Es war am Montagnachmittag exakt 17.15 Uhr, als sich der SV Werder Bremen mit einer Mitteilung an die Öffentlichkeit wandte, die das Ergebnis einer zuvor abgehaltenen Krisensitzung verkündete. Tim Wiese ist ab sofort und bis auf Weiteres nicht mehr erwünscht beim Bundesligisten, weil er gegenüber dem Verein nicht glaubhaft hatte versichern können, keine Kontakte in die rechte Szene zu pflegen. Der Ex-Profi reagierte auf seine ganz eigene Weise auf dieses Vorgehen, er machte am Abend Party auf dem Bremer Freimarkt und ließ sich auf der Bühne im Hansezelt feiern.
„Uns bleiben trotz seiner Aussagen Zweifel, dass Tim sich diesen Kreisen nicht zugehörig fühlt. Bei unserer Haltung, die wir bei Werder Bremen vertreten, darf es aber keine Zweifel geben“, wird Geschäftsführer und Präsident Hubertus Hess-Grunewald in der Mitteilung zitiert. Darin erklärt er, dass Ex-Profi Wiese künftig nicht mehr zu Veranstaltungen eingeladen und auch nicht mehr für die Werder-Traditionself auflaufen wird. „Werder distanziert sich von Tim Wiese“, heißt es. Es ist ein Schritt, mit dem der Verein auf die lang anhaltenden Irritationen rund um seinen ehemaligen Spieler reagiert.
Am vergangenen Wochenende waren zum wiederholten Male brisante Fotos von Tim Wiese aufgetaucht. Diese zeigen den 40-Jährigen in Gesellschaft von Personen, die der rechten Szene zugeordnet werden. Das bewog Werder nun zum Handeln, nachdem es bereits zu Jahresbeginn ein ernstes Gespräch mit dem ehemaligen Keeper gegeben hatte.
Damals habe der Club Wiese „unmissverständlich deutlich gemacht, dass dieser Umgang nicht mit den Werten des SV Werder Bremen zusammenpassen würde“, berichtet Hess-Grunewald. Innerhalb der Fanszene entwickelte sich ein stets größer werdender Protest gegen Wiese, der am 1. Oktober während des Heimspiels gegen Borussia Mönchengladbach öffentlich und unübersehbar zum Ausdruck kam. „Wer mit Nazis abhängt, hat im Weserstadion nichts zu suchen – keine Bühne für Tim Wiese!“, stand auf einem Banner geschrieben, das in der Ostkurve auftauchte.
Gegenüber unserer Deichstube wies Wiese die Vorwürfe tags darauf entschieden zurück. „Das ist absoluter Schwachsinn. Ich habe nichts mit der rechten Szene zu tun und positioniere mich auch ganz klar gegen Rechts“, betonte er. Ganz ähnliche Aussagen bekam damals auch Werders Leiter Profifußball Clemens Fritz zu hören, der mit Wiese einst in 205 Spielen gemeinsam für die Bremer auf dem Platz gestanden hatte. Der Kontakt zwischen den beiden Männern ist seitdem nicht abgerissen. „Ich habe vor zwei Wochen mit ihm telefoniert, nachdem beim Gladbach-Spiel das Banner hochgehalten worden war“, berichtete Fritz am Montagmittag – und erklärte: „Das, was er damals medial herausgegeben hat, hat er auch mir versichert, nämlich, dass er sich komplett von der rechten Szene distanziert. Das habe ich so hingenommen.“
Hess-Grunewald nannte Wieses Positionierung gegen Rechts Anfang Oktober einen „guten und richtigen“ Schritt, kündigte aber auch an: „Wir werden ihn an diesen Aussagen messen und genau hinschauen.“ Zwei Wochen später tauchten dann die neuen Fotos auf, die Wiese und eine Gruppe von Personen, von denen sich einige im rechten Spektrum bewegen sollen, ganz offensichtlich beim Besuch des Bremer Freimarkts zeigen.

Tim Wiese steht auf der Bühne im Hansezelt und lässt sich von den Freimarkt-Besuchern feiern.
In einem Telefonat wurde der Ex-Profi, der während seiner Laufbahn in 266 Pflichtspielen für Werder im Tor stand, am Montagnachmittag von der Geschäftsführung des Vereins darüber informiert, dass er fortan unerwünscht ist. Ein offizielles Stadionverbot plant Werder nach Informationen unserer Deichstube aber weiterhin nicht. Wiese selbst wollte sich auf Nachfrage am Montag nicht äußern, kündigte aber für die nächsten Tage eine Stellungnahme an.
Versteckt hat sich der 40-Jährige aber ganz und gar nicht. Am Montagabend besuchte Wiese den Freimarkt und stand im Hansezelt sogar auf der Bühne. Der DJ hatte ihn nach oben gebeten und dort sang der Ex-Profi dann mit Almklausi dessen Hit „Mama Laudaaa“. Die Stimmung der weit über 1000 Feierwütigen war bestens, Wieses Verbannung von Werder spielte keine Rolle.