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Millionen-Investitionen in Bremerhaven Auf dem Weg zum Jahrhundertbauwerk

Die abermals notwendig gewordenen Bauarbeiten an der Kaiserschleuse in Bremerhaven kommen voran. Ende September sollen sie abgeschlossen sein – damit das Bauwerk dann wirklich für Jahrzehnte hält.
08.08.2019, 22:16 Uhr
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Auf dem Weg zum Jahrhundertbauwerk
Von Peter Hanuschke

Es ist feucht, es riecht modrig, an den Längsseiten ragen 20 Meter hohe Stahlkonstruktionen empor. Es ist kein Ort, der zu längeren Aufenthalten einlädt – aber er beeindruckt: die leergepumpte Torkammer der Kaiserschleuse in Bremerhaven. Eigentlich gibt es diesen Ort gar nicht: Denn normalerweise befindet sich dort das Schleusentor, das sogenannte Außenhaupt, oder Wassermassen ermöglichen das Ein- oder Ausfahren der Schiffe in die Überseehäfen, wenn es auf Schienen zur Seite bewegt wird.

Diese beiden Schienenstränge, auf denen das 57 Meter breite Schleusentor bewegt wird, sind der Grund für die aufwendigen Arbeiten. Sie müssen ausgetauscht werden. Die Kaiserschleuse wird derzeit umfassend saniert – und das, obwohl das Bauwerk erst Ende 2011 für mehr als 230 Millionen Euro fertiggestellt wurde. Die Probleme an der Schleuse waren bei Routineuntersuchungen aufgefallen. Im Oktober 2014 hatte ein Taucherteam der stadtbremischen Hafengesellschaft Bremenports Schäden an den Unterwasser-Schienen und an deren Verankerung am weserseitigen Schleusentor – dem Außenhaupt – festgestellt.

Mehr als ein Jahr lang war die wichtige Passage zu den Häfen in Bremerhaven gesperrt. Erst im Dezember 2015 wurde die Schleuse wieder freigegeben. Bis dahin wurden die Seeschiffe über die 1932 erbaute Nordschleuse in den Überseehafen geleitet.

Konstruktion soll die nächsten Jahrzehnte halten

Für 14 Millionen Euro erfolgten umfängliche Reparaturarbeiten. Aber schon damals war klar: Das wird nur eine Zwischenlösung sein. Jetzt soll die Konstruktion so angepasst werden, dass die Schleuse auch den Anforderungen der kommenden Jahrzehnte gerecht wird – ganz wie es sich für ein Jahrhundertbauwerk gehört.

Mit dem Leerpumpen der Torkammer, das im Juni begann, waren die vorbereitenden Arbeiten aber längst nicht abgeschlossen. Es mussten unter anderem etwa 1000 Kubikmeter Schlick entfernt werden. Zwei Schichten mit jeweils acht Leuten waren damit drei Wochen lang beschäftigt. „Das war eine sehr anstrengende Arbeit“, so Bremenports-Abteilungsleiter Lutz Jankowsky. „Der Schlick musste größtenteils händisch in Behälter befördert und dann per Kran aus der Kammer gehoben werden.“ Die Temperaturen in den vergangenen Wochen hätten die Arbeit natürlich noch zusätzlich extrem erschwert. „Die Kammer hat sich aufgeheizt wie eine Sauna und der Schlick wurde hart wie Beton.“

Der Schlick wurde anschließend mit zwei 80 Meter langen Baggerschuten zur Deponie nach Bremen-Seehausen transportiert. Außerdem wurden die beiden etwa 75 Tonnen schweren Schleusentorwagen mit Hilfe eines Lkw-Krans aus der Torkammer gehoben. Sie wurden anschließend gereinigt, zerlegt und zum Hersteller Hermann Maschinenbau in Weiden in der Oberpfalz zur Wartung gebracht, wo auch das Rollensystem modifiziert wurde.

Abschluss der Arbeiten bis Ende September

„Wir sind im Zeitplan“, sagt Jankowsky. „Ab Montag werden wir in den nächsten zweieinhalb Wochen die Schienen austauschen.“ Gefertigt wurden die Schienen, die aus einer wesentlich widerstandsfähigeren Legierung sein sollen, im Stahlwerk Augustfehn. „Danach werden wir dann die Unterwagen wieder in der Torkammer integrieren.“ Zum Schluss wird dann das Schleusentor, das ein reines Stahlgewicht von 2500 Tonnen hat, in die Torkammer installiert. „Im Betrieb, also im Wasser, hat das Schleusentor aber nur ein Gewicht von etwa 800 Tonnen“, so Jankowsky. Die Höhe des Gewichts hänge vom Wasserpegel ab und werde über Ballasttanks reguliert. Der Zeitplan sieht vor, dass die Arbeiten am Außenhaupt bis Ende September abgeschlossen sind und die Kaiserschleuse dann wieder für den Schiffsverkehr freigegeben wird.

Die Kosten für die Notreparatur und die nun endgültige Reparatur des Außenhauptes betragen zusammen etwa 24 Millionen Euro, wobei zwei Drittel der Kosten von der Arbeitsgemeinschaft (Arge) aus Hochtief, Strabag und August Prien übernommen wird, während Bremen ein Drittel zahlen muss. Mit diesem finanziellen Kompromiss wollte Bremenports langwierige Auseinandersetzungen vor Gericht vermeiden.

Info

Zur Sache

Koloss aus Stahl und Beton

Die Kaiserschleuse wurde von 2007 bis 2011 gebaut – und war als Jahrhundertbauwerk gedacht. Denn sie sollte mindestens genauso lange halten wie ihre Vorgängerin: 1897 für die Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd gebaut, verrichtete sie 110 Jahre lang ihren Dienst, bis die 28 Meter breite Backsteinkammer endgültig zu klein wurde für die immer breiter werdenden Auto-Frachter der heutigen Zeit. Die Maße der neuen Kaiserschleuse liegen bei 305 Metern Länge und einer Breite von 55 Meter. Von der alten Kammer sind nur noch Backsteinhaufen und jede Menge zerfranster Holzpfähle übrig, auf denen das Bauwerk aus Kaisers Zeiten gegründet worden war. Mehr als 450000 Kubikmeter Erde wurden für die neue, größere Schleuse ausgehoben.

Würde man die im Rechteck gesetzten Spundwände auseinanderfalten, ergäbe dies eine Länge von 2,5 Kilometern, das ist mehr als der letzte Abschnitt des Containerterminals (CT4) zu bieten hat. 30000 Tonnen Stahl wurden insgesamt verbaut und rund 52000 Kubikmeter Beton gegossen. In Spitzenzeiten waren bis zu 100 Arbeiter täglich auf der Baustelle.

Dass das neue Bauwerk auch den Namen der alten Schleuse tragen würde, war klar – auch wenn Deutschland längst keine Monarchie mehr ist. Aber die Kaiserschleuse ist nun einmal die Zufahrt zum Kaiserhafen.

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