Erst die Rückkehr in die Bundesliga, dann diese spektakuläre Aufholjagd zum 3:2-Rekordsieg bei Borussia Dortmund – Werder Bremen ist in Fußball-Deutschland, ach was, in Fußball-Europa in aller Munde. Ole Werner freut das, er hat seinen Emotionen am vergangenen Samstag in Dortmund auch freien Lauf gelassen, doch der Werder-Coach ist vor dem Heimspiel am Sonntag gegen Eintracht Frankfurt (17.30 Uhr/DAZN live) längst wieder in den Alltagsmodus zurückgekehrt: „Es hat sich nichts verändert. Ich habe immer noch die gleichen Arbeitszeiten und es größtenteils mit den gleichen Leuten zu tun. Und alles, was drumherum passiert, bekomme ich nur zu einem gewissen Teil mit und ist für mich auch nicht so relevant.“
Sein Fokus liegt fast ausschließlich auf dem eigenen Team und damit auf der nächsten Aufgabe. Und die hat es in sich. „Eintracht Frankfurt ist amtierender Europapokalsieger“, betont Werner ausdrücklich. Quasi für den Fall, dass das jemand vergessen haben sollte. Denn die Eintracht ist in dieser Saison nicht nur sieglos, sondern auch noch weit entfernt von ihrer Euro-Form. Mit zwei Zählern rangieren die Hessen im Tabellenkeller. „Sie werden auch in dieser Saison eine gute Rolle spielen“, prophezeit Werner und warnt: „Was Wucht und Geschwindigkeit angeht, hebt sich die Eintracht in der Bundesliga noch mal von vielen Mannschaften ab.“
Deswegen fordert der Werder-Coach eine besondere Körperlichkeit von seinen Spielern, „du musst die Zweikämpfe richtig führen“. Das hat schon in Dortmund gut geklappt. Doch das allein reicht Werner nicht aus. „Wir haben wieder die Möglichkeit, zu zeigen, dass wir auch gegen so eine körperlich präsente Mannschaft Fußball spielen können. Wir müssen im eigenen Ballbesitz klar sein und uns Torchancen erspielen.“ Es bleibt dabei: Werder will auch als Aufsteiger lieber agieren und nicht nur reagieren, wie es viele Mannschaften gegen vermeintlich bessere Teams machen. Vor dem Saisonstart hatte es durchaus Zweifel daran gegeben, ob bei den Grün-Weißen die Qualität für diesen anspruchsvolleren Weg ausreicht. Und siehe da, das Kollektiv funktioniert. Die lange und intensive Vorbereitung zahlt sich aus. Werder war früher als die meisten Konkurrenten aus der Sommerpause gekommen, um nicht nur fit, sondern auch eingespielt zu sein. Die Automatismen im Angriff sind nicht zu übersehen. Der Ausgleich von Niklas Schmidt in Dortmund war von der Entstehung ebenso wenig ein Zufall wie der Siegtreffer von Oliver Burke.
Die Arbeit vor dem Strafraum
Es läuft also – und trotzdem gibt es auch ein Problem, ein nicht mal kleines. In den ersten drei Bundesligaspielen hat es hinten schon sechs Mal gescheppert, gleichmäßig verteilt auf alle Partien. Natürlich sei das in den vergangenen Tagen ein Thema gewesen, bestätigt Werner: „Du solltest nicht jede Woche zwei Gegentreffer bekommen, wenn du in der Liga punkten willst. Das kann zwar trotzdem gelingen, dazu haben wir die offensive Kraft. Aber es ist Aufgabe der gesamten Mannschaft und von uns als Trainer, die gute Defensivleistung zu noch weniger Gegentoren zu bringen.“ Dabei hat er speziell die Arbeit vor dem Strafraum im Blick. Beide Treffer in Dortmund resultierten aus Distanzschüssen, auch Stuttgart war so ein Mal gegen Werder erfolgreich gewesen. „Das können wir besser machen“, findet Werner.
Am Osterdeich lehnt sich also niemand zurück. Zwar wird in diesen Tagen beim Training auffällig viel gelacht, aber dabei angeblich keineswegs in den Rückspiegel geschaut. „Dortmund war auf dem Platz und in der Kabine kein großes Gesprächsthema mehr, es ging nur noch um Eintracht Frankfurt“, sagt Werner. Doch so ganz will er den Coup des vergangenen Wochenendes dann doch noch wegschieben. „Natürlich nehmen wir den Rückenwind gerne mit.“ Aber deshalb hebe keiner ab. Es wird vielmehr alles dafür getan, den Erfolgsweg weiterzugehen. Und der 26. Februar 2021 soll möglichst bald nicht mehr der Tag sein, an dem im Weserstadion der letzte Bremer Sieg in Liga eins gefeiert wurde. Der Gegner hieß damals übrigens Eintracht Frankfurt – das würde also passen.