Aus Niedersachsen gibt es Gegenwind für die Pläne für ein Verladeterminal für Offshore-Windparks in Bremerhaven. Der Bremer Senat will den Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB) bauen, um bessere Voraussetzungen für die Offshore-Branche in Bremerhaven zu schaffen.
Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft Niedersächsische Seehäfen werden die zusätzlich benötigten Umschlagkapazitäten im Bereich der Offshore-Windenergie derzeit überschätzt. „Während in Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein leistungsfähige Kajen nicht voll ausgelastet sind, wird in Deutschland der Neubau weiterer Umschlagkapazitäten für die Offshore-Windenergie diskutiert“, sagt Andreas Schmidt, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Niedersächsische Seehäfen und zielt damit unausgesprochen auf den OTB ab.
Die Arbeitsgemeinschaft ist der Zusammenschluss von neun niedersächsischen Seehäfen in Brake, Cuxhaven, Emden, Leer, Nordenham, Oldenburg, Papenburg, Stade und Wilhelmshaven. Sie vertritt die politischen Interessen der niedersächsischen Seehafenwirtschaft gegenüber Land, Bund und EU. „Neben Emden und Cuxhaven haben an der niedersächsischen Nordseeküste auch Wilhelmshaven und Brake das Potenzial, umfassende Umschlagaktivitäten im Offshore-Sektor zu übernehmen“, sagt Schmidt. Das Schaffen zusätzlicher Kapazitäten im Offshore-Bereich würde bestehende Offshore-Standorte schwächen und sei derzeit nicht sinnvoll. Schmidt regte außerdem eine Diskussion über mögliche Kooperationsmodelle an.
Mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ist der geplante Ausbau an installierter Leistung in den Offshore-Windparks bis 2030 erheblich reduziert worden. Die schwarz-rote Koalition hatte die Ausbauziele für Offshore-Anlagen gekürzt. Statt zehn Gigawatt sollen nur noch 6,5 Gigawatt bis zum Jahr 2020 installiert werden, bis 2030 sollen es aber 15 Gigawatt sein. Laut Schmidt entspricht das je nach Größe der Turbinen etwa 100 bis 150 Windenergieanlagen pro Jahr. Außerdem sei die sogenannte Flächenproduktivität der Anlagenhersteller in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Zusätzliche Kapazitäten würden deshalb nicht gebraucht.
Das wird in Bremen und Bremerhaven deutlich anders gesehen. Die Handelskammer Bremen und die IHK Bremerhaven reagierten prompt auf das am Donnerstag veröffentlichte Positionspapier. Sie sprechen sich nach wie vor für den geplanten Offshore-Terminal aus. Die beiden Kammern sehen für den OTB noch genug Potenzial. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in den übrigen Anrainerstaaten der Nordsee wie Dänemark, Großbritannien oder den Niederlanden werde kräftig in die Offshore-Windenergie investiert.
„Wir halten das Papier der Arbeitsgemeinschaft für zu kurz gesprungen und nicht ausreichend mit handfesten Zahlen unterlegt. Bremerhaven hat weiterhin gute Marktchancen. Grundvoraussetzung ist allerdings der Bau des OTB“, so Michael Stark, Hauptgeschäftsführer der IHK Bremerhaven.
Auch Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) sieht keinen Grund, von den Plänen abzurücken. „Es ist in Bremen breiter politischer Konsens, dass die Zukunftschancen, die die Offshore-Industrie für Bremerhaven bringt, umfassend genutzt werden müssen“, sagte Günthner. Die Offshore-Industrie in Bremerhaven brauche einen Offshore-Terminal in Bremerhaven und nicht in Brake, Brunsbüttel oder Rostock. „Deshalb geht die Planung des OTB mit Hochdruck voran.“ Der niedersächsische Blick auf den eigenen Kirchturm zeuge von einem „deutlich verengten Blick“, der auch die Chancen des OTB für die Gesamtregion nicht ausreichend reflektiere. Denn die Offshore-Industrie in Bremerhaven schaffe Arbeitsplätze in der gesamten Region.
Das Land Bremen hat mittlerweile eine europaweite Ausschreibung für den Betrieb des OTB gestartet. Über die geplante Hafenanlage sollen bis zu 160 Windenergieanlagen und Fundamente im Jahr umgeschlagen werden. Der Bau der OTB-Infrastruktur muss in einem separaten Vergabeverfahren ausgeschrieben werden. Nach dem aktuellen Zeitplan soll der OTB 2018 in Betrieb gehen. Auch der Bremer Landesverband des Wirtschaftsrats der CDU hatte kürzlich die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Vorhabens in Zweifel gezogen. Als Grund hatte der Verband die reduzierten Ausbauziele für Windparks auf See genannt.