Markus Anfang ist nicht zu beneiden. Am Montag weiß Werders Trainer noch nicht, welche Spieler am Wochenende zur Verfügung stehen werden. Das sind undankbare Voraussetzungen, ein neues Spielsystem zu etablieren. Fehlende Eingespieltheit war ein Manko bei der 1:4-Niederlage gegen Paderborn. Aber auch Anfangs System selbst trug zur klaren Niederlage bei.
Werder ohne Zugriff im Mittelfeld
Anfang setzt bei Werder auf eine feste Formation. Auch gegen Paderborn schickte er sein Team in einem nominellen 4-3-3 auf den Rasen. In der Praxis ähnelte Werders System jedoch eher einem 4-1-3-2. Das lag vorrangig an Eren Dinkcis Rolle: Als Rechtsaußen rückte er weit nach vorne. Zusammen mit Niclas Füllkrug setzte Dinkci die gegnerischen Innenverteidiger unter Druck.
Weit vorrücken, früh stören: So lautete Werders Plan. Gegen Paderborns Raute waren die Bremer mit ihrem vorrückenden Rechtsaußen Dinkci gut aufgestellt: Er übte vorne Druck aus, während die Bremer dahinter Mann-gegen-Mann spielten. Bereits in den ersten Saisonspielen fiel auf, wie stark mannorientiert Werders Mittelfeldspieler agieren. Sie sollen den direkten Gegenspieler decken und verfolgen.
Werders Problem: Der Gegner nutzte die Mannorientierungen clever aus. Die tiefen Mittelfeldspieler ließen sich immer wieder fallen. Somit zogen sie Werders Mittelfeldspieler nach vorne. Dennis Srbreny stieß als Zehner wiederum nach vorne, um seinen Gegenspieler nach hinten zu drücken. Die Folge war ein großer, freier Raum im Zentrum. Paderborn versuchte entweder, den freien Raum im Zentrum zu bespielen – oder aber sie wählten direkt den hohen Ball auf die Stürmer.
Werders (kaum vorhandene) Restverteidigung
Für sich genommen war Werders mannorientierte Spielweise noch keine Schwachstelle. Dass Werders Mittelfeld häufig aus der Position gezogen wurde, entblößte jedoch die übrigen Schwachstellen der Mannschaft.
Das begann bereits in der vordersten Linie: Werders Pressing fehlte die Aggressivität, um den gegnerischen Spielaufbau effektiv zu stören. Paderborn konnte frei wählen, wohin sie den ersten Pass spielen. Von dort fanden sie die Lücken im Mittelfeld. Bei Werder fehlten Aggressivität und Dynamik im Spiel gegen den Ball.
Noch schwerer wogen an diesem Nachmittag die Schwächen in der Verteidigung. Zugegeben: Die Bremer Innenverteidiger hatten die schwere Aufgabe, die Lücken im Mittelfeld zu schließen und zeitgleich die gegnerischen Stürmer zu decken. Schon stärkere Teams sind daran gescheitert, den Gegenspieler und den freien Raum im Auge zu behalten.
Das Problem: Bremens Verteidiger wählten fast immer die falsche Option. Sei es vor dem 0:1, als Ömer Toprak herausrückte, während sich die restliche Abwehr fallenließ (9.). Oder vor dem 0:2, als die gesamte Abwehr zu passiv agierte (17.).
Auch in der Abwehr fehlte Werder jegliche Aggressivität. Tiefpunkt war das 0:3 (36.), als die gesamte Abwehr schlicht schlief, während Paderborn zum langen Ball ansetzte. Sich nach hinten abzusetzen, sobald der Gegner zum langen Ball ansetzt, gehört zum Basiswissen eines jeden Verteidigers. Fehlende Eingespieltheit allein erklärt solche Fehler nicht.
Gute Flügeldurchbrüche, schwache Chancenverwertung
Die schwache Abwehrleistung in der ersten Halbzeit zerstörte jede Hoffnung auf ein gutes Ergebnis. Es half nicht mehr, dass Werder nach der Pause im Spielaufbau eine halbwegs ansehnliche Leistung zeigte. Anfang hatte sein Team auf mehreren Positionen umgestellt, u.a. blieben Lars-Lukas Mai und Jean-Manuel Mbom in der Kabine.
Werder griff fortan häufiger über die Flügel an. Linksverteidiger Anthony Jung rückte leicht ins Zentrum, um die gegnerischen Mittelfeldspieler auf sich zu ziehen. Werder schuf somit Lücken auf den Flügeln. Auf rechts bot sich Außenverteidiger Felix Agu an, während auf links der eingewechselte Romano Schmid Breite gab. Die entstehenden Flanken konnte Werder jedoch nicht verwerten.
Somit bleibt nach dem Spiel die Erkenntnis, dass Werder in allen Mannschaftsteilen nicht konkurrenzfähig war. Die Stürmer pressten nicht aggressiv genug, die Mittelfeldspieler ließen sich zu leicht aus der Formation ziehen, die Abwehrspieler verloren jeden wichtigen Zweikampf. Mit solch einer Leistung kann Werder in der zweiten Liga nicht bestehen – fehlende Neuzugänge hin oder her. Anfang wird in den kommenden Wochen an den Grundlagen feilen müssen.