"Sonst arbeite ich ja hauptsächlich an Maschinen", sagt Daniel Wolschke. Doch seit zwei Monaten hat der Obermaat der Marine von der Einsatzflottille 2 in Wilhelmshaven seine Aufgaben als Elektriker gegen die Besucherbetreuung in der Senioren-Parkresidenz an der Marcusallee eingetauscht. "Das ist schon was ganz anderes", sagt der 32-Jährige. Ausgesucht hat er sich diesen Einsatz nicht, ebenso wenig wie sein Kamerad, der Obermaat Christian Grix. "Aber so ist das beim Bund, man folgt dem Einsatzbefehl", sagt der Stabsunteroffizier.
Das galt in den zurückliegenden zwei Monaten für insgesamt 91 Bundeswehrangehörige aus diversen Truppenteilen, die wegen Corona an insgesamt 19 Einsatzstellen im Land Bremen Amtshilfe geleistet haben. Neben der Parkresidenz haben noch weitere sechs Pflegeheime diese Möglichkeit genutzt. Außerdem gab es drei Einrichtungen der Eingliederungshilfe, die während der Pandemie von Soldaten und Soldatinnen unterstützt wurden.
"Wir haben uns vor allem um die Besucher gekümmert", sagt Wolschke. Deren Empfang, Einweisung in die Hygienebestimmungen, die Begleitung vor Ort, überhaupt die ganze notwendig gewordene Terminorganisation hat den stationären Pflegeeinrichtungen viel zusätzliche Arbeit beschert. "Die Hilfe durch die Soldaten hat unser Personal spürbar entlastet, das sich dann wieder um ihre eigentlichen Aufgaben für die Bewohner kümmern konnten", sagt Heimleiterin Ute Heldtmann.
Ein spannender Austausch garantiert
Außerdem hätten die Uniformträger viele Gesprächsanlässe geliefert. "Schon unsere blaue Marineuniform sorgte für Interesse", erzählt Grix. Da sei man mit den Bewohnern schnell ins Plaudern gekommen. "Das war für viele eine willkommene Abwechslung, gerade während der Pandemie, in der zahlreiche Gruppenaktivitäten wegfielen", bilanziert Heldtmann. Berührungsängste zu den Soldaten gab es nicht.
So ähnlich lautet auch das Resümee aus den weiteren Einrichtungen. "Wir haben durchweg positive Rückmeldungen bekommen", sagt Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne). Der Einsatz der jungen Menschen sei überall als Bereicherung empfunden worden. "Die Seniorinnen und Senioren haben nicht nur die tatkräftige Unterstützung wahrgenommen und anerkannt, sondern sich besonders über den generationenübergreifenden Austausch gefreut."
Daniel Wolschke und Christian Grix waren daher neben der Besucherbetreuung gefragte Gesprächspartner der Bewohner im Pflegeheim und unternahmen beispielsweise Spaziergänge oder halfen mit den Rollstühlen. Ein weiterer Kamerad avancierte zum Schachpartner eines Bewohners, und weil er in der Nähe wohnt, will er das regelmäßige Spiel auch nach dem Ende der Amtshilfe in seiner Freizeit fortsetzen.
Für die beiden Obermaate endet ihr Einsatz im Pflegeheim allerdings in den nächsten Tagen, ebenso wie wie für die 14 aktuell noch aktiven Soldatinnen und Soldaten in derzeit noch sechs Pflegeeinrichtungen in Bremen und Bremerhaven. Am 4. Juni kehren die letzten Einsatzkräfte in ihre Einheiten zurück. "Wir werden beim derzeitigen Stand des Infektionsgeschehens auch keine weiteren Anträge der Einrichtungsträger mehr befürworten, was die Voraussetzung für den Einsatz der Bundeswehr ist", sagt Bernd Schneider, Sprecher des Sozialressorts. Die Situation habe sich durch die Impfungen und die Erleichterungen für Besucherinnen und Besucher deutlich entspannt.
Damit endet die Präsenz der Bundeswehr in der Pflege vorerst. Was bleibt, sind besondere Erfahrungen. Grix bekundet, sein Respekt für die Pflegekräfte sei nach den zwei Monaten noch größer geworden. Und Wolschke sah sich mit dem Tod einer Bewohnerin konfrontiert. "Am Tag vorher war sie noch ganz fit in ihrer Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spielrunde", sagt er. Aber wirklich irritiert habe ihn, wie schnell die feste Spielrunde dann mit einer anderen Bewohnerin scheinbar unberührt weiter gemacht habe. "So ist das eben. Muss ja für alle anderen weitergehen", sagt Heimleiterin Heldtmann.