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WeserWind-Beschäftigte müssen entscheiden Arbeitslosigkeit oder Transfergesellschaft

Lange Gesichter bei der Belegschaft des insolventen Stahlbauers WeserWind: Das Unternehmen, das in besseren Zeiten dreibeinige Fundamente für Offshore-Windkraftanlagen gebaut hat, wird abgewickelt.
13.03.2015, 00:00 Uhr
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Von Frank Miener

Lange Gesichter bei der Belegschaft des insolventen Stahlbauers WeserWind: Das Unternehmen, das in besseren Zeiten dreibeinige Fundamente für Offshore-Windkraftanlagen gebaut hat, wird abgewickelt – die schlechte Auftragslage und die zuletzt entzogene Unterstützung des Gesellschafters Georgsmarienhütte hat sowohl die Produktions- als auch die Immobilieneigentumsgesellschaft WeserWind in die Pleite getrieben.

Für die 370 Mitarbeiter gibt es jetzt allerdings zumindest für vier Monate einen kleinen Silberstreif am Horizont: Mit einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft könnten sie sich über Wasser halten. Darüber hat der Insolvenzverwalter die Belegschaft am Donnerstag auf einer Betriebsversammlung informiert.

„Wir können den Kollegen nur empfehlen, das Angebot anzunehmen“, sagt der Vorsitzende der IG Metall in Bremerhaven, Karsten Behrenwald. Damit würden die Beschäftigten für vier Monate noch 80 Prozent ihres Gehalts erhalten, außerdem gebe es verschiedene Seminare und Weiterbildungsangebote, mit denen sie zusätzliche Kenntnisse erwerben könnten. „Das wird auf dem Arbeitsmarkt helfen“, glaubt Behrenwald.

Die Alternative ist dagegen trübe: Stimmen nicht alle Mitarbeiter für die Transfergesellschaft, so steht die komplette Belegschaft am 1. April auf der Straße. Entscheiden müssen sich die WeserWind-Beschäftigten zum übernächsten Montag. Mit Informationsveranstaltungen wollen sowohl die Gewerkschaft als auch der vorläufige Insolvenzverwalter Per Hendrik Heerma für einen Übertritt in die Auffanglösung werben.

Finanziert wird die Transfergesellschaft dabei von der ehemaligen Konzernmutter, der Georgsmarienhütte GMH, die einen mehrstelligen Millionenbetrag zur Verfügung stellt. Zusätzlich zu dem gekürzten, aber weiterlaufenden Gehalt, bekommt jeder Mitarbeiter noch 2500 Euro für die individuelle Qualifikation zur Verfügung gestellt. Das sei schon ein ganze Menge, sagen Heerma und Behrenwald. Zumal das im Vorgriff auf die endgültige Insolvenzverwaltung bereits gesichert ist. Die wird aber zwingend kommen: „Ich muss WeserWind zum 1. April auflösen“, sagt Heerma.

Ausgelöst wurde die Pleite dabei nach Ansicht von Branchenkennern vor allem durch die Auftragsflaute nach der Fertigstellung des Offshore-Windparks „Global Tech 1“, ausbleibenden Folgeaufträgen wie für den geplanten Park „MEG-1“ und der Konzentration auf die dreibeinigen Fundamentstrukturen, die WeserWind entwickelt hatte. Andere Firmen sind bereits bei den preiswerteren „Monopiles“ angekommen, die sowohl in Produktion als auch bei der Montage einfacher zu handhaben sind

„Monopiles“, also Einrohr-Fundamente, werden beispielsweise direkt auf der gegenüberliegenden Weserseite bei Steelwind in Nordenham gefertigt. „Nur an dem einen Modell festzuhalten war natürlich Kappes“, sagt deshalb auch ein WeserWind-Mitarbeiter kritisch. Dass man sich nicht auf andere Industriezweige konzentriert habe, finden auch einige zumindest unverständlich. Die Insolvenz sei daher die zwingende Folge, während es in der Offshore-Branche generell langsam wieder bergauf gehe.

„Das ist natürlich nicht so zufriedenstellend“, meinten zahlreiche Mitarbeiter nach der Betriebsversammlung. Aber immerhin bekomme man noch vier Monate lang mehr Geld als in der Arbeitslosigkeit. „Und wer weiß“, so ein Kollege, „vielleicht kommt man dann ja wirklich wieder gut unter.“

Erfahrungen habe er persönlich genug – musste doch auch das Personal der Schichau-Seebeck-Werft einst mehrfach durch dieses Verfahren geführt werden. Der Transfergesellschaft zustimmen wollten nach der Betriebsversammlung jedenfalls die meisten der Mitarbeiter. Andere Beschäftigte möchten noch einige Tage darüber nachdenken. Alle sind aber der Meinung, dass das eine Chance für den Arbeitsmarkt sei.

Der sei nicht mehr so schlecht, seit die Offshore-Branche generell wieder Rückenwind spüre, sagt auch Gewerkschafter Behrenwald – seit August vergangenen Jahres wurden im Erneuerbare-Energien-Gesetz klare Rahmenbedingungen definiert, die Investoren mehr Sicherheit geben. Die Auftragsbücher der Offshore-Unternehmen wie Senvion oder dem per Joint Venture mit der spanischen Gamesa frisch zu Adwen umbenannten Areva Wind füllen sich langsam.

„Das kann den WeserWind-Mitarbeitern natürlich helfen“, sagt IG-Metall-Mann Behrenwald. Senvion, das trotz des gerade erfolgten Verkaufs am Standort festhalten wird, und seine Tochter Powerblades haben Verträge für zwei Windparks unterschrieben, Adwen konnte unlängst auch einen Auftrag akquirieren. „Das ist Arbeit für die nächsten Jahre“, sagt Behrenwald. Es gebe also seiner Meinung nach gute Möglichkeiten nach der Qualifizierung für einen Teil der WeserWind-Belegschaft, hier unterzukommen.

Manche könnten dabei sogar in ihrer früheren Halle landen. Dafür soll es mittlerweile einen Investor geben, der Interesse an einem Kauf hat. Dort werde man ja nicht nur Autos parken, sagt ein trotz allem ziemlich niedergeschlagener WeserWind-Werker. Aber immerhin würden ja Möglichkeiten bestehen, irgendwo unterzukommen. Und das sei am Ende das Entscheidende.

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