Frage: Würden Sie einem jungen Hamburger Firmengründer heute noch raten, auf ein Familienunternehmen zu setzen oder ist die Zeit der Patriarchen vorbei?
Antwort: Die Zeit der Patriarchen ist schon lange vorbei. Als ich 1970 anfing, war sie bereits zu Ende. Wir sind heutzutage ein Team, das steht für Erfolge aber auch Misserfolge.
Frage: Kann man als Familienunternehmen denn heute noch groß denken?
Antwort: Wenn ein Familienunternehmen austauschbare Produkte hat, dann muss es heute über eine bestimmte Größe verfügen, um konkurrenzfähig bleiben zu können. Die Großen kaufen zum Beispiel teilweise um zehn Prozent oder mehr günstiger ein. Das ist das eigentliche Problem, jedenfalls im Handel. Viele mittelständische Unternehmen müssen auch verkaufen, weil sie Probleme in der Nachfolge haben. Deshalb entstehen immer größere Einheiten.
Frage: Warum hat sich „Budni“ 106 Jahre lang auf Hamburg und Umgebung als Standort konzentriert?
Antwort: Weil wir der Meinung waren, dass wir von diesem Standort eine Menge kennen und ihn bestens verstehen. Das hat über hundert Jahre wunderbar funktioniert. Erst in den letzten Jahren ist der Druck viel größer geworden. Nach der Schlecker-Pleite hat sich der Markt neu aufgeteilt, neue Wettbewerber sind nach Hamburg gekommen und wir waren so nicht mehr wettbewerbsfähig. Wir mussten für gut 180 Läden genau so viel leisten. wie andere Unternehmen mit 2000 Filialen, bekamen aber keine wettbewerbsfähigen Einkaufspreise. Das kann man irgendwann nicht mehr ausgleichen.
Frage: War die Kooperation mit EDEKA als Großen an der Seite Ihre letzte Chance?
Antwort: Nicht die letzte. Wir hatten zwei Möglichkeiten: Wie viele andere mittelständische Unternehmen auch konnten wir verkaufen oder einen neuen Weg zu gehen. Wir hatten gute Angebote zum Verkauf, aber Geld ist nicht alles, und wir tragen ja auch Verantwortung für die Menschen, mit denen wir zum Teil seit Jahrzehnten zusammenarbeiten. Deshalb haben wir uns klar entschlossen diesen Weg zu gehen.
Frage: Es wimmelt geradezu von Drogerie-Großmärkten in der Republik, die Internet-Konkurrenz wachst. Warum braucht es noch einen bundesweiten Anbieter?
Antwort: Wichtig ist, dass man ein Konzept hat, das anders ist als das der Wettbewerber. Wenn wir genauso aufgestellt wären wie ein „dm“ oder „Rossmann“, dann bräuchte man uns nicht. Aber wir sind individueller, wir sind kein klassischer Drogerie-Markt. Und ich denke, dass wir diese Kultur mit EDEKA in eine nationale Expansion einbringen können.
Frage: Budni hat sein Sortiment früh durch Bio-Artikel und Bio–Lebensmittel erweitert. Kluge Geschäftsstrategie oder einfach nur schlechtes Gewissen wegen der vielen chemischen Drogerieartikel?
Antwort: Wir haben für unsere Unternehmensführung ein bestimmtes Wertekorsett, und dazu gehört ganz besonders Nachhaltigkeit. Zurzeit überlegen wir zum Beispiel, wie wir das Thema Grundwasserverseuchung mehr nach vorne bringen können. Wir nehmen immer auf, wie sich die Gesellschaft verändert. Als wir gesehen haben, wie die Grünen immer stärker wurden und in Hamburg zehn Prozent erreichten, weil ökologische Themen immer größeres Interesse fanden, haben wir das ganz früh registriert. Natürlich konnten wir uns darüber dann zur Konkurrenz auch differenzieren.
Frage: Sie geben die Geschäfte mehr und mehr an Ihre Kinder ab. Fällt es Ihnen schwer, loszulassen?
Antwort: Wenn man leidenschaftlicher Unternehmer ist, dann ist es immer schwer loszulassen. Aber das ist ja kein Hauruck-Schritt, sondern der läuft über viele Jahre. Mit meinem ältesten Sohn Christoph arbeite ich jetzt schon seit 15 oder 16 Jahren zusammen. Aber man wird nie ganz loslassen können, dass lässt man erst, wenn der Stein oben drauf liegt.
Frage: Sie galten immer als Unternehmer der sich persönlich kümmert. Sie waren regelmäßig in ihren Filialen, gratulierten Mitarbeitern noch persönlich mit Handschlag zum Geburtstag. Passt das als Unternehmenskonzept noch in die Zeit?
Antwort: Ich glaube, dass es gerade für Menschen, die im Handel arbeiten und von denen wir eine hohe Leistung erwarten, obwohl die Entlohnung nicht übermäßig ist, ganz wichtig ist, dass sie auch Wertschätzung erfahren. Das wird in Zukunft sogar noch wichtiger werden.
Frage: Kann das die junge Generation genauso glaubwürdig übernehmen wie ein alter Chef?
Antwort: Darüber mache ich mir manchmal Gedanken. Meine Mutter meine Frau und ich haben das verkörpert, meine Kinder gehen damit ein bisschen anders um. Jeder hat seine Stärken. Aber ich glaube, dass es dafür innerhalb der Familie auch Lösungsansätze gibt. Es ist mein Wunsch, dass wir diese Form der Wertschätzung beibehalten, auch wenn es schwierig ist bei inzwischen über 2000 Mitarbeitern. Ich fahre jetzt, wo sich meine Tätigkeit etwas verändert, noch regelmäßiger in die Filialen und werde das auch weiter machen, ein bis zweimal die Woche.
Frage: Sie stehen für hanseatische Werte und Kaufmannsehre. Was heißt das konkret?
Antwort: Es gibt den Verein der ehrbaren Kaufleute in Hamburg, die ein Wertegerüst haben, dafür stehe ich: Das heißt Zusagen einhalten, Wertschätzung gegenüber Kunden und Mitarbeitern, Verlässlichkeit, Redlichkeit. Ökologie und Nachhaltigkeit sind uns wichtig, dabei geht es uns auch um Bewusstseinsänderung. Wir haben uns zum Beispiel sehr früh mit dem Kampf gegen Mikroplastik beschäftigt und versucht, das bei unseren Eigenmarken zu berücksichtigen. Man muss nicht immer global denken, sondern man kann lokal anfangen. Wir setzen uns auch stark für benachteiligte Jugendliche ein durch bessere Bildungsangebote, etwa im Rahmen der „Budnianer Hilfe e. V.“.
Frage: Weil Eigentum verpflichtet?
Antwort: Natürlich, das ist für mich ganz wichtig. Wir hätten ja verkaufen können, uns war ein toller Preis angeboten worden, aber wir haben uns anders entschieden. Jetzt bauen wir neben unserem Firmengelände 45 Sozialwohnungen, die wir für einen Mietpreis von 6,50 pro Quadratmeter an Mitarbeiter geben wollen. Wir haben viele Beschäftigte, die wir hier im Stadtzentrum brauchen, die aber aufgrund der hohen Wohnungsmieten in die Randgebiete verdrängt werden.
Frage: Wissen Sie eigentlich, dass Sie gar keinen Wikipedia-Eintrag haben?
Antwort: Macht nichts (lacht laut).
Frage: Bei Facebook haben Sie dagegen ein eigenes Profil und sind dort ziemlich aktiv. Macht Ihnen das Spaß?
Antwort: Das mache ich nur zum Teil selbst, bei allen Dingen außerhalb von Budni, was mich zum Beispiel politisch stört.
Den anderen Teil bedient meine Assistentin.
Frage: Kürzlich haben Sie sich verärgert gezeigt, dass Fußballnationalspieler die Nationalhymne nicht mitsingen. Ist das mit Ihrem Wertekorsett nicht vereinbar?
Antwort: Wir sind ein Einwanderungsland aber uns fehlt ein Einwanderungsgesetz. Das Schöne an anderen Einwanderungsländern wie USA, Kanada, Neuseeland oder Australien ist für mich, dass deren Einwanderer sich über ihre neue Staatsbürgerschaft freuen. Diese Freude vermisse ich manchmal bei unseren Nationalspielern. Das wäre doch ein Zeichen für Integration.
Nach der Diskussion um das Treffen von Özil und Gündogan mit dem türkischen Präsidenten hätte ich einfach erwartet, dass sie vielleicht mitsingen. Und wenn sie nur die Lippen bewegt hätten. Die Spieler hätte ein Zeichen setzen können.
Frage: Wie groß war der Shitstorm, der über Sie niederging?
Antwort: Ach, da war eigentlich kaum was. Die Menschen kennen mich und wissen, dass mir keiner was unterstellen kann. 40 Prozent unserer Mitarbeiter kommen heute aus 60 oder 70 verschiedenen Ländern, wir schätzen Vielfalt, und wir fördern alle Mitarbeiter. Wenn ich von Patriotismus rede geht es für mich darum, dass Menschen, die hier herkommen, den Willen zur Integration haben. Ich bin gegen Parallelgesellschaften in denen zum Beispiel für den Schwimmunterricht an Schulen besondere Badeanzüge für Mädchen gekauft werden. Das ist nicht der richtige Weg.
Frage: Haben Sie eigentlich insgeheim schon mal drei Kreuze gemacht, dass Sie damals als Kandidat für den HSV-Aufsichtsrat gescheitert sind?
Antwort: Ich habe immer im Scherz gesagt, wenn sie mich gewählt hätten, wären sie nicht abgestiegen. (lacht)....
Frage: Also bewegen der Klub und sein Schicksal Sie noch?
Antwort: Ich habe bis zur letzten Minute mitgefiebert und bin über den Abstieg und die ganze Entwicklung schon traurig. Irgendwie kann man ja nicht loslassen. Für mich gehört der HSV in die erste Bundesliga. Ich hoffe auf einen Neuanfang.
Persöhnlich mit Cord Wöhlke
In Hamburg ärgert mich am meisten....
...dass zu wenig für Bildung getan wird, von der Kita bis zur Universität-
In Budni-Filialen rege ich mich auf....
...über leere Regale
Tradition ist für mich...
...Kontinuität.
Christliche Werte sind für mich...
...die zehn Gebote
Mein Lieblingsplatz in Hamburg ist...
...an der Alster, weil ich drei Mal die Woche mit meiner Frau um die Außenalster laufe.
St. Pauli und die Reeperbahn als Kulturerbe finde ich....
...als Idee nicht schlecht
Langeweile ist für mich....
...nicht vorstellbar, ich kann nicht nur in die Luft gucken sondern nutze Pausen auf dem Sofa oder beim Laufen für kreative Gedanken.