Angst ist ein schlechter Berater im Fußball, aber ein bisschen Bammel darf man wohl haben, wenn man es mit Werder Bremen hält und einen Blick auf den kommenden Gegner riskiert. Filip Kostic, Luka Jovic, Andre Silva, Daichi Kamada: Da kommt ganz schön was auf Werder zu - und der derzeit aufregendste Dribbler der Liga, Amin Younes, taucht in der Liste der torgefährlichen Frankfurter noch gar nicht auf.
Eintracht Frankfurt ist die Mannschaft der Stunde in der Bundesliga, hat aus den neun Ligaspielen in diesem Kalenderjahr acht Siege und ein Remis eingefahren und dabei 24 Tore erzielt - so viele wie Werder bisher in der gesamten Saison. In der Tabelle ist die Mannschaft in dieser Zeit von Platz neun auf Platz vier geklettert, die Teilnahme an der Champions League ist längst keine entfernte Utopie mehr.
Frankfurt hat vor ein paar Wochen erst seinen Kapitän David Abraham verloren, sowie den Mittelstürmer Bas Dost, die Rollenspieler Danny da Costa und Dominik Kohr wurden nach Mainz verliehen. Es gab genug Stimmen, die den einen oder anderen dieser Transfers mit einem Qualitätsverlust im Kader verknüpften und der Mannschaft eine schwierige Rückserie prophezeiten. Und nun ist das exakte Gegenteil der Fall. Wie geht das?
Der Schlüssel zum Erfolg ist Trainer Adi Hütter. Der Österreicher erfindet in Frankfurt den Fußball nicht neu, im Grunde ist die Eintracht sogar eine von den ganz wenigen Mannschaften, bei denen man schon im Vorfeld exakt weiß, was man bekommt und worauf man sich vorbereiten sollte. Hütters Dreierkettenformation ist nach einem Abstecher zur Viererkette in der letzten Saison wieder in Stein gemeißelt, in der Regel spielt die Mannschaft mit zwei Sechsern und zwei Zehnern davor und auf den Außen mit zwei Flügelspielern.
Und auch der Ansatz ist immer derselbe: Mit Aktivität, Aggressivität, Widerstandsfähigkeit und Leidenschaft wird dem Gegner in allen Spielphasen zugesetzt. Frankfurt lässt seinen Kontrahenten keine Zeit zum Durchatmen, es ist immer stressig, bisweilen hektisch, der Fuß voll auf dem Gaspedal. Die Wucht im Frankfurter Spiel drängt die spielerischen Akzente gerne in den Hintergrund - dabei sind diese aber die entscheidende Zutat in Offensivspiel.
Natürlich powern Filip Kostic oder Almamy Toure unaufhörlich die Seitenlinie rauf und runter, dazwischen brilliert die Eintracht aber mit ihren wuseligen und besonders spielintelligenten Zehnern. Amin Younes und Daichi Kamada dürften derzeit gesetzt sein und stellen zwischen den gegnerischen Linie eine dauerhafte Bedrohung dar. Beide Spieler sind unglaublich geschickt in ihrer Positionierung und darin, auch aus engsten Situationen noch einen spielerischen Ausweg zu finden. Während Kamada eher strategisch veranlagt ist und einer der besten Spielmacher in der Liga sein dürfte, ist Younes in Dribbler vom alten Schlag.
Frankfurt spielt zwar einen sehr direkten Fußball mit sehr vielen Flankenläufen und Flanken - manchmal geht es zur Einbindung der Flügelspieler einfach nur mit einem vertikalen Pass die Seitenlinie entlang - hat sich seit dem Hinspiel gegen Werder aber auch im Ballbesitzspiel noch einmal verbessert.
Kleine, aber entscheidende Puzzlestücke auf dem Weg dorthin waren auch personelle Veränderungen. Nach Abrahams Abgang rückte Tuta in die Dreierkette und nicht wie vielleicht erwartet Makoto Hasebe. Der heimliche Spielmacher spielt nun eine Linie weiter vorne im defensiven Mittelfeld und dort an der Seite von Djibril Sow, der ein deutlich spielstärkerer Sechser ist als der in der Hinserie noch gesetzte Stefan Ilsanker.
Auf dem rechten Flügel teilen sich Erik Durm und Almamy Toure die Aufgabe ohne großen Qualitätsverlust. Spieler wie Sebastian Rode, Steven Zuber, Aymen Barkok und selbst Rückkehrer Luka Jovic sind außen vor, gleichzeitig aber auch Beleg für die hervorragende Kadertiefe der Mannschaft, die in jeder Partie von der Bank noch einmal ordentlich nachlegen kann.
Mit Hasebe auf der Sechs hat sich auch die Defensive noch einmal deutlich stabilisiert. Frankfurt streut zwar immer noch gerne sehr hohe und aggressive Pressingphasen ein, verteidigt mittlerweile aber auch mal tiefer und lässt sich so nach einem Ballgewinn mehr Platz zum Kontern hinter den gegnerischen Linien. Ein Markenzeichen bleibt das sehr körperbetonte Spiel der Mannschaft. Frankfurt sucht gegen den Ball gerne das direkte Duell und dann kann es auch mal weh tun: Die zweitmeisten Fouls der Liga führen zu Platz eins in der Karten-Statistik.
Werder erwartet eine robuste Mannschaft mit jeder Menge Geschwindigkeit und Wucht, die aber auch fußballerische Glanzpunkte setzt und derzeit fast unbesiegbar scheint. Es wird die bisher größte Aufgabe in der Rückrunde, gegen dieses Team zu bestehen.