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Werder-Kolumne Schön, dass Ducksch sich jetzt selbst Druck macht

Es schien nur eine Formsache zu sein, verzögerte sich dann aber mitsamt einiger merkwürdiger Momente: Marvin Duckschs neuer Vertrag bei Werder. Zeitweise hatte der Poker ein Geschmäckle, meint Jean-Julien Beer.
10.07.2023, 17:37 Uhr
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Schön, dass Ducksch sich jetzt selbst Druck macht
Von Jean-Julien Beer

Am Ende war es nicht mehr als ein unterhaltsames Sommertheater, das rund um einen möglichen Wechsel von Marvin Ducksch aufgeführt wurde. Bleibt er? Geht er? Landet er sogar in der Wüste? Oder bei einem großen Klub? Und wann greift eigentlich diese sagenumwobene Ausstiegsklausel? Das waren die Fragen der vergangenen Wochen, ehe der Stürmer dann doch bei Werder verlängerte. Diese Unterschrift hätte er schon sehr viel früher setzen können – er tat es aber nicht.

Danach mit blumigen Worten zu erklären, dass er sowieso immer nur bei Werder bleiben wollte, war der Schlussakt dieses Schauspiels. Betrachtet man die Dinge etwas genauer, gibt es ein paar Auffälligkeiten.

Sicher überraschte es den Spieler (und es freute Werder), dass kein anderer Verein die Ausstiegsklausel in Höhe von 7,5 Millionen Euro Ablöse aktivierte, obwohl Ducksch die beste Saison seines Lebens spielte und in der Bundesliga zwölf – zum Teil sehr schöne – Tore schoss. Insgeheim hatte man bei Werder erwartet, dass kein anderer Verein zugreift. Denn richtig ist ja auch: Man kennt Ducksch, bei Werder und in der Liga. So schön seine Tore und sein Jubel auch sind, dazwischen gibt es immer wieder Spiele, in denen man eher wenig bis nichts von ihm sieht. Das unterscheidet ihn von Niclas Füllkrug, der auch an schlechten Tagen als Kämpfer und Anspielstation für lange Bälle wertvolle Dienste verrichtet.

Ducksch ist zudem der klassische zweite Stürmer neben einem Zentrumsstürmer. Doch viele Vereine spielen ein anderes System; für die kam Ducksch nicht infrage. Eine Rückkehr zu seinem Heimatklub Borussia Dortmund schien verlockend, aber auch der BVB wollte nicht so viele Millionen für einen Spieler ausgeben, der in dieser Star-Truppe  kaum mal auf dem Rasen stehen würde. Andere Vereine wiederum beschäftigen Trainer, die lieber auf deutlich diszipliniertere Spieler setzen.

Als die Klausel nicht gezogen war, konnte man getrost davon ausgehen, dass jetzt auch kein anderer Klub mehr auftauchen würde, der noch mehr als jene 7,5 Millionen bezahlen würde. Ein Geschmäckle hatte es deshalb natürlich schon, dass nun plötzlich Gerüchte über ein angebliches Interesse aus der arabischen Welt auftauchten – so als würde Werder Gefahr laufen, den Wettstreit um Ducksch gegen irgendeinen Scheich mit seinen Öldollar zu verlieren. Solche Gerüchte werden in Transferphasen oft gestreut. Werder ließ sich aber nicht treiben. Dass es für die Öffentlichkeit so aussah, als müsste Werder sich endlich mehr um Ducksch bemühen – dieser Unterton hat nicht jedem im Verein gefallen. Denn das neue Vertragsangebot mit einem deutlich besseren Gehalt lag Ducksch schon längst vor. Er hätte es nur unterschreiben müssen, und schon wäre alles in Windeseile geklärt gewesen.

Am Ende hat Ducksch dann doch die vernünftige Entscheidung getroffen, bei Werder zu bleiben – und damit weiter für den Verein zu spielen, der wie kein anderer Klub in seiner Karriere zu ihm passt. Trainer Ole Werner schenkte ihm stets eine Menge Vertrauen (auch nach dem Aufstieg, als eigentlich Oliver Burke stärker war) – und es wäre verrückt gewesen, wenn Ducksch das jetzt nicht wertgeschätzt hätte. Werders Spielweise ist ihm auf den Leib geschneidert.

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Bemerkenswert ist natürlich auch, dass sich Ducksch mit seinen Ambitionen in Richtung Nationalmannschaft selbst gehörig unter Druck gesetzt hat. Er wird in den kommenden Monaten noch mehr Tore schießen müssen als bisher. Die Werder-Fans werden bei Ducksch also eher nicht das unschöne Phänomen erleben, dass hier jemand nach einer Gehaltserhöhung weniger Leistung bringt. Deshalb hat Werder Duckschs Aussagen bezüglich des EM-Kaders zwar erstaunt, aber auch erfreut zur Kenntnis genommen: Erfolgshungrige Spieler kann man schließlich nicht genug haben. Mehr Tore sind immer willkommen. Dass die Ambitionen auf einen Platz im deutschen EM-Kader ausgerechnet in der heißen Phase seines Vertragspokers öffentlich wurden, war ja gewiss nur Zufall.

Eine Konsequenz hat Duckschs Bleiben: Für Rückkehrer Nick Woltemade wird es nun viel schwerer, in Bremen Spielanteile zu bekommen. Denn: Die Rolle um einen zentralen Stürmer herum würde noch am ehesten zu ihm passen. Das aber ist und bleibt Duckschs Rolle – und auch die der neuen Stürmer Justin Njinmah und Dawid Kownacki. Woltemade muss die Saisonvorbereitung nutzen, um sich intern in eine gute Position zu bringen. Gelingt ihm das nicht, ist für alle Beteiligten nur eine erneute Ausleihe sinnvoll.

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