Über Umwege ist Angelo Srour jetzt doch noch Zivildienstleistender geworden, auch wenn es diese Dienstvariante für seine Generation eigentlich gar nicht mehr gibt. Aber statt wie üblich beim Fallschirmjägerregiment 31 der Bundeswehr in Oldenburg seinen Dienst zu verrichten, hat sich der 28-Jährige seit 1. März vorerst für vier Wochen ins Haus St. Elisabeth der Caritas versetzen lassen. Innerhalb der Amtshilfe der Bundeswehr in Corona-Zeiten ist er einer von vier Soldaten, die in zwei Bremer Pflegeeinrichtungen mithelfen. „Ich hab mich nach einem entsprechenden Aufruf bei uns freiwillig dafür gemeldet“, sagt Srour. Lange Zeit zur Vorbereitung blieb ihm nicht. „Ich kam gerade frisch von einem lang geplanten Lehrgang, da ging es auch direkt nach Bremen in die Pflegeeinrichtung“, sagt er.
Aber nicht nur wegen des kurzfristigen Wechsels seines Einsatzgebietes bleibt er weiterhin in Uniform als Soldat erkennbar. „Die Soldaten sollen ja keine pflegerischen Aufgaben übernehmen, sondern für Betreuung und Unterstützung sorgen“, macht Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) deutlich, die für den Einsatz der Soldaten ein Hilfsangebot der Bundesregierung genutzt hat.
Begleitung bei Spaziergängen und Botengänge
Praktisch heißt das vor allem, den Besuchsdienst in der stationären Pflegeeinrichtung zu organisieren, der durch Corona aufwendig geworden ist. „Die Soldaten nehmen vor allem die Angehörigen in Empfang, die unsere Bewohner besuchen. Sie helfen bei den Schnelltests und begleiten die Besucher schließlich in die Zimmer“, beschreibt Katrin Butt, Leiterin des St.-Elisabeth-Hauses, eine der wichtigsten Aufgaben.
Dazu begleiten sie die Bewohner bei Spaziergängen oder übernehmen Botengänge innerhalb des Hauses. „Wir haben ja täglich zahlreiche Angehörige am Eingang, die etwas für einen unserer Bewohner abgeben möchten“, beschreibt Butt die Notwendigkeit dieser Wege. „Und weil uns jetzt zwei junge Männer diese Tätigkeiten abnehmen, können sich unsere Pflegefach- und -hilfskräfte wieder verstärkt den eigentlichen pflegerischen Arbeiten mit den Bewohnern zuwenden“, erklärt sie die Entlastung. Auch der Sozialdienst im Haus könne sich wieder verstärkt seiner eigentlichen Aufgabe widmen und Freizeitangebote für die Bewohner auf die Beine stellen. „Zuletzt ist da viel Arbeitszeit in die Betreuung der Besucher geflossen“, sagt Butt.
„Die Pflegekräfte in den Einrichtungen kommen doch seit Beginn der Pandemie kaum noch hinterher, auch nur den notwendigsten pflegerischen Bedarf sicherzustellen“, begründet dementsprechend Stahmann, warum sie das Hilfsangebot der Bundesregierung dankbar aufgegriffen hat. Sie hat nach eigenem Bekunden als grüne Politikerin spätestens seit 2015 keine Berührungsängste mehr zur Bundeswehr, als die Soldaten tatkräftig mithalfen, die Vielzahl der in Bremen ankommenden Flüchtlinge zu versorgen.
Auch bei den Heimbetreibern gab es kaum Vorbehalte gegen die neuen Helfer in Tarnfarbe. „Wir haben uns aktiv darum beworben“, sagt Caritas-Direktor Martin Böckmann. Er baute auf Berichte von Einrichtungen in anderen Regionen, nach denen die Zusammenarbeit gut lief und kann das inzwischen auch für Bremen bestätigen. „Das war anfangs schon ungewohnt für alle Beteiligten, aber die beiden Soldaten zeigen sich offen, interessiert und herzlich.“ Auch Sven Beyer, Direktor der DKV-Residenz in der Contrescarpe, wo aktuell ebenfalls zwei Soldaten aushelfen, beschreibt die Uniformträger als „zugewandt und sympathisch“. Aus Sicht der Bewohner seien sie „eine willkommene Abwechslung.“
Im Land Bremen sind die vier Soldaten in den Pflegeeinrichtungen eine Premiere, allerdings nur an diesem besonderen Einsatzort. Innerhalb der Pandemie kam die Bundeswehr zuvor im August und September vorigen Jahres beim Testzentrum für Reiserückkehrer am Flughafen zum Einsatz. Soldaten helfen außerdem im Gesundheitsamt bei der Kontaktnachverfolgung der Infektionsfälle und in Bremerhaven sind Bundeswehrangehörige auch im Impfzentrum unterwegs.
„Insgesamt helfen derzeit 69 Soldaten im Rahmen von Amtshilfeersuchen im Land Bremen an verschiedenen Stellen dabei mit, die Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen“, sagt Fregattenkapitän Thomas Krey vom Landeskommando der Bundeswehr in Bremen. Bundesweit halten sich bei der Armee gut 25.000 Soldaten bereit, um innerhalb von Amtshilfeersuchen anderer Behörden kurzfristig auszuhelfen. Knapp 16.000 davon sind laut Krey aktuell im Einsatz.
So gesehen gibt es noch Ressourcen für weitere Einsätze von Soldaten in Pflegeeinrichtungen, die sich Stahmann gut vorstellen kann. Einrichtungsleiterin Butt würde sich ebenfalls freuen, wenn die beiden Soldaten noch länger im Haus bleiben könnten.