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Werder-Sieg in der Analyse Wie Werners Notelf Darmstadt knackte

Trotz zahlreicher Ausfälle gewann Werder das Spiel gegen Darmstadt – und das nicht nur wegen der Roten Karte für den Gegner. Am Ende bleibt eine starke Leistung hängen, analysiert Tobias Escher.
20.03.2022, 12:15 Uhr
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Von Tobias Escher

Im Spitzenspiel feiert Werder Bremen einen wichtigen 1:0-Sieg. Der SV Darmstadt hatte sich eigentlich einen guten Matchplan zurechtgelegt, schwächte sich durch eine Rote Karte jedoch selbst. Wieso Darmstadt in Unterzahl eine clevere Taktik verfolgte und weshalb Werder dennoch zu zahlreichen Chancen kam, analysiert unser Taktik-Kolumnist Tobias Escher.

Ausgerechnet jetzt. Am Samstagabend stand für Werder Bremen das Topspiel gegen den Tabellenführer an. Gegen Darmstadt fehlten Trainer Ole Werner jedoch in allen Mannschaftsteilen Schlüsselspieler: In der Abwehr musste er Abwehrchef Ömer Toprak und Marco Friedl ersetzen, im Angriff infizierten sich Marvin Ducksch und Leonardo Bittencourt mit Corona. Werner musste kreativ werden. Seine Mannschaft bewies beim 1:0-Erfolg, dass auch der zweite Anzug sitzt.

Darmstadts Matchplan ging auf – zunächst

Trotz der zahlreichen Ausfälle verzichtete Werner darauf, das taktische System zu wechseln. Werder trat erneut in einem 3-5-2 an. Der Trainer nahm also nur personelle, keine taktischen Wechsel vor. Eren Dinkci übernahm Ducksch‘ Rolle im Sturm. Christian Groß rückte in die Abwehrkette, dafür durfte Nicolai Rapp als Sechser auflaufen. Vor ihm agierte in Romano Schmid und Niklas Schmidt eine neue Doppelacht.

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In der ersten Viertelstunde fielen eher die Darmstädter mit taktischen Feinheiten auf. Trainer Torsten Lieberknecht hatte sich einen cleveren Matchplan zurechtgelegt. Er stellte seine Mannschaft in einer Mischung aus 4-3-3 und 4-4-2 auf. Der Clou: Überall auf dem Feld stellte Darmstadt Mannorientierungen her. Von der ersten Minute an hielten sie den Druck hoch.

So lief in vorderster Linie Philipp Tietz zusammen mit den beiden äußeren Mittelfeldspielern Werders Dreierkette an. Dahinter nahm der zweite Stürmer Aaron Seydel Werders Sechser Rapp in Manndeckung. Auch Schmid und Schmidt wurden von ihren Gegenspielern teils weit verfolgt. In den ersten Minuten gewann Darmstadt mit diesem aggressiven Pressing die Oberhand. Bis zur 25. Minute lag Werders Passgenauigkeit bei unter 75 Prozent. Darmstadt brachte hingegen über 80 Prozent der Pässe zum Mitspieler.

Rote Karte verschafft Werder Luft

Erst nach einer Viertelstunde schaffte es Werder, sich etwas freizuschwimmen. Groß zeigte sich im Spielaufbau nun flexibler. Er rückte häufig vor auf eine Höhe mit Rapp und hebelte so die Manndeckung des Gegners aus. Zudem bespielte Werder die Außen häufiger. Das funktionierte gut gegen die recht enge Formation der Darmstädter. Felix Agu und Manuel Mbom standen nach Verlagerungen häufig frei.

Zu Chancen kam Werder so zwar nicht. Ein Aufbauversuch über die linke Seite führte aber zur Schlüsselszene des Spiels: Schmids Manndecker Klaus Gjasula wusste sich nur mit einem bösen Foul zu helfen. Darmstadt musste in Unterzahl weiterspielen (23.). Sie konnten das hohe Pressing nicht mehr aufrechterhalten. Werder übernahm die Kontrolle über die Partie.

Doch auch mit zehn Spielern fiel Darmstadt noch mit taktischen Finessen auf. So zogen sie sich nicht – wie normalerweise in Unterzahl üblich – in einem 4-4-1 in die eigene Hälfte zurück. Darmstadt verteidigte in vielen Situationen in einem 4-3-2. Hiermit konnten sie das Zentrum kontrollieren. Die beiden Stürmer bewachten die Passwege in die Mitte, dahinter nahmen die drei Sechser Werders Mittelfeldspieler in Manndeckung. Erst wenn Werder sich in die gegnerische Hälfte kombiniert hatte, ließ Seydel sich nach Linksaußen fallen. Es entstand das klassische, kompakte 4-4-1.

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Werders lässt viele Chancen liegen

Werders große Stärke in der aktuellen Phase ist ihre Fähigkeit, konstant Angriffe durch das Zentrum zu fahren, egal wie gut der Gegner verteidigt. So war es auch gegen Darmstadt: Obwohl deren Formation eigentlich nur auf den Flügeln Lücken bot, suchte Werder wieder und wieder den Weg durch das Zentrum. Oft scheiterte es. Wenn es jedoch funktionierte, konnte Werder sofort mit Vollgas auf die gegnerische Abwehrkette zulaufen. So auch vor Niklas Füllkrugs Treffer zum 1:0 (52.).

Nach und nach spielten sich die Reservisten ins Rampenlicht. Schmidt bewegte sich häufig auf die Zehnerposition. Er schuf eine Anspielstation für die zahlreichen Bälle ins Zentrum. Dinkci wiederum wich häufig nach links aus und suchte die Tiefe. Darmstadts Rechtsverteidiger Matthias Bader war mit seinen Vorstößen überfordert.

So erarbeitete sich Werder in der zweiten Halbzeit die Dominanz über das Spiel. Sie kontrollierten nicht nur den Ballbesitz (60 Prozent), sondern kamen auch immer wieder gefährlich in die Nähe des Strafraums. 26 Torschüsse gab Werder ab, so viele wie noch in keinem Spiel dieser Saison. Dank einer starken Leistung von Torhüter Marcel Schuhen blieb es beim 1:0.

Fazit: Auch das Werder-Ersatzteam kann siegen

So konnte Lieberknecht in der Schlussphase noch einmal offensiv wechseln. Erst stellte er auf ein 4-2-3 um, ehe er in der Schlussphase die Viererkette auflöste. Die Alles-oder-nichts-Taktik half seinem Team aber nicht. Werder konnte die 1:0-Führung ins Ziel bringen.

Obwohl Werder sich in der Anfangsviertelstunde mühte, bleibt am Ende eine starke Leistung hängen. Die Spieler aus der zweiten Reihe bewiesen, dass sie die Stammspieler ersetzen können. Zwar fehlte in der Abwehr beizeiten die Ruhe eines Topraks, im Sturm war das Spiel ohne Bittencourt und Ducksch etwas wuchtiger und weniger filigran. Werders Angriffsspiel war aber nicht minder funktionabel. Das stimmt positiv für die kommenden Wochen. Werder scheint gewappnet für alle Eventualitäten.

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