Mit hoher Wahrscheinlichkeit heißt der Trainer von Werder Bremen auch in der neuen Saison Ole Werner. Es wäre dann seine fünfte Saison in dieser Rolle, was im heutigen Profifußball eine lange Zeit für einen Cheftrainer ist. Damit erfüllt Werner inzwischen die Sehnsucht vieler Fans, die sich ähnlich wie bei den Werder-Legenden Otto Rehhagel und Thomas Schaaf (beide waren mehr als 14 Jahre im Amt) wieder mehr Konstanz auf dem Trainerstuhl wünschen.

Grün auf Weiß ist die Werder-Kolumne des WESER-KURIER, in der Chefreporter Jean-Julien Beer einen Blick hinter die Kulissen des Bremer Traditionsvereins wirft, Zusammenhänge erklärt und Entwicklungen einordnet.
Nun gibt es im Profifußball zwar nie eine Garantie dafür, dass die Pläne aus dem März auch im Juli noch gelten – aber es müsste schon viel passieren in den kommenden Wochen, damit Werder und Werner ab Sommer getrennte Wege gehen. Entweder müsste ein Verein den Cheftrainer abwerben und den Grün-Weißen ein Ablöse-Angebot unterbreiten, das eine Überlegung wert wäre. Im Moment ist das unwahrscheinlich. Oder der Trainer müsste noch dermaßen viele Spiele auf erschreckende Art verlieren, dass ein sportlicher Neubeginn unausweichlich würde. Nach dem desaströsen Februar kann man das zwar nicht ausschließen, man will es aber natürlich nicht hoffen.
Die dritte Variante: Verein und Trainer geraten in den Gesprächen über eine Verlängerung des noch bis 2026 gültigen Vertrages derart aneinander, dass eine gemeinsame Zukunft keinen Sinn mehr macht. Nach einem ersten Vorgeplänkel wurden die Vertragsgespräche aber verschoben, denn Wochen voller Niederlagen sind in der Regel kein guter Nährboden, um eine neue, langfristige Zusammenarbeit zu vereinbaren.
Es gibt ein paar offene Punkte
Am Gehalt des Trainers würde eine Vertragsverlängerung eher nicht scheitern. Und auch wenn Werner vom Verein gerne etwas konkreter wüsste, welche Kaderpläne man für die nächsten Jahre realistisch umsetzen kann und wie groß der Umbruch schon im Sommer ausfallen soll – auch der Verein hat ein paar Punkte, bei denen beide Seiten noch klären müssen, ob sie auf einen gemeinsamen Nenner kommen.
Wie man hört, könnte auch die Besetzung des Trainerteams in der Profiabteilung noch eine Rolle spielen. Im vergangenen Jahr hatte es hier eine Veränderung gegeben, als der Verein Nelson Valdez zu den Profis beförderte. Primär sollte der Ex-Stürmer, der seit geraumer Zeit seine Trainerlizenzen erwirbt, als Vertrauensperson und Übersetzer für Neuzugang Julian Malatini fungieren. Valdez ist Paraguayer, Malatini Argentinier. Beide sprechen Spanisch. Dass Malatini in jenen Monaten als Mensch und als Fußballer aufblühte, war offensichtlich. Doch nach Saisonende musste Valdez wieder weichen – dass sich Malatini seither besonders gut entwickelt hat, kann niemand behaupten.
Valdez würde nie sagen, dass er diesen Schritt zurück in den Trainerstab von Werders U 23 als Degradierung empfunden hat, dafür ist der 77-malige Nationalspieler zu anständig. Aber: In seiner Zeit im Trainerteam der Profis kam er nicht nur bei Malatini gut an, sondern war auch bei einem größeren Teil der Mannschaft willkommen. Und so gibt es Stimmen, dass der WM-Teilnehmer Nelson Valdez rund um eine Bundesligamannschaft sinnvoller aufgehoben sein könnte als in der Regionalliga Nord.
Zumal es schon vor dieser Saison Gedankenspiele gab, im Trainerteam etwas zu verändern und für frischen Wind zu sorgen. Viele Abläufe und Meinungen haben sich dort im Laufe der Zeit verselbstständigt, was normal ist. In Ole Werners Trainerteam ist vom ersten Tag an Patrick Kohlmann dabei, er übernahm mit seinem Chef das verunsicherte Team im November 2021 nach dem Impfpass-Skandal um Markus Anfang. Kohlmann ist Ex-Profi, er machte mehr als 200 Spiele für Union Berlin und Holstein Kiel. Nur zwei Monate später stieß Hannes Drews dazu, wie Werner ein Mann mit Kieler Vergangenheit. Aus den Anfang-Zeiten ist noch der Rheinländer Tom Cichon dabei. Und als Torwarttrainer wirkt Christian Vander – aber unabhängig vom jeweiligen Cheftrainer. Vander hat einen Vertrag mit dem Verein, ein neuer Cheftrainer bringt bei Werder keinen eigenen Torwarttrainer mit.
Menschlich wird Ole Werner von den Profis geschätzt. Eine weitere, andere Perspektive auf taktische und fußballspezifische Fragen könnte aber dennoch nicht schaden, so hört man. Ob man dazu das Trainerteam vergrößern müsste, gehört zu den offenen Punkten. Ob Werner vor dieser Saison seinen Willen durchgesetzt und sein „altes“ Trainerteam behalten hat oder ob der Verein andere Ideen nicht hartnäckig genug verfolgte, sei mal dahingestellt. Zur nächsten Saison könnte es aber erneut zu Überlegungen und Diskussionen kommen.
Nelson Valdez, der beim Diego-Abschied ein sehenswertes Tor schoss (was unter Profis immer gut ankommt), ist dabei nicht die einzige spannende Option. Auch Werder-Größen wie Ömer Toprak, Tim Borowski oder Philipp Bargfrede sind interessante Namen mit eigenem Charakter und einer gewissen Nähe zur heutigen Spielergeneration.