Das Sozialressort hat am Donnerstag eine Entlastungsunterkunft im Kaffee-Quartier in der Überseestadt in Betrieb genommen, in der noch am selben Tag die ersten Geflüchteten aus der Lindenstraße eingezogen sind. Bis zur kommenden Woche sollen bis zu 40 zuvor an Covid-19-Erkrankte dort unterkommen, die inzwischen genesen sind. Damit soll die Erstaufnahmestelle, in der in den vergangenen Wochen zahlreiche Menschen positiv auf Corona getestet wurden, entlastet werden.
In den vergangenen Wochen hatte es wiederholt Proteste und Auseinandersetzungen um die Belegung der Lindenstraße gegeben. Am Mittwoch war es zuletzt zu einem Polizeieinsatz an dem Standort in Bremen-Nord gekommen, weil nach Angaben des Sozialressorts fünf Personen, die wegen der Möglichkeit einer Infektion mit dem Coronavirus unter Quarantäne stehen, bei einem Umzug aus der Erstaufnahme begleitet wurden. Nach Auskunft der Polizei gab es vor Ort keinerlei Widerstandshandlungen, die Betroffenen sind mit Krankentransportern in ihre Quarantäne-Unterkunft gefahren worden.
Insgesamt waren 146 Menschen in der Lindenstraße positiv auf den Coronavirus getestet worden, nach Informationen des Sozialressorts waren am Donnerstag 33 Bewohner genesen. Am Donnerstagvormittag waren in der Lindenstraße noch 310 Menschen in knapp 200 Zimmern untergebracht. Da die Behörde nach eigenen Angaben allerdings laufend Umzüge in die Wege leitet, verändert sich die Zahl der Bewohner ständig.
„Versatzstück der Entlastungsstrategie“
Insgesamt sollen in der ehemaligen Jugendherberge im Zollhaus bis zu 40 junge Männer unterkommen, die bereits mit Covid-19 infiziert waren und vom Gesundheitsamt als symptomfrei und genesen eingestuft werden. Dies sei ein „weiteres Versatzstück unserer Entlastungsstrategie“, erklärte Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) bei einer ersten Begehung am Donnerstagmorgen. Betreut werden die Geflüchteten im Zollhaus von der Awo. Die jungen Männer befinden sich aktuell im Gerichtsprozess über ihren Aufenthaltsstatus und werden so lange dort untergebracht, bis ihre rechtliche Lage geklärt ist.
Die Belegung in der Lindenstraße nimmt nach Angaben des Sozialressorts immer weiter ab, aktuell werde auch nach weiteren Entlastungsunterkünften gesucht. „Wir wollen angesichts des Ansteckungsrisikos in der Pandemie möglichst viele Menschen aus der Erstaufnahme ausziehen lassen“, sagte Senatorin Stahmann. Eine Art Zweigstelle der Lindenstraße ist der Standort im Zollhaus nicht. Eine zweite Bremer Erstaufnahmestelle befindet sich aktuell in der Alfred-Faust-Straße, wo wie in der Lindenstraße die „Ankommensprozesse begleitet werden sollen“, so Stahmann. In der Alfred-Faust-Straße sind derzeit von 250 Plätzen 40 belegt.
Im Laufe der Legislatur soll nach Angaben der Senatorin eine weitere Zweigstelle dieser Art dazu kommen. Die Zimmer in dem Gebäude sind jeweils mit zwei Betten und einem Badezimmer ausgestattet. Untergebracht werden soll in jedem Zimmer aber nach Angaben des Sozialressorts nur eine Person. Zuletzt waren im Zollhaus 2014 zunächst zwölf minderjährige Geflüchtete untergebracht, bis Herbst 2015 stieg die Zahl auf 60. Zu dem Zeitpunkt gehörte die Unterkunft zum Jugendhilfeträger der Kannenberg-Akademie, der 2017 Insolvenz anmelden musste.