Mai-Kundgebungen und Demonstrationszüge gehören seit vielen Jahrzehnten zum "Tag der Arbeit" dazu. In Bremen finden sie genauso statt wie in vielen anderen deutschen Städten. Es ist "der Tag, an dem wir gemeinsam mit den Einzelgewerkschaften aus allen Branchen unsere Forderungen auf die Straße tragen", sagt Ernesto Harder, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Bremen. Das sei sowohl in der Vergangenheit wichtig und nötig gewesen, habe aber auch heutzutage nicht an Bedeutung verloren.
Dass ausgerechnet der 1. Mai als "Tag der Arbeit" gilt, ist dabei kein Zufall. Seine Wurzeln hat der Feiertag in den Vereinigten Staaten: Dort hatten am 1. Mai 1886 rund 400.000 Arbeiter in mehreren Städten gestreikt und die Einführung eines Acht-Stunden-Tags gefordert. Dabei kam es in Chicago zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Dutzenden Toten. Mit einem weltweiten "Kampftag der Arbeiterbewegung" sollte ab 1890 daran erinnert werden. Auch hier waren die zentralen Forderungen der Acht-Stunden-Tag, höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Ein Jahr später, 1891, gab es dann auch in Bremen die erste Mai-Feier. Jedoch galten noch bis 1910 strenge Auflagen: So waren Umzüge und Kundgebungen auf öffentlichen Straßen und Plätzen in der Hansestadt untersagt, erst in den Folgejahren begannen die Züge durch die Innenstadt.
In Deutschland wurde der 1. Mai erstmals 1919 zum gesetzlichen Feiertag, als sich die Mitglieder der Weimarer Nationalversammlung einmalig darauf einigten, ihn "dem Gedanken des Weltfriedens, des Völkerbundes und des internationalen Arbeiterschutzes" zu weihen und ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden. Für den Vorschlag, den "Tag der Arbeit" unbefristet als Feiertag einzuführen, fand sich damals noch keine Mehrheit.
Ausgerechnet die Nationalsozialisten erklärten den 1. Mai dann im April 1933 zu genau diesem gesetzlichen Feiertag – bei voller Lohnfortzahlung. Der sogenannte "Tag der nationalen Arbeit" war der Versuch, den einstigen Kampftag für die eigene Propaganda zu nutzen, die Arbeiterbewegung zu vereinnahmen und die Gewerkschaften zu entmachten. Die Mai-Feiern wurden zur Pflichtveranstaltung für die Belegschaften der Betriebe.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg gab es weiterhin Mai-Umzüge. In Bremen zählte die Polizei kurz nach Kriegsende bis zu 45.000 Teilnehmer und zum 60. Jahrestag des "Tags der Arbeit" 1950 waren es inklusive der Zuschauer sogar 90.000 Menschen. Auch 1972 nahmen schätzungsweise 10.000 Bremer teil. Wie der damalige Bremer DGB-Vorsitzende Erwin Schmidt bei seiner Begrüßung auf dem Domshof sagte, sei es bis dahin eine der größten Demonstrationen in der Geschichte Bremens gewesen. Im Vergleich dazu konnten 2015 lediglich 3000 bis 4000 Menschen mobilisiert werden. In den vergangenen zwei Pandemie-Jahren musste die DGB auf Groß-Demonstrationen verzichten. In diesem Jahr rechne man laut Harder aber wieder mit deutlich mehr Beteiligung: Vor Corona, sind "schätzungsweise 3000 Menschen bei der Kundgebung gewesen". Daran könne man hoffentlich wieder anknüpfen.