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Großauftrag Ariane soll Amazon-Satelliten ins All schießen

Der Raketenbauer Ariane hat den größten Vertrag seiner Firmengeschichte unterschrieben: Für den US-Internetkonzern Amazon sollen 18 Raketen des Typs Ariane 6 gebaut werden, um Satelliten ins All zu schießen.
05.04.2022, 14:01 Uhr
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Ariane soll Amazon-Satelliten ins All schießen
Von Christoph Barth

Der europäische Raketenbauer Ariane soll für den US-Internetkonzern Amazon 18 Trägerraketen seines neuen Modells "Ariane 6" bauen. Amazon will damit mehrere hundert Satelliten für sein Projekt "Kuiper" ins All schießen, mit dem das schnelle Internet in alle Teile der Erde gebracht werden soll. Es ist der größte Auftrag in der Geschichte von Ariane. Die Oberstufen der Rakete werden in Bremen gebaut.

„Dieser Vertrag ist ein großer Moment in der Geschichte von Arianespace", sagte Stéphane Israël, Chef des Ariane-Tochterunternehmens, das die Raketenstarts vermarktet. "Wir sind ungeheuer stolz darauf, dass Amazon die ,Ariane 6' für diese Aufgabe ausgewählt hat." Auch Pierre Godart, Deutschland-Chef der Ariane Group, zeigte sich im Gespräch mit dem WESER-KURIER erleichtert. "Das ist eine sehr gute Nachricht", sagte er. "Wir haben schwierige Zeiten gehabt, aber jetzt ist das Tal der Tränen durchschritten."

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Insgesamt hat Amazon für das "Kuiper"-Projekt 83 Raketenstarts bei drei verschiedenen Herstellern gebucht, wie der US-Konzern am Dienstag mitteilte. Knapp die Hälfte der Aufträge ging an die United Launch Alliance, ein Gemeinschaftsunternehmen der US-Hersteller Boeing und Lockheed Martin. Sie wollen für das Projekt die neue "Vulcan Centaur"-Rakete zum Einsatz bringen. Mindestens ein Dutzend Starts mit der ebenfalls noch unerprobten Trägerrakete "New Glenn" soll Blue Origin durchführen, das Raumfahrtunternehmen von Amazon-Gründer Jeff Bezos. 

Den Vertrag über die 18 "Ariane"-Starts unterschrieben Arianespace und Amazon während des International Space Symposium in Colorado Springs (USA). Die Starts vom europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana sollen sich über einen Zeitraum von drei Jahren erstrecken. Wann der erste Einsatz geplant ist, behalten die Projektbeteiligten einstweilen für sich. Bei 16 der geplanten Starts soll eine verbesserte Version der "Ariane 64" zum Einsatz kommen. Dabei wird die "Ariane 6" mit vier neuen Feststoffboostern vom Typ P120C ausgestattet, die für noch mehr Leistung sorgen sollen.

Noch allerdings ist die "Ariane 6" kein einziges Mal gestartet. Der Erstflug soll nach wiederholten Verzögerungen Ende des Jahres erfolgen. Voraussetzung: Ein "heißer" Triebwerkstest der in Bremen gebauten Oberstufe und die Montage eines Versuchsmodells der kompletten Rakete am Startplatz in Kourou verlaufen erfolgreich. "Wenn wir diese Meilensteine erreicht haben, können wir den Erstflug angehen", erklärt Ariane-Deutschland-Chef Godart.

Parallel dazu soll die Produktion in den Werken hochgefahren werden. Im kommenden Jahr will Ariane drei Raketen ausliefern, 2024/25 soll bereits die angepeilte Zahl von elf bis zwölf Raketen pro Jahr erreicht sein. "Der jetzige Auftrag trägt dazu bei, dass wir dieses Ziel erreichen können", so Godart. "Das Tempo wird sich erhöhen." Vor dem Großauftrag von Amazon hatte Ariane elf Raketenstarts in den Auftragsbüchern.

Dass Probleme in der Lieferkette, mit denen viele Branchen seit Monaten kämpfen, oder die Sanktionen gegen Russland den Zeitplan über den Haufen werfen, glaubt Godart nicht. "Wir haben das überprüft und sehen aus heutiger Sicht keine Probleme", versichert er. Ausnahme: die steigenden Preise für Energie und Rohstoffe. "Dadurch haben wir höhere Kosten", warnt Godart.

Die nicht wiederverwendbare "Ariane 6" war in der Vergangenheit vielfach kritisiert worden: Zu teuer und unflexibel im Vergleich zur kommerziellen US-Konkurrenz und den neuen Kleinraketen sei sie, hieß es. Mit dem Amazon-Auftrag sieht man sich bei Ariane jetzt allerdings bestätigt.

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Mit der "Kuiper"-Konstellation will Amazon dem "Starlink"-Projekt des US-Unternehmers Elon Musk Konkurrenz machen. Es soll aus mehr als 3200 Satelliten bestehen, die in einer niedrigen Umlaufbahn in rund 600 Kilometern Höhe um die Erde kreisen. Sie sollen das schnelle Internet auch in bislang unterversorgte Regionen der Welt bringen. Privathaushalte, Schulen, Krankenhäuser, Unternehmen, Regierungen und Institutionen, die bisher nicht ausreichend versorgt waren, könnten bald über das Projekt "Kuiper" vernetzt sein, heißt es in einer Mitteilung.

Für das konkurrierende "Starlink"-Netz kreisen bereits rund 2000 Kleinsatelliten im All. Geplant sind im Endausbau bis zu 40.000. Die Satelliten-Netzwerke – so genannte Konstellationen – stehen auch in der Kritik, weil sie zu einem weitgehend unreglementierten Flugverkehr im All führen, das Problem des "Weltraumschrotts" verschärfen könnten und zu bestimmten Zeiten den freien Blick von der Erde in den Sternenhimmel verstellen.

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