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Werder-Kolumne Die Spielergehälter dürfen nicht explodieren

Je mehr Stars bei Werder bleiben oder neu kommen, desto schwieriger wird es, den Gehaltsrahmen nicht zu sprengen. Die Bremer müssen aufpassen, kein zu großes Risiko einzugehen, meint Jean-Julien Beer.
31.07.2023, 17:54 Uhr
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Die Spielergehälter dürfen nicht explodieren
Von Jean-Julien Beer

Würde es nach den Fans gehen, wäre die Sache schon lange klar: Dann hätten Marvin Ducksch und Niclas Füllkrug im Mai gemeinsam ihre Verträge bei Werder verlängert und würden mit Naby Keita sowie zwei bis drei weiteren Neuzugängen in Bremen die neue Saison angehen. Sicher würden sich das auch Frank Baumann und Clemens Fritz wünschen – aber das Formen eines Bundesligakaders ist eben auch eine Frage der finanziellen Möglichkeiten und kein Wünsch-dir-was-Spiel. Man kann sich das wie bei einem Kuchen vorstellen, von dem jeder Spieler im Kader ein Stück in Form von Gehalt abbekommt: Wenn der Kuchenteller leer ist, dann gibt es nichts mehr.

Genau das ist auch bei Werder zu bedenken. Zwar wurde das Gehaltbudget im Vergleich zur vergangenen Saison nun leicht angehoben, weil dem Verein durch TV-Gelder und Sponsoring höhere Einnahmen zur Verfügung stehen. Der finanzielle Rahmen für die Spielergehälter ist aber nur etwas größer geworden und nicht unendlich. Von diesem Kuchen, um im Bild zu bleiben, bekommt Ducksch nach seiner Vertragsverlängerung ab sofort bereits ein größeres Stück, auch Keita wird nicht mit Krümeln abgespeist, ganz im Gegenteil. Und der neue Stürmer Dawid Kownacki kassiert, zumal ablösefrei gekommen, auch ein ordentliches Gehalt.

Wenn Füllkrug mit einer Vertragsverlängerung und höheren Bezügen folgen sollte, wäre der Kuchen quasi schon mehr als weg, denn die übrigen Spieler im Kader bekommen ja auch alle ihr Stück ab. Neue Außenbahnspieler oder ein Sechser sitzen hier noch gar nicht mit am Tisch. Man muss kein Mathematiker sein und kein Tortenbäcker, um zu merken, dass da nicht jeder glücklich werden kann.

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Wenn neben Keita und Ducksch auch Füllkrug nach Ende des Transfersommers am 1. September noch auf Werders Gehaltsliste steht, müssten andere runter. Die bisherigen Abgänge von Spielern wie Eren Dinkci, Fabio Chiarodia oder Lee Buchanan reichen bei Weitem nicht aus.

Sonst müsste man irgendwie tricksen – was angesichts der Verschuldung in Höhe von mehr als 40 Millionen Euro nicht ratsam wäre. Gut ist jetzt natürlich, dass bei Keita gewisse Vereinbarungen im Vertrag greifen. Spielt er viel, ist der langjährige Profi des FC Liverpool ein teurer Werder-Profi. Macht er weniger Spiele, ist er günstiger. Man muss ja nicht verstehen, warum sich Werder nach den Erfahrungen mit dem verletzungsanfälligen Top-Spieler Ömer Toprak schon wieder auf so ein Wagnis eingelassen hat. Aber immerhin gibt es im Vertrag leistungsabhängige Komponenten, wie man aus dem Verein hört. In den nächsten Wochen spielt Keita erst einmal gar nicht. Zu schwer ist seine Muskelverletzung im Adduktorenbereich.

Auch ein topfitter Keita würde Werders Gehaltsgefüge aber nicht sprengen. Andererseits war das finanzielle Risiko in seinem Fall kalkulierbar: Wegen seiner ständigen Verletzungen machte er in der Champions League vergangene Saison kein einziges Spiel, in der Liga fiel er in 28 Partien (!) aus. Nur drei Mal gehörte Keita in der Premier League zu Liverpools Startelf. Am 13. Februar spielte er eine Minute gegen Everton, am 25. Februar stand er letztmals in der Startelf, im linken Mittelfeld, bei Liverpools 0:0 gegen Crystal Palace – in der Halbzeit blieb er in der Kabine.

Die These, dass durch die Verpflichtung von Keita die Plätze im Mittelfeld weniger werden, wackelt gewaltig.

Seither fehlte er wegen Muskelverletzungen. Ein Spiel über 90 Minuten machte er letztmals am 17. Januar in der dritten Runde des FA-Cups gegen Wolverhampton. Es dürfte also eine kleine Ewigkeit dauern, bis der frühere Topstar von RB Leipzig in Bremen in Form kommt – wenn überhaupt. Umso verwunderlicher, dass er im Juni als Kapitän der Nationalmannschaft von Guinea gegen Brasilien 74 Minuten auf dem Rasen stand. Klar ist: Keita hat schon eine Menge Spiele in den Beinen. Zur zeitlichen Einordnung: Sein Debüt für Guinea gab er im Mai 2014, damals hieß Werders Trainer noch Robin Dutt.

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Wenn man das alles bedenkt, ist es knifflig, zuverlässige und vielseitig einsetzbare Spieler wie Romano Schmid oder Niklas Schmidt vielleicht zu verkaufen. Klar: Notfalls müssen Spieler dieser Kategorie runter von der Gehaltsliste, damit die finanzielle Blase nicht platzt. Andererseits: Die These, dass durch die Verpflichtung von Keita die Plätze im Mittelfeld weniger werden, wackelt gewaltig. Dazu müsste Keita erst zuverlässig zur Verfügung stehen. Und: Ein Verkauf von Füllkrug würde Werder ausschließlich finanziell entlasten. Sportlich wäre es extrem riskant. Werder tat sich bisher allerdings schwer damit, dem Torschützenkönig einen besseren Vertrag zu geben: Denn das Gehaltsbudget soll und darf er auf keinen Fall sprengen.

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