.
Aber der Reihe nach. Natürlich drehte sich zunächst alles um die Kritik des Coaches vom vergangenen Freitag, als er klare Risse im Teamgefüge skizziert und öffentlich angeprangert hatte. Worte, die schon am Abend selbst, aber erst recht im Nachgang für reichlich Wirbel gesorgt hatten und davon zeugten, dass am Osterdeich einiges im Argen liegt. Neuerlich befeuern wollte Werner seine Schelte nun aber nicht. „Es ist jetzt nicht der Moment, einen Tag vor einem so wichtigen Pokalspiel noch einmal ausführlich darüber zu sprechen. Das können wir danach wieder tun“, betonte Werner. „Ich denke, dass Erfolg oder Misserfolg immer eine Rolle spielen, welche Dinge zutage treten und welche nicht. Es ist uns auch nicht allzu oft passiert, dass wir so auseinanderfallen wie in Freiburg und die Fehler bei anderen suchen. Das haben wir in der Vergangenheit schon anders gehandhabt. Dass wir es auch jetzt wieder anders machen müssen, ist jedem klar geworden.“
Die ganz normale Analyse habe für diese Erkenntnis genügt, gesonderte Extraeinlagen seien nicht vonnöten gewesen, erklärte Werders Cheftrainer. „Wir haben jetzt nicht die große Diskussionsrunde aufgemacht, weil es darum geht, dass sich jeder erst einmal mit sich selbst beschäftigt und schaut, welchen Anteil er an einer Niederlage hat oder daran, dass es sportlich nicht so läuft wie wir uns das vorstellen“, sagte Werner, der sich selbst erneut nicht ausklammerte. „Die Mannschaft weiß, was meine Verantwortung daran ist, und darum ging es mir. Jetzt liegt es an uns, diese Dinge zu ändern: ich meinen Teil und die Spieler ihren“, hob Werner hervor, der allerdings nicht ins Detail gehen und verraten wollte, um welche eigenen Mankos es ging. „Wenn ich alles öffentlich sagen wollen würde, dann könnte ich euch zu den Nachbesprechungen einladen“, meinte Werner grinsend, „aber das möchte ich in dem Fall nicht“.
Werder will der Favoritenrolle gerecht werden
Umso mehr möchte er mit seiner Mannschaft auf der Bielefelder Alm der eigenen Favoritenrolle gerecht werden – ungeachtet der jüngsten schwächeren Auftritte. „Es ist eine große Chance für uns. Jeder will ins Halbfinale, weil du nie weißt, wie oft du diese Möglichkeit in deiner Karriere bekommst“, unterstrich Ole Werner. Für ihn, sein Team und den gesamten Verein ist das Duell mit dem Drittligisten von enormer Bedeutung. In der Bundesliga sind die Bremer auf dem besten, weil schlechten Wege, sich eine zuvor ordentliche Saison gehörig kaputtzumachen. Der Pokal ist da so etwas wie die letzte Chance, doch noch Besonderes zu erreichen. Ziemlich viel Verantwortung, die da zusätzlich auf jenen Profis lastet, die zuletzt nicht gerade vor Selbstbewusstsein gestrotzt haben. Doch diese zusätzliche Last beeindruckt Werner überhaupt nicht. „Wenn ich ohne Druck Fußball spielen wollen würde, dann könnte ich jetzt hier zur Tür hinausgehen und sagen, dass ich mich zweimal die Woche mit meinen Freunden auf der Wiese treffe“, sagte er. „Dann habe ich gar keinen Druck, spiele aber auch Fußball – aber das macht ja keinen Spaß. Zumindest nicht immer.“
Es waren Worte, die der Auftakt für eine emotionale Kurzgeschichte wurden. Eine, die genau zeigt, wie der Sportler Ole Werner tickt. „Jeder fängt irgendwann an mit Fußball, guckt Fußball im Fernsehen und dann auch den DFB-Pokal. Da darfst du vielleicht mal lange wach bleiben“, verdeutlichte er äußerst bildlich. „Dann träumst du davon, dass du daran irgendwann teilnehmen kannst, auch mal im Viertelfinale stehst und das dann live übertragen wird, sodass andere Kinder vor dem Fernseher sitzen.“ Für ihn sei die jetzige Herausforderung deshalb mehr Chance denn einschüchternde Aufgabe. „Es gibt immer die Möglichkeit im Fußball, dass du ein Spiel verlierst. Aber wenn du damit nicht klarkommst, dann geh nach Hause und spiel mit deinen Kumpels im Freibad. Dann verlierst du vielleicht auch, aber das ist nicht so wichtig.“ Daher sei es umso bedeutender, die schwierige Prüfung am Dienstagabend wirklich mit voller Energie, aller Konsequenz und der Leidenschaft für das Spiel anzugehen. „Ich freue mich auf diese Möglichkeit. Ich weiß, dass das nicht einfach wird, aber auch, dass wir uns durchsetzen können“, betonte Werner. „Also: Vollgas nach vorne und diese Chance für sich nutzen. Wie geil ist das?! Wer das anders sieht, der muss ins Freibad gehen.“