Als der Schlusspfiff nach neunminütiger Nachspielzeit ertönt war, da gingen sie reihenweise zu Boden. Ein Profi des SV Werder Bremen nach dem anderen ließ sich mit dem Rücken auf den Rasen fallen und schnaufte erst einmal durch. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass dieses Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt Kraft gekostet hatte, dann wurde er mit diesem Bild geliefert. Dabei hätten die komplett weißen Trikots der Gäste schon als Beleg gereicht, die nach dem 1:1 am Freitagabend alles andere als blütenrein waren. Werder hatte sich diesen verdienten Zähler am Ende einer turbulenten Woche nicht schnöde erspielt, sondern hart erkämpft. Und plötzlich wurde die Einstellung des Teams, die wenige Tage zuvor noch angezweifelt worden war, in höchsten Tönen gelobt.
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„Letzte Woche habe ich mich und die ganze Mannschaft kritisiert, dass es zu wenig war. Wir mussten liefern, damit haben wir heute angefangen“, erklärte ein erschöpfter Kapitän Marco Friedl. „Man hat eine Reaktion gesehen. Wir haben richtig gefightet – auch in Unterzahl.“ Trainer Ole Werner gefiel das Auftreten seiner Spieler ebenfalls. „Von der kämpferischen Leistung hat man gesehen, dass wir als Team auf dem Platz stehen – das ist es, was du auswärts bringen musst“, lobte der 35-Jährige. „Vom gesamten Verhalten im und um den Strafraum herum haben wir gut verteidigt.“ Und Marvin Ducksch fand: „Wir wollten mit einer Geschlossenheit auftreten und jeder für den anderen da sein, weil uns das auch ein Stück weit stark macht. Ich glaube, da hat jeder einen guten Job gemacht.“
Wie Marco Friedl verriet, war dieses veränderte Gesicht der Mannschaft das Ergebnis vieler gewechselter Worte in den Tagen zuvor. Eine Krisensitzung im klassischen Sinne habe es zwar nicht gegeben, doch ein gewisser Redebedarf musste fraglos gestillt werden – in mehreren Bereichen der Kabine. „Nicht nur ich habe darüber gesprochen, sondern auch andere Spieler haben gesagt, dass es so nicht mehr geht“, berichtete der Abwehrchef. „Wir sind so viel Zeit zusammen. Da reicht es, ein paar Spieler zusammenzutrommeln – Milos Veljkovic zum Beispiel, der spricht dann mit den französischsprachigen Spielern. Dann ist da ja auch noch der Mannschaftsrat.“ Dass diese Impulse aus dem Inneren des Kaders kamen, gefiel Ole Werner besonders: „Das spricht total für den Charakter der Spieler.“
Wie eben auch die Tatsache, am Ende tatsächlich einen Punkt aus Hessen mitgenommen zu haben. In einem spielerisch nicht hochklassigen, aber dennoch flotten Duell waren die Bremer von Beginn an körperlich und geistig gefordert. Im ersten Durchgang hatte Jens Stage die Riesenchance zur Führung (25.), brachte den Ball nach einer tollen Kombination aber nicht an Eintracht-Keeper Kevin Trapp vorbei. Und der Däne war auch in den weiteren entscheidenden Szenen der Partie involviert. Erst verpasste er das 1:0 nach einem Ducksch-Freistoß, ehe Veljkovic im Nachschuss traf (62.). Zehn Minuten später wiederum sah er nach einem üblen Foul zurecht Rot, wodurch die Partie fast gekippt wäre. Frankfurt glich durch Tuta aus (77.) und mühte sich um den Siegtreffer. Doch der fiel nicht, weil Werder beherzt weiterverteidigte und kurz vor Schluss nach einem Platzverweis für Tuta (89.) auch nicht mehr in Unterzahl agieren musste.
Es gab sie trotzdem, die nicht so schönen Nachrichten – und damit sind nicht einmal die just angekündigten Abgänge von Nick Woltemade und Eren Dinkci oder die Operation von Justin Njinmah gemeint, über die Marvin Ducksch fast nur müde lächeln konnte: „Es ist ja fast jede Woche bei uns so, dass irgendeine Hiobsbotschaft kommt“, meinte er und schob augenzwinkernd hinterher: „Von daher war es eigentlich eine relativ normale Woche.“ Mit drei weiteren unbequemen Begleiterscheinungen in Frankfurt: Neben der Sperre für Jens Stage wird nämlich am kommenden Wochenende bei Bayer 04 Leverkusen (14. April, 17.30 Uhr) auch Marco Friedl wegen seiner fünften Gelben Karte fehlen, zudem hat sich Amos Pieper bei seinem Startelf-Comeback eine noch nicht näher definierte Sprunggelenksblessur zugezogen.
Da sind wieder intensive Basteleien bei der Aufstellung nötig, doch allmählich gehen die Alternativen aus. „Ich kann mich an keine Phase in der Saison erinnern, in der man mal das Gefühl hatte, dass man sich jetzt nicht so viel Gedanken darüber machen muss, wer überhaupt spielen kann oder nicht“, trug es Ole Werner mit Fassung. „Die Verletzungen sind sehr bitter aktuell, es erwischt uns gefühlt jede Woche. Aber man muss sich den Dingen stellen. Und auch dann ist es so, dass du eine Chance hast, Punkte zu holen, wenn du als Mannschaft auf dem Platz stehst.“
So wie in Frankfurt. Wo es ein Remis gab, das Kapitän Friedl äußerst positiv auf den Rest der Saison blicken ließ: „Ich glaube nicht, dass wir noch viele Spiele verlieren werden“, prognostizierte der Innenverteidiger. „Klar, es kommen jetzt zwei richtige Bretter mit Leverkusen und Stuttgart auf uns zu, aber dann folgen viele direkte Duelle, da wollen wir punkten. Ob es dann der achte, zwölfte oder 13. Platz wird, werden wir sehen.“ Nur eine Sache sei sicher, betonte Friedl: „Wir brauchen auch in den nächsten Wochen so eine intensive Leistung, um Spiele zu gewinnen.“