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Stadtentwicklung 10.000 Quadratmeter ungenutzt: Hoher Leerstand am Bremer Wall

Der Wal am Wall: ein riesiges Büro- und Geschäftshaus in bester Lage am Rand der Bremer Innenstadt. Wie kann es sein, dass das hochwertige Gebäude seit vielen Jahren leer steht?
09.12.2023, 05:00 Uhr
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10.000 Quadratmeter ungenutzt: Hoher Leerstand am Bremer Wall
Von Jürgen Hinrichs

Die Lage könnte besser kaum sein: am Rande der Bremer Innenstadt, mit Blick in die denkmalgeschützten Wallanlagen und auf die Mühle am Wall. Dazu das Gebäude: extrem solide, wertvolles Material. Mehr als 10.000 Quadratmeter auf einem hohen Level – und was passiert damit? Nichts. Das Büro- und Geschäftshaus steht seit vielen Jahren leer. Ein Beispiel, und nicht das einzige, wie in bebauten Gebieten mit Immobilien und Flächen umgegangen wird.

Der Senat ist bestrebt, Bremen möglichst im Kern zu entwickeln und nicht an den unbebauten Rändern. Das scheitert aber oft, weil es keinen Zugriff auf die innerstädtischen Grundstücke gibt. So auch am Wall: Der Gebäudekomplex gehört der Frankfurter Branicks Group AG, einem börsennotierten Immobilienunternehmen, das vorher unter dem Namen DIC Asset AG firmierte. Branicks besitzt in Bremen unter anderem auch das ehemalige Gebäude, in dem früher Galeria Kaufhof untergebracht war.

"Die Immobilie steht derzeit in der Tat noch leer", teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Coronabedingt habe sich eine Weitervermietung zunächst zerschlagen. Jetzt seien mehrere Nutzungen in Klärung. Abhängig davon, seien möglicherweise Modernisierungsmaßnahmen notwendig. "Insofern ist mit einer sehr raschen Wiederaufnahme einer Nutzung noch nicht zu rechnen", erklärt ein Branicks-Sprecher.

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Das Gebäude stammt aus den 1980er-Jahren. Es beherbergte zunächst die Securitas-Versicherungen, die später mit der Basler fusionierte. "Bei dem Gebäude handelt es sich um eine Spezialimmobilie, die die baulichen und technischen Bedürfnisse der ehemaligen Nutzung abbildet", so das Bremer Bauressort. Es seien keine aktuellen Bestrebungen der Eigentümerin bekannt. "Auch wir haben ein starkes Interesse daran, dass für diese aufgrund ihrer Größe und Lage bedeutsame Immobilie eine neue Nutzung gefunden wird, um die Vielfalt und Lebendigkeit des Bremer Zentrums zu stärken", heißt es aus der Behörde. Entsprechende Entwicklungsabsichten würden mit Nachdruck unterstützt.

Doch warum lässt Branicks den Komplex so lange liegen, bei null Mieteinnahmen und laufenden Unterhaltungskosten? Antworten vom Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel: "Der Wert von Gewerbeimmobilien ist gerade im freien Fall, schlechte Zeiten, um zu verkaufen." Für die Neuvermietung wären Umbauten und neue Energiestandards notwendig, hohe Investitionen, die zurzeit wahrscheinlich nicht mit einem entsprechenden Mietzins zu refinanzieren wären. In beiden Fällen könnte ein Wertberichtigungsverlust entstehen, was wiederum Einfluss auf die Kreditlinien bei den Banken hätte. Trotzdem: "Das ist jetzt eine strategische Zwischenlösung, auf Dauer rechnet sich das natürlich nicht." Ungeachtet dieser Begleitumstände sei der langjährige Leerstand in so einem riesigen und exponierten Gebäude ein Skandal. "Da muss die Politik Druck machen", fordert Hickel.

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Fälle von ungenutzten Immobilien gibt es viele in Bremen. In einem Hochhaus in der Bahnhofsvorstadt hatte es vor mehr als drei Jahren nach einem Kellerbrand einen Rauchschaden gegeben. Betroffen waren die Mieterinnen und Mieter von 68 Wohnungen, sie mussten sich für den Übergang eine neue Bleibe suchen. Eigentlich sollte das Gebäude nach mehrmaliger Ankündigung des Vermieters längst wieder bezogen sein, doch es rührt sich nichts. Die Fenster im Erdgeschoss sind mit Spanplatten verrammelt, vor der Haustür steht ein Bauzaun. Eigentümerin ist die Vermögensverwaltungsgesellschaft von Swiss Life, dem größten Lebensversicherungskonzern der Schweiz. Stillstand weiterhin auch im Güldenhaus-Quartier in der Bremer Neustadt. Die rund 10.000 Quadratmeter große Fläche einer ehemaligen Schnapsfabrik liegt seit mehr als 20 Jahren brach.

Es gibt also Potenzial, nicht irgendwo, sondern in den bereits bebauten Gebieten. Doch angesichts des Wohnungsmangels mehren sich jetzt die Stimmen, den Akzent anders zu setzen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte im vergangenen Monat ein Umdenken gefordert: weg von der bloßen Nachverdichtung, bauen stattdessen auch wieder auf der sogenannten grünen Wiese. Die Bremer SPD hatte das mal genauso gesehen: "Wir können uns nicht auf den bisherigen Siedlungsraum beschränken, sondern müssen neuen erschließen", sagte der frühere Fraktionsvorsitzende Björn Tschöpe. Seine Partei verfolgt gerade die Idee, beides miteinander zu vereinen: Bauen am Rembertiring – auf einer freien Fläche und mitten in der Stadt.

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