Es war ein echter Krimi, das im Vorfeld vermutete Spektakel – und für den SV Werder Bremen ist es nicht gut ausgegangen. In der zweiten Runde des DFB-Pokals schied die Mannschaft von Cheftrainer Ole Werner am Mittwochabend mit 4:5 (2:2, 2:2, 0:2) nach Elfmeterschießen gegen den Zweitligisten SC Paderborn aus. Zum großen Pechvogel avancierte dabei ausgerechnet Leonardo Bittencourt, der seine Mannschaft zuvor überhaupt erst zurück ins Spiel geführt hatte, ehe in der Verlängerung eine strittige Schiedsrichterentscheidung die Bremer Gemüter erhitzen sollte.
Im Vergleich zum Ligaspiel gegen Mainz (0:2) hatte Werner gleich drei personelle Veränderungen in seiner Anfangsformation vornehmen müssen. Für den angeschlagenen Kapitän Marco Friedl (Adduktorenprobleme) kehrte Milos Veljkovic nach überstandener Verletzung ins Team zurück, während Jens Stage anstelle von Christian Groß (krank) auf dem Spielberichtsbogen stand. Im Sturm feierte derweil Oliver Burke sein Startelfdebüt für Werder – und zwar als Vertreter des suspendierten Marvin Ducksch (siehe Text auf dieser Seite). Es waren im ersten Durchgang dann aber die Angreifer des Gegners, die im Mittelpunkt standen.
In der zweiten Liga hat Paderborn sechs von bisher sieben Spielen im eigenen Stadion gewonnen, 24 seiner insgesamt 32 Treffer hat das Team zu Hause erzielt – und diese Heimstärke sollte Werder schmerzhaft zu spüren bekommen. Nachdem die Gäste durch Mitchell Weiser früh zu einer Kopfballchance gekommen waren (2.), entwickelte sich eine zerfahrene Partie, in der Paderborn durch große Effizienz glänzen sollte. Unterstützt wurden die Ostwestfalen dabei allerdings von großen Bremer Nachlässigkeiten. Vor dem Paderborner 1:0 hatte Romano Schmid den Ball unnötig in der gegnerischen Hälfte verloren, danach ging es schnell. Nach einem Steilpass hatte Marvin Pieringer das Auge für Sturmpartner Felix Platte, der in der Mitte weder von Anthony Jung noch von Niklas Stark entschieden angegriffen wurde – und den Ball überlegt im Tor unterbrachte (22.).
Es war ein Treffer, der den Gastgebern sichtbar Aufwind verlieh, während Werder vorne vergeblich anlief. Erst in der Schlussphase der ersten Hälfte kam der Bundesligist wieder zu einem nennenswerten Abschluss: Nach schönem Pass von Stage brachte Burke den Ball zunächst nicht aufs Tor, ehe Niclas Füllkrug im zweiten Anlauf an Paderborns Keeper Leopold Zingerle scheiterte (40.). Wenig später schlug es dann auf der Gegenseite erneut ein, weil sich Werders Defensive einmal mehr äußerst schläfrig präsentierte.
Julian Justvan bediente den schnellen Sirlord Conteh per Steilpass, der Flügelstürmer wurde von Milos Veljkovic nur begleitet statt bedrängt – und schob den Ball am herauseilenden Jiri Pavlenka vorbei ins Tor – 2:0. Auch Werders Keeper hatte bei der Szene gar nicht gut ausgesehen, weil keine Notwendigkeit bestanden hatte, die Linie zu verlassen (40.).
In der Halbzeitpause reagierte Werner auf den bis dahin erschreckend schwachen Auftritt seiner Mannschaft: Lee Buchanan ersetzte Jung, Niklas Schmidt kam für Stage in die Partie. Besser wurde es dadurch zunächst aber nicht. Auch die ersten gefährlichen Abschlüsse nach dem Wechsel gehörten den Hausherren: Kapitän Ron Schallenberg boten sich gleich zwei gute Möglichkeiten (53./56.).
Paderborn war dem dritten Treffer in dieser Phase eindeutig näher als Werder dem Anschluss, was Werner zwei weitere Male wechseln ließ. Für den blassen Burke kam Eren Dinkci zu seinem Pflichtspieldebüt in dieser Saison (57.). Kurz darauf durfte dann auch Leonardo Bittencourt (ersetzte in der 64. Minute Schmid) mitwirken, was sich schnell bezahlt machen sollte.
Nachdem Stark den Ball erobert hatte, brachte Weiser den Joker in gute Abschlussposition, und Bittencourt traf nur 70 Sekunden nach seiner Einwechslung per abgefälschtem Schuss zum 1:2 (66.). Werder rannte jetzt immer wieder an, während Paderborn auf den entscheidenden Konter lauerte. In der 76. Minute war es wieder Bittencourt, der nach schönem Doppelpass mit Dinkci für Gefahr sorgte – den Ball allerdings nicht ideal traf. Der 28-Jährige war nun an nahezu jeder Offensivaktion der Bremer beteiligt und brachte dementsprechend auch das 2:2 auf den Weg. Mit einem Eckball fand er den Kopf von Weiser, der Zingerle im Paderborner Tor keine Chance ließ – 2:2 (84.). Mit diesem Spielstand ging es wenig später in die Verlängerung, was sich Werder nach einer deutlichen Leistungssteigerung fraglos verdient hatte. Und jetzt wurde es erst so richtig turbulent.
In der 101. Minute traf Füllkrug per Kopf zum 3:2 – dachten zumindest alle. Schiedsrichter Frank Willenborg entschied zunächst auch auf Tor, nahm den Treffer nach Rücksprache mit seinem Assistenten aber wieder zurück, weil dieser einen Schubser von Fabio Chiarodia gegen Robert Leipertz gesehen hatte. Eine fragwürdige Entscheidung, die übrigens ohne Videoschiedsrichter getroffen wurde, weil dieser im Pokal erst ab dem Achtelfinale zum Einsatz kommt. Erst nach mehrminütiger Unterbrechung und wütenden Bremer Protesten ging es weiter – und nach 120 Minuten ins Elfmeterschießen.
Nachdem die ersten acht Schützen jeweils souverän verwandelt hatten, avancierte ausgerechnet Bittencourt zum großen Pechvogel und scheiterte an Zingerle. Danach überwand Richmond Tachie Pavlenka und schoss Paderborn mit 5:4 nach Elfmeterschießen in die nächste Runde.