Busse und Bahnen sind im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) kein gutes Geschäft für die Länder. Das gilt nicht nur in Pandemiezeiten, in denen zeitweilig kaum Fahrgäste unterwegs sind. Im Jahr 2017 lag der Kostendeckungsgrad gerade einmal bei 75,6 Prozent. Auf vier Euro an Kosten kamen also nur drei Euro an Einnahmen durch den Ticketverkauf herein. Kein Unternehmen würde hier angesichts dieser Verluste auf eigenes Risiko einsteigen. Also bestellen die Länder, Kreise oder Kommunen eine genau definierte Verkehrsleistung. Was wann, wie oft oder wohin fährt, bestimmen daher nicht die Bus und Bahnunternehmen, sondern deren Aufgabenträger.
Für den ÖPNV erhalten die Länder Geld vom Bund. 11,9 Milliarden Euro sind es in diesem Jahr. Bis 2031 steigt der Zuschuss alljährlich um 1,8 Prozent. Denn der Nahverkehr soll eine tragende Rolle in der Verkehrswende zugunsten des Klimaschutzes spielen. Dafür muss er besser werden. Das Geld reicht nach Berechnungen der Länder bei Weitem nicht aus. Sie fordern noch einmal 1,5 Milliarden Euro pro Jahr obendrauf.
Besserer ÖPNV, um Klimaziele zu erreichen
Darüber sprechen ihre Verkehrsminister am Mittwoch mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Die Ampel hat im Koalitionsvertrag mehr Geld für den Nahverkehr vereinbart, ohne eine Summe zu nennen. Vorsitzende der Konferenz ist Bremens Mobilitätssenatorin Maike Schaefer. „Für die Erreichung der Klimaschutzziele brauchen wir jetzt einen besseren ÖPNV – und der muss finanziert werden“, stellt sie schon mal klar.
Das Schienennetz ist zwar mit 38.000 Kilometer enorm dicht. Und doch gibt es zahlreiche Engpässe, insbesondere rund um die Knotenbahnhöfe. Dazu zählen etwa Hamburg und Frankfurt. Nah- und Fernverkehr müssen sich vielfach Gleise teilen. Wenn dann noch Güterverkehr unterwegs ist, wird es schnell eng. An die gewünschte Ausweitung des Angebots ist da oft nicht zu denken. Also müssen die Schienenwege weiter ertüchtigt werden. Das kostet weitere Milliarden. Auch hier ist der Bund gefragt, der für die Infrastruktur verantwortlich ist. Ein Schritt in diese Richtung könnte ein Bundesmobilitätsgesetz sein, das der Verkehrsclub Deutschland (VCD) vorschlägt. „Grundlage für Investitionen sollen der Klimaschutz und die Sicherung der Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung sein“, fordert VCD-Sprecher Bastian Kettner.
Ziel: Eine Milliarde zusätzliche Fahrten bis 2030
Es sollen nicht nur mehr Fahrgäste in den Nahverkehr gelockt werden. Das Ziel liegt bei einer Milliarde zusätzlicher Fahrten bis 2030. Sie sollen auch mit sauberen Fahrzeugen transportiert werden. Auch die Umstellung von Bussen und Bahnen auf CO2-freie Antriebe erfordert gewaltige Investitionen. Ein Beispiel sind die Busflotten. Ein E-Bus kostet nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in der Anschaffung zwischen 500.000 und 600.000 Euro. Ein herkömmliches Dieselfahrzeug gibt es schon für weniger als 350.000 Euro. Ohne eine Förderung sieht sich der VDV die Branche nicht in der Lage, die Umstellung aus eigener Kraft zu meistern.
In ländlichen Gebieten sind gute Nahverkehrsangebote Mangelware. In der Folge pendeln die Bewohner daher mit dem eigenen Auto zu ihren Arbeitsplätzen in der Stadt. Ein gutes ÖPNV-Angebot auf dem Land gilt daher als ein Schlüssel für die Verkehrswende. So tüfteln die Verkehrsunternehmen an Möglichkeiten, die eine Konkurrenz zum Auto werden können.
Autonom fahrende Busse
Dazu gehören zum Beispiel sogenannte Rufbusse, die von jedermann bestellt werden können. Unwirtschaftlich ist der Linienbetrieb mit wenigen Fahrgästen vor allem durch hohe Fixkosten für das fahrende Personal. Die Lösung könnte hier in autonom fahrenden Bussen liegen. Eine andere Lösung ist das sogenannte Pooling. Dahinter verbergen sich Sammeltaxis, die auf Bestellung mehrere Passagiere einsammeln und an ihr Ziel bringen. Denkbar wäre etwa, dass mehrere Busse von einer Zentrale aus per Video überwacht werden. Es gibt bundesweit viele Modellversuche. Doch die Realität sieht vielerorts noch immer trist aus.
Eine App für alle Mobilitätsangebote, das würde viele Kunden des ÖPNV freuen. So könnten beispielsweise über die Grenzen einzelner Verkehrsverbände hinaus Tickets gebucht werden. Auch ließen sich etwa das Leihfahrrad oder der Mietwagen am Zielort gleich mitbestellen. Sie soll kommen, eventuell als Weiterentwicklung der Bahn-App. Darüber hinaus ließen sich mit der App Verkehrsinformationen übermitteln, etwa zu Verspätungen oder Zugausfällen. Denn mangelnde Informationen über den aktuellen Verkehr gehören noch immer zu den häufigsten Kritikpunkten der Kunden.
Der ÖPNV soll bequem werden
Ein Blick in die Zukunft der S-Bahn verheißt komfortable Zeiten. Dort gibt es Arbeitsbereiche, in denen man mit dem Laptop schon mal etwas erledigen kann, oder Familienbereiche, in denen Kinder spielen können. Der ÖPNV soll bequem werden. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Angesichts der vielen Aufgaben, technischen Herausforderungen und notwendigen hohen Investitionen wird ein perfekter moderner Nahverkehr noch lange auf sich warten lassen.